Joschka Fischer :Fotoklage gegen „Bunte“ gescheitert

PRESSE-SCHAU: Focus-online.de

Joschka Fischer
Fotoklage gegen „Bunte“ gescheitert
Ex-Außenminister Fischer muss Fotoberichte über seine Berliner Villa dulden. Laut Bundesgerichtshof sind Berichte über das Privatleben prominenter Politiker auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt grundsätzlich zulässig.
dpa Joschka Fischer mit Ehefrau Minu Barati
Der BGH in Karlsruhe wies am Dienstag eine entsprechende Klage des Ex-Grünen-Politikers gegen die Illustrierte „Bunte“ in letzter Instanz ab. Zur Begründung heißt es, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei höher zu bewerten als das Persönlichkeitsrecht des Ex-Politikers. Wichtig war hierbei, dass das abgebildete Haus „nicht ohne weiteres identifizierbar“ war.

Fischer war von 1998 bis 2005 Vizekanzler und Außenminister der rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Im Juni 2006 nahm er letztmals an einer Sitzung der Bundestagsfraktion der Grünen teil. Unmittelbar danach veröffentlichte die „Bunte“ einen Artikel, in dem unter der Überschrift „Nobel lässt sich der Professor nieder“ die von Fischer gekaufte Villa in einem Nobelviertel von Berlin abgebildet war. Das Foto war von der Straße aus aufgenommen worden und zeigte das denkmalgeschützte Haus mit einem Gerüst. Die genaue Lage wurde nicht mitgeteilt, andere Zeitungen hatten aber ohne Bild von der Fischer-Villa in Berlin-Grunewald berichtet. ZUM THEMA
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„Ein Meister der Grautöne war ich nie“In dem begleitenden Artikel erinnerte die Illustrierte an die Frankfurter Sponti-Vergangenheit Fischers. Seine Karriere habe ihn von der „linken Frankfurter WG zur Villa“ geführt. Es wurden auch Einzelheiten über das Wohnhaus mitgeteilt und die Frage aufgeworfen, wovon Fischer das Haus bezahlt habe. Eine benachbarte Villa sei für 1,5 Millionen Euro angeboten wurde, schrieb die „Bunte“ damals.

Fischer klagte auf Unterlassung sowohl der Berichterstattung als auch der Verbreitung von Fotos seines Wohnhauses, da damit sein Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Während das Landgericht Berlin der Unterlassungsklage stattgab, wurde sie vom Kammergericht Berlin im Februar 2008 abgewiesen. Fischer legte Revision ein, über die der BGH am Dienstag in letzter Instanz verhandelte.

Fischers Prozessvertreterin Cornelie von Gierke sprach in Karlsruhe von einer „nachhaltigen Beeinträchtigung der individuellen Lebensgestaltung“. Das Haus sei identifizierbar. Anwalt Thomas von Plehwe verteidigte dagegen für den Verlag das Recht auf Berichterstattung. Zum einen habe es in dem beanstandeten Artikel keine Lageschreibung des Hauses gegeben, zum anderen stehe der Artikel im Kontext der Lebensgeschichte Fischers. Der habe als „radikaler, zeitweise gewaltbereiter Jungpolitiker“ begonnen und sei später Außenminister geworden. Der Bericht zeige, welche Mutationen ein Mensch und seine Ansichten durchliefen.

Auch der für das Presserecht zuständige VI. Zivilsenat des BGH bejahte ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bildberichterstattung. Fischer habe über Jahre eine herausragende Stellung in der Bundesrepublik innegehabt. Die habe er nicht mit seinem Abschied aus der Bundespolitik verloren. Der Artikel, der die Frage nach der Bezahlung von Politikern aufwerfe, sei auch geeignet, gesellschafts- und sozialpolitisches Interesse zu wecken, erklärte die Vizepräsidentin des BGH, Gerda Müller, in der mündlichen Urteilsbegründung.