Georg Elser, der gescheiterte Held..

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RZ-Online Studienblog Vor 70 Jahren scheiterte der deutscher Held Georg Elser
09. November, 2009 von Jochen Magnus Mutiger als fast alle Wehrmachts-Generäle verhielt sich 1939 der Schreinergeselle Georg Elser: Am 8. November vor 70 Jahren scheiterte im Münchner Bürgerbräukeller sein Attentat auf Adolf Hitler. Der Jahrestag ist im gefühlt endlosen Mauerfalljubel untergegangen. Außerdem hängt Georg Elser bis heute nach, dass er ein Einzelgänger ohne Rang und Namen war.

Dabei hatte er Großes geleistet und in monatelangen, ebenso mühevollen wie akribischen Vorarbeiten Sprengstoff und Material organisiert, um ein eine Zeitzünder-gesteuerte Bombe zu bauen. Damit wollte er den Naziführer mitsamt dessen oberster Spießgesellen wegfegen.

Lange als Widerstandskämpfer missachtet, doch mutiger als fast alle Wehrmachts-Generäle: Der Schreinergeselle Johann Georg Elser.
Das Attentat scheiterte nur, weil Hitler wegen schlechten Wetters mit dem Zug, statt wie geplant mit dem Flugzeug, abreisen musste und die Halle eine Viertelstunde früher verließ als vorgesehen. Die Bombe explodierte pünktlich, doch die braunen Bonzen und viele ihrer Gäste waren schon abgereist. Dennoch starben noch acht Menschen und dutzende wurden verletzt.

Die Zahl der Opfer wäre noch viel größer gewesen, hätte Hitler seine Rede in der vorgesehenen Länge gehalten, denn zwischen 1500 und 2500 Menschen hatten ihm dabei zugehört. Diese Opfer hatte Elsner in Kauf genommen – als Kollateralschaden sozusagen. Doch natürlich waren die Zuhörer größtenteils stramme Nazis und je näher sie Hitlers Redepult standen, desto hochrangiger waren die meisten.

Dennoch wurden die „unschuldigen Opfer“ Elser oft angekreidet – tatsächlich waren auch einfache Kellnerinnen darunter. Seiner öffentlichen Anerkennung stand auch entgegen, dass Georg Elser nur einfacher Schreiner war und kein hochdekorierter Offizier und Gentleman, wie die späteren Widerstandskämpfer des Kreisauer Kreises um die Grafen Moltke, Yorck und Stauffenberg. Elser wurde sogar wechselweise als britischer Geheimagent oder Agent Provocateur der Nazis verunglimpft. Propaganda und ihre Gegenpropagangda wirkten noch lange nach Kriegsende nach.

Mehr zu Georg Elser:

„Ich wollte ja auch durch meine Tat ein noch größeres Blutvergießen verhindern“
Georg Elser im Lexikon

Georg Elser zu Ehren berichten die dpa-Autoren Gisela Mackensen und Jürgen Balthasar:

Allein gegen Hitler: Der Attentäter Georg Elser

Konstanz/München – Wenn vom Widerstand gegen die Nazis die Rede ist, bleibt Georg Elser meist unerwähnt. Dabei hatte der Schreinergeselle von der Ostalb schon fünf Jahre vor Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seinen Mitverschwörern des 20. Juli 1944 erkannt, welches Unheil das Regime der Nationalsozialisten für Deutschland bedeutete. „Ich habe den Krieg verhindern wollen“, gab er später bei Verhören zu Protokoll. Sein Sprengstoffattentat auf Adolf Hitler am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller mit einem Zeitzünder schlug fehl, weil der „Führer“ 13 Minuten früher als geplant das Lokal verließ.

Der Schauspieler und Regisseur Klaus Maria Brandauer setzte dem Attentäter vor 20 Jahren mit dem Film „Georg Elser – Einer aus Deutschland” ein Denkmal. Nun läuft der Film wieder in einigen Kinos. (Foto: Zoom Medienfabrik)
Noch am selben Tag versuchte der Einzeltäter in Konstanz in die rettende Schweiz zu flüchten. Doch er wurde von deutschen Zöllnern gestellt und am 9. April 1945, kurz vor Kriegsende, im KZ Dachau durch einen Genickschuss ermordet.

