reizend geschriebener Hintergrundsbericht..Sic gloria mundi….
Quelle: welt-online vom8.1.2009
Glanz und Ende von Wedgwood
Von Peter Dittmar 8. Januar 2009, 01:42 Uhr Das Empire ist zerfallen. „East of Suez“ musste man sich zurückziehen. Woolworth hat gerade seine Läden in England zugemacht. Und nun ist auch Wedgwood am Ende. Anfang der Woche wurde für das Geschäft in Irland und Großbritannien ein Insolvenzverwalter benannt. Britannia hat es wahrlich nicht leicht in der Welt. Denn Wedgwood symbolisierte lange, wenngleich in unserem Jahrhundert schon leicht angestaubt, die „feine englische Art“. Das edle Steingut, das Josiah Wedgwood in seiner 1769 in Staffordshire gegründeten Fabrik herstellen ließ – die cream-coloured earthenware, die er mit gnädiger Einwilligung des Hofes „Queen’s ware“ nennen durfte -, und das Knochenporzellan, das sein Sohn 1795 entwickelte, galten lange als Inbegriff des edlen Geschirrs. Nicht nur in England. Selbst für Lara Croft, gewiss keine Dame die mit abgespreiztem kleinen Finger ihren Five o’clock-tea schlürft, ist das noch ein Wertmaßstab, wenn sie von „einem Automobil“ schwärmt, „das man in tadellosem Zustand hält und zur Schau stellt wie Wedgwood-Porzellan“.
Der „Brockhaus“ wusste das bereits 1809 zu rühmen: „Wedgwood (spr. Wedschwud), ein Engländer, dessen Name durch die in der feinen Welt so allgemein beliebt gewordenen Gefäße … einen großen Ruf erlangt hat. In Staffordshire … ist eine wirklich ungeheuer zu nennende Manufactur von irdenen Geschirren.“ Allerdings missfiel dem „Brockhaus“, was an „Künstlerischem“ produziert wurde: „Die kleinen Gruppen sind überaus mittelmäßig, und ihre Vasen-Gemählde stehen tief unter den besseren Arbeiten der Art in den Meißner und Berliner Porzellan-Fabriken.“
Auch Goethe klagte, dass der „hochgetriebene Mechanismus“ und das „Fabrikwesen“, die ein wesentlicher Teil des Erfolgs von Wedgwood waren, „der Kunst ihren völligen Untergang bereite“. Außerdem trügen „die Engländer mit ihrer modern-antiken Topf- und Pastenware, mit ihrer schwarz-, rot- und bunten Kunst ein ungeheures Geld aus allen Ländern, und wenn man es recht genau besiehet, hat man meist nicht mehr Befriedigung davon als von einem anderen unschuldigen Porzellangefäße, einer artigen Papiertapete oder ein paar besonderen Schnallen.“
Aber dem Siegeszug der Luxusware aus England tat das keinen Abbruch. Schließlich war Josiah Wegdwood (1730-1785) nicht nur ein einfallsreicher Töpfer, der mit seinem feinkörnigen Steinzeug durchaus mit den kontinentalen Porzellanen zu konkurrieren vermochte. Er verstand es auch, es dort wirkungsvoll zu verkaufen. Nicht zuletzt, weil es ihm gelang, bedeutende Künstler wie John Flaxman für sich zu gewinnen und so auf dem Umweg über das Kunsthandwerk dem Klassizismus in England den Boden zu bereiten. Denn mit Wedgwood verbindet man in aller Regel die seit 1775 produzierte „Jasper ware“ im „etrurischen (etruskischen) Stil“, die auf meist blassblauem mattem Fond mit antiken Motiven als aufgelegtem weißem Relief verziert war.
Bis tief in das 20. Jahrhundert hinein hatte man da keine Konkurrenz zu fürchten. Doch nun erging es Wedgwood nicht besser als den meisten Porzellan-Manufakturen: Sie haben zwar ein hohes Ansehen, aber zu wenig Käufer. Fast Food und Wedgwood – oder Meißen, oder Nymphenburg, oder KPM – passen eben nicht zusammen. „Wedgwood“ ist nun wirklich eine Antiquität.