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Heute schon Polonium geraucht?
Der russische Regimekritikers Alexander Litwinenko ist mit Polonium vergiftet worden. Er ist aber nicht der Einzige, der in Kontakt mit dem radioaktivem Schwermetall gekommen ist. Denn auch ganz normaler Zigarettenrauch enthält die Substanz.
Radioaktive Substanzen im Tabakrauch (Foto: photos.com)
Die Radioaktivität von Zigarettentabak, verursacht durch Polonium und Radium, sei bis zu tausend Mal höher als jene durch Caesium-137 in Blättern von Tschernobyl haben Untersuchungen des griechischen Forschers Prof. Dr. Constantin Papastefanou von der Aristoteles Universität in Thessaloniki ergeben.
„Ein starker Raucher verpasst seinen Bronchien jedenfalls die gleiche Strahlenmenge, die bei 250 Röntgenaufnahmen in der Lunge entstehen würde“, kommentiert Prof. Dr. Matthias Risch, Professor für Umwelttechnik und Physik von der Fachhochschule Augsburg die Studie seines Kollegen.
Nuklide aus Boden und LuftPapastefanou fand heraus, dass ein Raucher, der 30 Zigaretten pro Tag raucht, eine Strahlenbelastung von 251 Micro-Sieverts pro Jahr hat, der Vergleichswert aus den Blättern rund um das ukrainische Kernkraftwerk liegt dagegen bei 0,199. „Viele Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass der Krebstod bei Rauchern durch diese Radioaktivität hervorgerufen wird – und nicht durch Nikotin und Teer“, meint der griechische Forscher, obwohl die Radioaktivitätsbelastung aus dem Tabakgenuss nur etwa zehn Prozent der normalen Strahlungen, der ein Mensch aus natürlichen Quellen ausgesetzt ist, ausmacht. Risch: „Tatsächlich wird bei der Vielzahl der im Tabakrauch gefundenen Schadstoffe häufig eine Klasse übersehen – und das sind die radioaktiven Substanzen.“
„Die Tabakpflanzen reichern über die Wurzeln aus dem Boden die Radionuklide Uran 238 und Radium 226 in der Pflanze an. Über die Blatthaare (Trichone) werden aus der Luft in der Hauptsache das radioaktive Blei 210 (Pb 210) und das radioaktive Polonium 210 (Po 210) in ihren Blättern angereichert“, so Prof. Dr. Manfred Neuberger, Leiter des Instituts für Umwelthygiene am Wiener AKH.
Gefährliche AlphastrahlungDie Dosis des radioaktiven Gifts Polonium 210 pro Zigarette sei nicht sehr groß, ungefähr 1,5 Millibecquerel pro Zigarette, meint der Wissenschaftshistoriker Prof. Dr. Robert Proctor von der Stanford University in Palo Alto. „Allerdings gehört das Radioisotop zu den stärksten Emissionsquellen von Alphastrahlung, das ist die bei weitem tödlichste Form von Strahlung, die man einatmen kann. Polonium hat eine Halbwertszeit von 138 Tagen, es ist also bei gleicher Menge mehrere tausend Mal so radioaktiv wie Radium, Uran und sogar Plutonium.“
Proctor: „Man tut jedenfalls gut daran, Alphastrahlungsquellen nicht einzuatmen. Die setzen sich auf dem Lungengewebe fest und verstrahlen so über Jahre und Jahrzehnte die umliegenden Gewebe. So bekommen Uranminenarbeiter Lungenkrebs. Sie atmen Radonisotope ein, welche die Zellen der Lungenbläschen mutieren. Niemand weiß, wie viele genetische Schritte nötig sind, um Lungenkrebs auszulösen, aber Radioaktivität kann einige dieser Veränderungen vollenden. Studien, bei denen Nagetiere Polonium einatmen, haben gezeigt, dass solche Isotope alleine Lungenkrebs auslösen können.“
Viele Menschen wissen nicht, dass auch Passivraucher vom Polonium und anderen radioaktiven Substanzen im Tabakrauch betroffen sind, beklagt Risch. „Die meiste Radioaktivität – etwa 30 Prozent – geht in den Nebenstromrauch. Rund 20 Prozent gehen in die Asche.“
Gefahr schon lange bekanntPolonium verflüchtige sich in der brennenden Zigarette bei 600 bis 800 Grad Celsius. 30 bis 50 Prozent des Stoffes gelangen so in den inhalierten Rauch. Die strahlenden Teilchen setzten sich hauptsächlich in den äußeren Lungengeweben, vor allem in den Schleimhäuten der Bronchien fest. Bei Rauchern sei die dort gemessene Radioaktivität bis zu hundertmal höher als im Rest der Lunge.
