WOHER kommt das DIOXIN?

Wenn Betrug zur Maxime wird!
Quelle des Textes – faz.net
Woher kommt das Dioxin?
Woher das Dioxin kommt, ist noch immer unklar. Der Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch aus Uetersen bei Pinneberg meldete am 23. Dezember erhöhte Dioxinwerte an das Kieler Umweltministerium, die das Unternehmen selbst gemessen hatte.

Von Frank Pergande, Kiel

04. Januar 2011

Am 23. Dezember meldete der Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch aus Uetersen bei Pinneberg erhöhte Dioxinwerte an das Kieler Umweltministerium. Aufgefallen war das bei einer Routineuntersuchung, die Harles und Jentzsch selbst vorgenommen hatte. Dann kam Weihnachten. Am 27. Dezember gab das Ministerium eine „Schnellwarnung“ an die anderen Bundesländer heraus. Woher das Dioxin kommt, ist noch immer unklar. Fest steht nur, dass die Futtermittelfirma aus Uetersen Reste aus der Produktion von Biodiesel zu Futter verarbeitet – trotz gegenteiliger Etikettbeschriftung -, aber auch Reste aus der Nahrungsmittelindustrie.

„Wir waren leichtfertig der irrigen Annahme, dass die Mischfettsäure, die bei der Herstellung von Biodiesel aus Palm-, Soja- und Rapsöl anfällt, für die Futtermittelherstellung geeignet ist“, wird Geschäftsführer Siegfried Sievert im „Westfalen-Blatt“ zitiert. Im konkreten Fall hat das Unternehmen bei einer holländischen Firma 25.000 Kilo sogenannter Mischfettsäuren bestellt. Die Ware kam von einer Biodiesel-Anlage im niedersächsischen Emden und wurde von dort direkt zur Weiterverarbeitung an einen Betrieb in Bösel in Niedersachsen gebracht.
Silos des Futtermittelherstellers Harles und Jentzsch in Uetersen
© dpa
Silos des Futtermittelherstellers Harles und Jentzsch in Uetersen

Dort wurde die Säure weiterverarbeitet zu einer Fettmischung. 527 Tonnen dieses Futterfetts gingen dann an sieben Futtermittelbetriebe in Niedersachsen, drei Futtermittelhersteller in Nordrhein-Westfalen und jeweils einen Hersteller in Hamburg und in Sachsen-Anhalt, wo sie weiterverarbeitet wurden. Wo genau das Dioxin in die Ware kam, danach wird fieberhaft derzeit gesucht. Bei der Herstellung von Biodiesel fallen Pflanzenreste an, die sich verfüttern lassen; Dioxin entsteht dabei normalerweise nicht. Es muss also keineswegs so gewesen sein, dass Emden „verseuchte Ware“ geliefert hat, wie schon behauptet wurde. Hinzu kommt, dass das Unternehmen erklärt hat, die Mischfettsäure nicht zur Futtermittelproduktion verkauft zu haben.
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe hat Ermittlungen aufgenommen

Ermittelt wird seit Dienstag auch in Bösel, ob das Dioxin dort in das Futter gelangt sein könnte. Am 29. Dezember und am 2. Januar ließ das Kieler Umweltministerium die Betriebsstätte in Uetersen noch einmal kontrollieren. Dabei wurden Chargen von Fettsäuren ermittelt, die ebenfalls in Verdacht stehen, mit Dioxin belastet zu sein. Mehr als hundert Proben wurden gezogen, deren Auswertung sich allerdings noch bis Anfang der nächsten Woche hinziehen dürfte, denn der Nachweis von Dioxin ist aufwendig.
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Der Futtermittelhersteller Hales und Jentzsch wird regelmäßig durch das Landesumweltamt überprüft. Beanstandung gab es dabei bislang nicht. Kritik wird dennoch laut. „Die Futterfettmischungen hätten erst weiter verarbeitet werden dürfen, nachdem die Unbedenklichkeit der Ware bestätigt worden ist“, sagte Umweltstaatssekretär Ernst-Wilhelm Rabius.

Jetzt sei es viel schwieriger, weiterverarbeitete Ware zu identifizieren und gegebenenfalls aus dem Verkehr zu ziehen. Die Grünen im Landtag fordern, sich dort mit dem Thema zu beschäftigen. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe nahm Ermittlungen auf, ob eine Straftat vorliegen könnte. Es bestehe jedenfalls der konkrete Anfangsverdacht, dass die Firma aus Uetersen gegen das Futtermittelrecht verstoßen und eine gesundheitliche Beeinträchtigung von Menschen in Kauf genommen habe.

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dpa