Julia Friedrichs, Jahrgang 1979,
iFür ihr Buch „Gestatten: Elite“ ist sie herumgereist „auf den Spuren der Mächtigen von morgen“. Das Buch ist schnell in die Bestseller- Listen gelangt. Sie schreibt: „Die Renaissance des Elitebegriffs fällt in die Schröder-Ära und in die Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs.“ In den Jahren der rot-grünen Regierung habe „die Zahl der Diskussionen, in denen man Nachkriegstabus brach“ zugenommen.
Damit auf den Punkt gebracht, was feminissima in all den letzetn Jahren über EX-Rot-Grün geschrieben hat, atmosphärisch: Die Werte-Abbauer, die Sozial-Verräter…
Zwei Mal „Elite“-Diskussion
Bücher mit Zeug zum Bestseller
Elite? Das Wort stammt vom lateinischen „eligere“, was so viel wie „auswählen“ bedeutet. In Deutschland war der Begriff lange Zeit wegen der Nazis und ihrer Ideologie der Auslese belastet. Doch seit einiger Zeit wird in Deutschland wieder offener von „Eliten“ gesprochen. In ihren Büchern haben zwei Journalistinnen den Begriff nun beleuchtet. Was steckt heute in Deutschland hinter ihm oder sollte hinter ihm stecken? Das Thema ist nicht zuletzt auch aktuell wegen der Debatte um Steueraffären in Millionärs-Kreisen und anhaltender Diskussionen um das deutsche Bildungssystem.
Für Heike Schmoll, eine Redakteurin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), ist „Elite“ ein „Kampfbegriff“. Sie hat ein „Lob der Elite“ verfasst. Sie schreibt, „warum wir sie brauchen“. Die junge Autorin Julia Friedrichs, Jahrgang 1979, hat einen anderen Ansatz. Für ihr Buch „Gestatten: Elite“ ist sie herumgereist „auf den Spuren der Mächtigen von morgen“. Das Buch ist schnell in die Bestseller- Listen gelangt. Sie schreibt: „Die Renaissance des Elitebegriffs fällt in die Schröder-Ära und in die Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs.“ In den Jahren der rot-grünen Regierung habe „die Zahl der Diskussionen, in denen man Nachkriegstabus brach“ zugenommen. Sie spricht von einem „“Das-wird-man-doch-mal-langsam-wieder-sagen- dürfen“-Gefühl“.
Reiche Parallelwelt
Die junge Autorin war unterwegs und schaute sich den (meist selbst ernannten) Nachwuchs der bundesrepublikanischen Elite an. Die Eindrücke ihrer Reportage-Besuche bei Elite-Internaten, -Hochschulen oder einer Beraterfirma sind für sie desillusionierend. Zwar traf sie leistungswillige, freundliche und intelligente Menschen. Doch ist sie irritiert von jungen Leuten, die starr auf Karriere, Status und Geld blicken und dabei oft abschätzig auf sogenannte Minderleister schauen. Als solche gelten dann Menschen, die weniger als 70 Stunden pro Woche arbeiten oder arbeitslos sind. Die Autorin macht aus ihrem Unbehagen über die Parallelwelten dieser Reichen keinen Hehl.
Lehrertochter Friedrichs traf sich auch mit dem Soziologen und Eliteforscher Michael Hartmann. Er hat anhand der Untersuchung tausender Lebensläufe festgestellt: in Deutschland bestimmen nicht allein Qualifikation und Leistung über den Aufstieg – so wie es vielleicht fairerweise sein sollte. Es ist viel öfter die soziale Herkunft. „Das Elternhaus beeinflusst den Zugang zur deutschen Elite ganz direkt.“ Eltern, die es sich leisten können, zahlen dafür, dass ihre Sprösslinge in die richtigen Zirkel und Netzwerke gelangen. Auf diese Weise kommt der Nachwuchs der Reichen zur richtigen Zeit an den richtigen Ort. Das Unter-sich-Bleiben wird gesichert.
Auch wenn der Titel vom „Lob der Elite“ anderes vermuten lassen könnte: das Buch der FAZ-Bildungsexpertin Heike Schmoll ist kein Blanko-Scheck für die deutsche Oberschicht. Schmoll sieht in Deutschland vielmehr allerhand „Lobbyistentum“ und „teilweise ausgeprägte Vetternwirtschaft“. „Wegen der Zersplitterung der Eliten ist es in Deutschland üblich geworden, dass Eliten eher übereinander reden als miteinander.“
„Pseudo-Eliten“
Ausführlich widmet sie sich Frankreich und stellt fest: „Während die Franzosen zu wissen scheinen, dass auch „global players“ über eine ausgeprägte nationale Identität verfügen müssen, ergreift in Deutschland das allgemeine Gefasel von Internationalisierung und Globalisierung alle von der Wissenschaft bis zur Wirtschaft…“.
Viele Politiker kommen bei Schmoll ebenfalls nicht gut weg, etwa wenn sie „Pseudo-Eliten an Exzellenz-Hochschulen“ schaffen oder europaweit Abschlüsse wie den Bachelor einführen. Schmoll plädiert für mehr nationales Selbstbewusstsein. Dazu bietet sie viel theoretisches Rüstzeug. Ihr patriotischer Elitebegriff wird zudem mit historischen Exkursen unterfüttert.
Gewöhnt, FAZ-Leitartikel zu verfassen, zielt Schmolls Werk vor allem auf den Kopf des Lesers. Friedrichs‘ Buch ist im Gegensatz dazu oftmals aus dem Bauch heraus geschrieben und viel emotionaler. Beide Bücher können einander ergänzen, wenn einen das aufwühlende Thema interessiert.
Quelle:
Von Gregor Tholl, dpa
Julia Friedrichs: Gestatten: Elite. Auf den Spuren der Mächtigen von morgen. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg, 255 S., Euro 17,95, ISBN 978-3-455-50051-6
Heike Schmoll: Lob der Elite. Warum wir sie brauchen. Verlag C.H. Beck, München, 173 S., Euro 17,90, ISBN 978-3-406-57028-5