Eine Liebeserklärung an einen Berliner Kiez,
schon haben wir SPON wieder richtig lieb!QUELLE – SPON – von FEMINISSIMA mit einer SUPISSIMA für diesen Text….:
16.11.2009
Neue Sat.1-Soap „Eine wie keine“
Von der Prolette zur Prinzessin
Von Hannah Pilarczyk
In seiner neuen Vorabendserie „Eine wie keine“ zeigt Sat.1, dass Menschen aus Problemvierteln vielleicht wenig Geld und Bildung haben – aber dafür Herz und Hirn. Manchmal reicht das schon für den sozialen Aufstieg.
Manchmal gibt das Privatfernsehen die besten Antworten: Nicht auf die Frage, wie Britney Spears ohne Höschen aussieht oder wo man als Bauer noch eine Frau zum Heiraten findet. Obwohl man das bei RTL und ProSieben auch erfahren kann.
ANZEIGE
Nein, ab diesem Montagabend glänzt das Privatfernsehen mit der bislang souveränsten Antwort auf die sogenannte Sarrazin-Debatte um faule Arbeitslose und integrationsunwillige Migranten. Sat.1 zeigt eine Aufsteiger-Geschichte aus Berlin-Neukölln; eine, in der sich Arbeitlose um Arbeit bemühen, in der Alleinerziehende für ihre Kinder kämpfen und Menschen mit Migrationshintergrund in der Lage sind, ihr Geld woanders als in einem Gemüseladen zu verdienen. „Eine wie keine“ heißt die Geschichte – und ist keine Langzeitdokumentation, sondern die neue Daily Soap.
Zu laute Stimme, zu loses Mundwerk, zu kurzer Minirock, zu dicke Schminke – von allem hat Manu Berlett (Marie Zielcke) eigentlich zu viel. Allein beim Geld hakt es gewaltig. Seit sich Marie und ihr Mann Ralf (Christian Kahrmann) getrennt haben, ist sie den Job in seinem Autohaus los. Nur mühsam kann sie sich und den gemeinsamen Sohn Daniel über Wasser halten, prompt wittert Ralf die Chance, mit seiner neuen Freundin das alleinige Sorgerecht für den Nachwuchs zu erstreiten.
Ein Job für Manu muss also her – warum nicht der als Aushilfe im Luxushotel Aden? Manu stellt sich vor, kriegt einen Wischmob in die Hand gedrückt, läuft dem umwerfend gut aussehenden Manager des Hotels, Mark Baum (Arne Stephan), in die Arme – und die Grundsteine für eine potentiell endlos laufende Daily Soap sind gelegt.
Eine televisionäre Revolution darf man sich von „Eine wie keine“ nicht erhoffen. Dafür sind die Zutaten dieses TV-Märchens zu bekannt: Die Frau ist dem Mann beruflich untergeordnet, er ist vergeben, beide müssen erst zu sich selbst finden, bevor sie zueinander kommen können.
Doch es sind die kleinen Verschiebungen, die „Eine wie keine“ interessanter und liebenswerter als den üblichen Vorabend-Schmonzes machen. Wo Nesthockerin Lisa Plenske im Sat.1-Serienhit „Verliebt in Berlin“ noch in Brandenburg, dem Magerschinken-Gürtel von Berlin, wohnte, lebt Manu nun mitten im Problemkiez Neukölln. Ihr Vermieter ist der Deutschtürke Süleymann Üzüm (Hussi Kutlucan), sein Sohn Bilge (Olgu Caglar) arbeitet als Azubi ebenfalls im Aden. Getroffen wird sich in der Dönerbude.
Danach klingelt der Schuldenberater
Wie ihr Hang zu Wildtier-Prints dient auch der Wohnort der Charakterzeichnung Manus: Sie ist Prolette durch und durch. Das wird aber so positiv inszeniert, dass einem schmerzlich bewusst wird, wie herablassend das Fernsehen in den vergangen Jahren mit Menschen mit wenig Geld und Bildung umgegangen ist. Wer Ärger mit den Kindern hatte, bei dem rückte die Supernanny an. Problemteenager wurden gleich in den Wilden Westen verschickt. Danach klingelte dann der Schuldenberater.
Von diesem Sozialvoyeurismus setzt sich „Eine wie keine“ wohltuend ab – was auch das große Verdienst der Hauptdarstellerin ist. Marie Zielcke kennt man bislang aus eher anspruchsvolleren Produktionen wie „Die Krupps“ oder „Agnes und seine Brüder“. Um diese Leistungen bei aller Soap-Fließbandarbeit, die sie im nächsten Jahr wird abliefern müssen, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, zeigt Sat.1 am Dienstagabend „Noch einmal lieben“. In dem stimmigen Brustkrebsdrama mit Zielcke in der Hauptrolle führt sie exemplarisch vor, was ihr Spiel auszeichnet: eine präzise Leichtigkeit, die nie in die Oberflächlichkeit wegrutscht.
Wenn Zielcke nun in einem Ensemble auftritt, das vor allem aus Soap-geschulten Darstellern besteht – Hauptdarsteller Arne Stephan hat zuletzt zwei Jahre in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ mitgespielt – dann stört das nicht, im Gegenteil: Wie die Serie es so will, wird Manu ja auch allen noch zeigen, was wirklich in ihr steckt.
„Eine wie keine“ ist also auch eine Art Bildungsroman – allerdings mit einer Peggy Bundy in der Hauptrolle. Wer hätte gedacht, dass das als deutsche Vorabendserie funktioniert?