In Konstanz kannte sich Elser bestens aus, dort hatte er von 1925 bis 1932 als Handwerker und Fabrikarbeiter seinen Lebensunterhalt verdient. Deshalb will die Grenzstadt am Bodensee den Widerstandskämpfer aus Königsbronn zum 70. Jahrestag besonders ehren. Am Ort der Festnahme, wo seit 1981 nur eine unscheinbare Gedenktafel steht, soll künftig eine Büste an Elser erinnern.

Der am 4. Januar 1903 geborene Bauernsohn war ein begabter Tüftler. Die Bombe installierte er mit ungeheurer Ausdauer im Bürgerbräukeller. Nächtelang höhlte er heimlich eine tragende Säule aus und schaffte den Bauschutt in einer Aktentasche fort. So sollten ihn später auch seine entzündeten Knie verraten. Denn der Täter, das stand fest, hatte auf Knien arbeiten müssen, da die Bombe dicht über dem Fußboden angebracht war.

Elser war früh überzeugt, dass Hitler Krieg wollte. Das wollte der einfache Handwerker mit seiner seit dem Herbst 1938 geplanten Tat verhindern. Als Hitler noch während Elsers Vorbereitungen zu dem Attentat den Krieg anzettelte, wollte Elser mit seiner Tat wenigstens zu einem raschen Kriegsende beitragen. In einer Fabrik in Heidenheim sammelte er nach und nach Pulver, in einem Steinbruch in Königsbronn, wo er sich als Hilfsarbeiter durchschlug, stahl er Dynamit.

Bei den Verhören durch die Gestapo, bei denen er auch gefoltert wurde, bezeichnete sich Elser als Kommunist und Pazifist. „Ein Arbeiter muss euer Feind sein“ erklärte er tapfer. Die Nazis glaubten ihm erst, dass er wirklich ein Einzeltäter war, als er auf ihre Anweisung hin die Bombe noch einmal nachgebaut hatte.

Die Bombe tötete acht Menschen. Hitler überlebte – weil er wegen Nebels nicht nach Berlin zurückfliegen konnte, einen Nachtzug nehmen musste und deshalb seine Rede abkürzte. Die Nazi-Propaganda sprach von „Vorsehung“, dass dem „Führer“ nichts passiert war, und sah den britischen Geheimdienst hinter dem Anschlag.

Anerkennung hat Elser, der womöglich um ein Haar die Geschichte verändert und Millionen von Menschenleben gerettet hätte, kaum erfahren. Erst die neuere Geschichtsforschung erhellt allmählich die Hintergründe, seitdem in den 70er Jahren die Vernehmungsprotokolle aufgetaucht sind. „Bei einem Erfolg des Attentats hätte Elser Weltgeschichte geschrieben“, hat der Historiker Hartmut Mehringer den Schwaben und Einzelkämpfer später gewürdigt. „Ein Erfolg wäre ein Glücksfall gewesen, denn dann wäre der Zweite Weltkrieg wahrscheinlich schnell zu Ende gewesen.“

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Elser vor allem durch den Kinofilm bekannt, mit dem Klaus Maria Brandauer ihm ein Denkmal setzte. Zum 70. Jahrestag des gescheiterten Attentats zeigt Brandauer den Film von 1989 noch einmal in Sondervorstellungen am 7. November in Berlin und am 8. November in München. „Wenn es unter den Deutschen im 20. Jahrhundert einen Einzelnen gab, der ein Held war, dann dieser einsame Schwabe“, schrieb der Schriftsteller Rolf Hochhuth einmal über den gescheiterten Attentäter, den er auch den deutschen Wilhelm Tell nennt. Er fordert nun auch in Berlin ein Denkmal für Elser.

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