Die Netzwerker

„Das goldene Netzwerk“ aus der BERLINER ZEITUNG-online, von heute, Autor Andreas Förster, haben wir jetzt für uns und Euch „konserviert“.

Bitte sehr! Das müsst Ihr Euch wert sein: informiert zu sein, über all diese Machenschaften. Und kauft bitte, wie wir auch, weiterhin Paper-Zeitungen….damit die PRESSE nicht eingeht…die PRINT-PRESSE..! Die PRESSE ist unser Garant für Demokratie!! Nicht die Politik…

Donnerstag, 27. November 2003

Ein goldenes Netzwerk

Andreas Förster

Lesen Sie auch:

• Schröder sauer auf Gerster

• Prominente aus Wirtschaft, Medien, Politik

• „Im Fall Gerster schießen Brandstifter auf die Feuerwehr“

• Das Image und seine Berater Kommentar

BERLIN, 26. November. Der Internetauftritt der Public-Relations-Agentur WMP Eurocom AG zeugt nicht gerade von Bescheidenheit. Ein umfassendes Netzwerk unterhalte die Firma, heißt es auf der Website, zu dem „kompetente Persönlichkeiten aus allen wichtigen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Bereichen“ zählen. Überdies besitze WMP (was als Abkürzung für Wirtschaft, Medien, Politik steht) „professionelle und effiziente Verbindungen zu den wichtigen Medien in Deutschland“ – eine wirklich feine Umschreibung für die Tatsache, dass die Aktiengesellschaft Zugriff auf eine ganze Reihe hilfreicher Chefredakteure und Journalisten hat. Über diese Kanäle lassen sich nicht nur Informationen transportieren, sondern auch – wie es in einer anderen Selbstdarstellung der Werbeprofis heißt – Meinungen platzieren.

Vielleicht ist die enge Verbindung mit manchen Verlagen auch der Grund dafür, dass sich deutsche Medien bislang kaum für das Geschäftsgebaren der WMP-Gruppe interessierten. Selbst im aktuellen Skandal um die Vergabe eines millionenteuren Beratervertrages der Bundesanstalt für Arbeit an WMP konzentriert sich das Medieninteresse fast ausschließlich auf Behördenchef Florian Gerster. Den WMP-Aktionären dürfte das recht sein, denn an Negativschlagzeilen ist ihnen wenig gelegen.

Nutznießer der fetten Jahre

Immerhin läuft das Geschäft mit dem Netzwerk aus Wirtschaft, Medien und Politik bestens. Allein für das vergangene Jahr gab die WMP Eurocom AG, der vier Unternehmen in Berlin, Hamburg und München gehören, einen Jahresumsatz von sechs Millionen Euro an. Wie hoch der Gewinn des Unternehmens war, zu dessen Kunden Firmen wie Eon, Herlitz, Vattenfall, die Post und BMW sowie die deutsche und die türkische Regierung zählten und zählen, ist nicht bekannt. In den zugänglichen Firmenakten findet sich nur der Jahresabschluss für 2000. Damals machte WMP Eurocom einen Jahresgewinn von 1,2 Millionen Mark.

Für die zehn Aktionäre der Gesellschaft verspricht der Aufstieg ihres Unternehmens ordentliche Rendite. Und die will man sich offenbar sofort sichern, bevor die fetten Jahre vorbei sind. Diesen Eindruck nährt zumindest ein Beschluss der WMP-Hauptversammlung, die am 22. August dieses Jahres unter Leitung von Aufsichtsratschef und Mitaktionär Hans-Dietrich Genscher tagte. Die Aktionäre entschieden an diesem Tag einstimmig, dass sie ab sofort Anspruch auf den vollen Bilanzgewinn der Firma haben. Weder Firmenvorstand noch Aufsichtsrat haben demnach künftig das Recht, Teile des Jahresüberschusses in eventuelle Gewinnrücklagen einzustellen.

Die Mitglieder des Aufsichtsrates, die nicht zugleich Aktionär bei WMP sind, tragen ihre Entmachtung mit Fassung. Immerhin bleibt ihr Engagement für die Firma lohnend. So kassieren sie laut Handelsregisterakte für das Abnicken von Aktionärsbeschlüssen in den wenigen Aufsichtsratssitzungen rund 10 000 Euro pro Jahr. Zu den mit dieser Summe honorierten Aufsichtsratsmitgliedern gehören der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, der Chef der Marseille Kliniken AG und frühere Spitzenkandidat der Schill-Partei, Ulrich Marseille, sowie der frühere Post-Pressesprecher Gert Schukies.

Kasse machen

Richtig Kasse aber macht zum Beispiel WMP-Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Genscher. Der Ex-Bundesaußenminister bekommt laut Firmenakte nicht nur rund 40 000 Euro jährlich für sein Aufsichtsratsmandat, sondern auch einen nicht unwesentlichen Anteil am Gewinn der WMP. Der Grund: Genscher hält fünf Prozent der Anteile an WMP. Genauso viel wie sein Aufsichtsratskollege Roland Berger. Der Unternehmensberater, der in der Rürup-Kommission der Bundesregierung saß und einen Vertreter in die Hartz-Kommission schicken durfte, kassiert darüber hinaus wie Genscher einen Extrabonus als Aufsichtsratsmitglied – bei ihm sind es rund 20 000 Euro pro Jahr.

Zu den Aktionären der WMP gehören laut Handelsregister auch drei Vorstandsmitglieder der inzwischen Pleite gegangenen Sachsenring Automobil AG – Vorstandschef Ulf Rittinghaus, Ernst Wilhelm Rittinghaus und Jürgen Rabe. Die Sachsenring-Manager hatten in den neunziger Jahren die Hamburger GW Stahlaktien GmbH erworben, aus der 1998 WMP hervorging. Schon damals an ihrer Seite: Ex-Bild-Chefredakteur und WMP-Mitaktionär Hans-Erich Bilges.

Für die Chemnitzer Staatsanwaltschaft könnte die Konstellation interessant sein. Die Behörde ermittelt gegen Rabe und die Gebrüder Rittinghaus wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung, Untreue und der Präsentation falscher Jahresabschlüsse. Da wäre für die Ermittler ein Blick in die Firmenakten der WMP vielleicht lohnend.

Interessanterweise taucht Ende 2000 in der Aktionärsliste der WMP auch die Sachsenring AG auf – immerhin mit rund 7,5 Prozent der Anteile. Acht Monate später aber waren die Aktien zu gleichen Teilen unter den Gebrüdern Rittinghaus aufgeteilt. Ein Kaufvertrag findet sich nicht in der Firmenakten. Noch einmal anderthalb Jahre später, im April 2003, sind die alten Sachsenring-Anteile zu Bilges weitergewandert – wieder ohne Kaufvertrag.

Alle Angaben zur WMP sind der Handelsregisterakte entnommen.

——————————————————————————–

Ähnliche Artikel im Archiv Leserbrief

——————————————————————————–

Klicken Sie hier und testen Sie die Berliner Zeitung 4 Wochen lang. Sie sparen mehr als 40 %.

Zum Ende springen

Drucken

Seite versenden

© 2003 BerlinOnline

Stadtportal GmbH & Co. KG