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Ein Vorbild des Anstands“
Mit einer Feierstunde hat die Bundesregierung an das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 und an den Widerstand gegen das NS-Regime erinnert. Der Attentatsversuch habe gezeigt, dass es „in den dunkelsten Zeiten der Diktatur ein anderes, besseres Deutschland gegeben hat“, sagte Verteidigungsminister Guttenberg im Ehrenhof des Bendlerblocks in Berlin. Der US-amerikanische Historiker Fritz Stern würdigte das Attentat vom 20. Juli als einen Aufstand für Befreiung, Recht und menschliche Würde, wie es ihn in Deutschland zuvor nicht gegeben habe.
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20. Juli 2010
Mit einer Feierstunde hat die Bundesregierung am Dienstag an das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 und an den Widerstand gegen das NS-Regime erinnert. Der Attentatsversuch habe gezeigt, dass es „in den dunkelsten Zeiten der Diktatur ein anderes, besseres Deutschland gegeben hat“, sagte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Ehrenhof des Bendlerblocks in Berlin.
Die Verschwörer vom 20. Juli seien Menschen mit Stärken und Schwächen gewesen, aber keine Übermenschen, sagte der Minister mit Blick auf Kritik an den Widerstandskämpfern, die in den vergangenen Jahren immer wieder laut geworden war. Sie seien fraglos auch heute noch Vorbilder, betonte Guttenberg. Dem Schweigen hätten sie Worte und Taten gegenüber gestellt und ihre eigenen Ängste überwunden.
Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) legte an der Gedenktafel im Ehrenhof einen Kranz nieder. Dort waren in der Nacht zum 21. Juli 1944 der Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg und vier Mitverschwörer nach dem gescheiterten Attentat erschossen worden. Heute sind in dem Gebäudekomplex das Verteidigungsministerium und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand untergebracht. Stauffenberg hatte bei einer Lagebesprechung mit Hitler im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ eine Bombe explodieren lassen. Hitler überlebte den Anschlag jedoch. Noch am gleichen Tag setzte eine große Verhaftungswelle ein, von der Schätzungen zufolge rund 7.000 Menschen betroffen waren. Auch gegen die Familienangehörigen der Verschwörer wurde „Sippenhaft“ verhängt.
„Achtung und Anerkennung“
Der amerikanische Historiker Fritz Stern würdigte das Attentat vom 20. Juli als einen Aufstand für Befreiung, Recht und menschliche Würde, wie es ihn in Deutschland zuvor nicht gegeben habe. Die Menschen des 20. Juli hätten „ein Vorbild des Anstands“ hinterlassen, sagte Stern, dessen jüdische Familie 1938 aus Breslau vertrieben wurde und in die Vereinigten Staaten emigrierte.
An der Gedenkfeier im Bendlerblock nahmen zahlreiche Angehörige und Nachkommen der Widerstandskämpfer teil. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), betonte, dass das Werk der Widerstandskämpfer nicht vergeblich gewesen sei. Sie hätten ethische Maßstäbe gesetzt. „Jeder Akt der Weigerung und jedes Zeichen der Menschlichkeit verdienen Achtung und Anerkennung.“
Am Morgen hatten die Gedenkfeierlichkeiten mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Gedenkstätte Plötzensee begonnen, wo am Nachmittag Repräsentanten der Verfassungsorgane Kränze niederlegten. In Plötzensee wurden zwischen 1933 und 1945 über 2.500 Menschen hingerichtet. Am Abend sollten 420 Soldaten vor dem Reichstag mit einem feierlichen Gelöbnis vereidigt werden. Daran wollten auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und zu Guttenberg teilnehmen.
Bereits am Vorabend wurde in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand eine Sonderausstellung über „Schüler der Klosterschule Roßleben im Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur“ eröffnet. Ebenfalls am Abend hielt der Mainzer Zeithistoriker Michael Kißener in der St. Matthäuskirche am Kulturforum einen Vortrag zur gegenwärtigen Diskussion über den Widerstand im Nationalsozialismus.
Text: FAZ.NET Video: Reuters
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