Die Strahlenbelastung durch Tabakrauch sei ein Thema, das in der Tabakindustrie bereits in den 50er-Jahren Diskussionsstoff gewesen sei, informiert Proctor. „In den geheimen Archiven der Tabakindustrie gibt es hunderte von Untersuchungsberichten über Polonium. Andere Dokumente beschäftigen sich damit, ob Spezialfilter Polonium eliminieren können. Das waren frustrierende Untersuchungen, weil es in Wahrheit sehr schwer ist, ein Gift aus dem Tabakrauch zu entfernen, ohne ein anderes Gift zu vermehren. Wenn man den Teer entfernt, atmen die Menschen mehr Nikotin ein, das beim Verbrennen karzinogene Nitrosamine produziert.“
Neben dem Polonium seien im Zigarettenrauch Dutzende weitere Karzinogene. Krebserregend seien zum Beispiel Arsen, Benzopyrene, Nitrosamine und ein Hexengebräu aus polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, Aldehyden, Phenol und so weiter. Aber die wichtigsten Gifte, so Proctor, seien Teer und Nikotin.
Arsen und TeerProctor: „Die durchschnittliche Zigarette enthält ungefähr zehn Milligramm Teer. Jedes Jahr werden 5,7 Billionen Zigaretten geraucht, mit denen man eine Kette von der Erde zur Sonne und zurück mit einem Umweg zum Mars bilden könnte. Das bedeutet, dass Raucher jedes Jahr ungefähr 57 Millionen Kilogramm Teer einatmen. Das ist genug, um 5700 Eisenbahnwaggons bis zum Rand mit jeweils zehn Tonnen Teer zu füllen.
Oder nehmen Sie das Arsen – die durchschnittliche Zigarette enthält 0,2 Milligramm von diesem tödlichen Gift. Das heißt, dass Raucher jedes Jahr weltweit eine Million Kilogramm Arsen einatmen. Das Gleiche gilt für Zyanid, von dem Raucher jährlich auch ungefähr eine Million Kilogramm einatmen. Deswegen verwundert es einen nicht, dass Zigaretten die weltweit größte Ursache für vermeidbaren Tod sind. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass Tabak bis zum Jahr 2020 jedes Jahr ungefähr zehn Millionen Menschen töten wird. Ein Drittel davon in China. Im 20. Jahrhundert haben Zigaretten rund 100 Millionen Menschen getötet, und wenn sich nichts dramatisch ändert werden sie in diesem Jahrhundert rund eine Milliarde töten.“
Ebenso wenig wie die meisten Menschen wissen, dass auch Zigaretten radioaktiv strahlen, wisse kaum jemand, was sonst noch für Müll im Tabak sei und was der im Körper bewirke. „Wie viele Leute wissen zum Beispiel, dass Tabak Blasen- und Brustkrebs verursachen kann? Wie viele wissen, dass Rauchen die führende Ursache für Erblindungen ist, oder dass Filter Weichmacher in den Lungen freisetzen? Wer wusste schon, dass Filter der Marke Kent Millionen Fasern von Crocidolite-Asbest enthielten?“, so der Wissenschaftshistoriker. (Süddeutsche Zeitung/Österreichische Lungenunion/red.)
© Fonds Gesundes Österreich — Heute schon Polonium geraucht? — zuletzt verändert: 22.10.2008 13:44