..ANRUF, unangemeldet –

Atmos von der live-text-Site –
– A N R U F – unangemeldet -3 Uhr in Berlin
kleiner-nachttext, online-live..
sozusagen – „taufrisch!“

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heute: 240 – willkommen, durchaus!

Der Anruf kam am Nachmittag.
Eine glockenhelle Stimme.

„Suchen Sie noch ein Haus an der Nordsee?“

Haus an der Nordsee?
Oh, Sommer.
Juli.
Strand.
Ebbe und Flut.
Gerade Ebbe.
Menschen wie Punkte,
im Watt herumstaksend.
Die Fähre wie auf Sand und Schlick dahingleitend.
Bläue.
Juli.
„Suchen Sie noch ein Haus an der Nordsee?“
fragt die glockenhelle Stimme.
Nein, sie ist gar nicht glockenhell.
Sie ist jung, sympathisch – und wirkt kein bisschen aufdringlich.

„Ich muß einmal überlegen…suche ich noch ein Haus an der Nordsee..?
Oder bin ich sonstwie fündig geworden..?

„Ich hatte ein Haus von privat gefunden,
ja, genau, an der Küste,
Kreis Wittmund –
es war ein freundliches Haus.
Und der Garten
Und das Meer um die Ecke.
Mit dem Bus 10 Minuten,
ich dachte,
ich könnte mich dort wohlfühlen.
Ich sah schon die Katzen,
eine Ziege vielleicht,
ein paar Hühner..
ein paar Kräuter am Rande der Wiese….“

So plaudert es sich dahin.
Und es ist ja auch so wichtig,
den richtigen Ort für Dein Leben zu finden.
„Vor Ort?“
Ja, welcher?

„Ich habe mich dann aber doch entschieden,
in der großen Stadt zu bleiben..“

Ja, sagt die freundliche und keineswegs routinierte Stimme,
ich stelle sie mir in einem Büro vor,
das noch überschaubar ist,
die Maklerabteilung einer Sparkasse –
sicher ist sie erst 23 oder 24 Jahre alt,
sie klingt noch so unroutiniert,
stellt keine Fragen, wie –
„Was suchen Sie denn genau?“
Denn ich suche ja eigentlich auch gar nicht.
Aber doch.
Das haben wir beide verstanden.

„Jetzt ist das Wetter nicht so schön“ –
sagt sie –
„schon ziemlich trübe.“
Wenn man jetzt neu hier anfängt,
mit Wohnen, und kennt noch keine Leute,
das stelle ich mir schwierig vor…“

Ach ja..?
Nein, man entert eine Kneipe, sagt „moin-moin!“

Und wir lachen.
Wir lachen dezent,
wir freuen uns.
ja, der Norden.
Diese andere Mentalität.

„Aber jetzt wollen Sie doch lieber erst einmal
in der Großstadt bleiben?“
fragt sie und ich sage,
aber ich gebe Ihnen die neue e-mail-Adresse –
wenn Sie so ein reizendes Angebot haben –
Steinwurf zum Meer
Garten oder Land anbei,
DSL selbstverständlch,
gute Bus- und Bahnverbindung,
vielleicht noch ein Stall für eins zwei Pferde…?
Und im 5-stelligen Bereich,
versteht sich..oder?“

Sie wolle sich drum kümmern,
verspricht sie.

„Vielleicht für den Frühling..?“
sagt sie und lächelt mit der Stimme.

Ja.
Warum nicht.
Im Frühling.
Wenn es wieder hell wird…

Jetzt liegt die Dunkelheit vor uns….

„Dafür gibt es ja den Tee..mit Schuß…!“

schließt sie, versöhnlich,
und versöhnt, mit der dunklen Jahreszeit.

Doch der Sommer ist
zurückgekehrt.
Ich brauche nur an das kleine Haus mit den roten Ziegeln zu denken, das Dach war frisch gedeckt.
Und ich spüre den Sommer,
rieche die Luft von Tang und Meer und Fernweh
und –
ja,
mal sehen….

Das Telefonat ist zu Ende.

Leer wieder weit weg.

Der Oktobernachmittag lastet auf mir.