Das Klinikum Essen genießt eigentlich einen sehr guten Ruf. In der Medizin scheint es wie in der Politik und wie bei den Bänkern: Wenns dem Esel zu gut geht, geht er aufs Glatteis, oder wie das Sprichwort heißt. Dem früheren Leibarzt des früheren Bundespräsidenten RAU, wird räuberische (Patienten)-Erpressung vorgeworfen. Der 64jährige muß nun mit 15 Jahren Haft rechnen: QUELLE: rp-online:
Nach der Anklageerhebung Ende Oktober hat die Staatsanwaltschaft in Essen gestern ihre Vorwürfe gegen den suspendierten Chefarzt des Universitätsklinikums Essen, Christoph Broelsch, konkretisiert: Dem inzwischen 64-jährigen Mediziner wird in 19 Fällen Vorteilsannahme, teils mit gewerbsmäßigem Betrug vorgeworfen.
In 20 Fällen soll er sich gewerbsmäßiger Bestechlichkeit, davon in acht Fällen in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, sowie elf weiterer Betrugstaten schuldig gemacht haben.
Im Falle einer Verurteilung reicht das Strafmaß der Broelsch zur Last gelegten Taten bis zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren. Bis zu seiner Suspendierung im Oktober 2007 war der Chefarzt vor allem als Legende auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin sowie als Leibarzt und Skatpartner des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau bekannt. Dann wurde dem Star-Arzt vorgeworfen, Patienten erpresst und Operationstermine nur gegen Spenden vergeben zu haben.
NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart hatte angesichts der Schwere der Vorwürfe die Suspendierung als „richtige Entscheidung“ verteidigt. Sofern sich die Vorwürfe bestätigen sollten, sei eine gerechte Strafe die Voraussetzung dafür, „das Ansehen des Uniklinikums Essen nicht zu beschädigen und das Vertrauen der Patienten nicht zu verlieren.“ Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, einst Ministerpräsident in NRW, hatte sich dagegen im Frühjahr „als Privatperson“ durch einen Anruf bei Pinkwart für Broelsch eingesetzt und ihn als „überragende Medizinische Kapazität“ bezeichnet.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Klinik-Chef nun unter anderem vor, von Kassenpatienten nicht nur Spenden für Operationen verlangt zu haben, sondern diese in drei Fällen zwar kassiert, die versprochenen Operationen aber gar nicht ausgeführt zu haben. In weiteren 20 Fällen soll der Professor, zu dessen Verpflichtungen in erster Linie die Behandlung von Kassenpatienten gehörte, gegenüber seinen Patienten den Eindruck erweckt haben, dass nur nach Zahlung der Spende eine zeitnahe Behandlung vor anderen Patienten möglich sei.
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Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2006 „In acht von diesen Fällen war dem Angeschuldigten bewusst, dass es sich um lebensgefährlich erkrankte Patienten handelte, bei denen nur eine sofortige Behandlung zu einer Heilung oder Verbesserung führen und ihren möglichen Tod verhindern würde“, so die Staatsanwaltschaft. Er habe das Geld mit dem Hinweis verlangt, dass die Operationen bei einer Weigerung später durchgeführt würden. Allein die Summe dieser Spenden soll 133 000 Euro betragen haben.
Broelsch sei es zwar gestattet gewesen, auch Privatpatienten zu behandeln. 35 Prozent der Honorare habe er jedoch an das Universitätsklinikum abführen müssen. Vom Frühjahr 2002 bis zum Sommer 2007 habe er die auf einem Drittmittelkonto vereinnahmten Beträge gegenüber dem Klinikum jedoch verschwiegen, so dass der Uni ein Schaden von 76 650 Euro entstanden sei.
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Ärzte sollen ohne Zulassung operiert haben Rainer Hamm, Rechtsanwalt des Mediziners, weist die Vorwürfe zurück. Zu „keinem Zeitpunkt und in keinem Fall“ habe der Professor „Patienten oder deren Angehörige bedroht oder die Durchführung einer medizinisch notwendigen Behandlung von einer Zahlung abhängig gemacht“, so der Strafverteidiger. Hamm will bei der Strafkammer Essen beantragen, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungen „einseitig und tendenziös“ durchgeführt.
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Babytod – Justiz ermittelt Die Anklage betreffe Zahlungen auf ein Drittmittelkonto, das der Klinikleitung bekannt gewesen sei. „Eine persönliche Bereicherung von Professor Broelsch war mit den Zahlungen auf dieses Konto nicht verbunden.“ Die Staatsanwaltschaft erklärte, der Angeschuldigte habe durch seine Verteidiger zwar die Auffassung mitgeteilt, sein Verhalten stelle aus Rechtsgründen keine Straftat dar. Aber: „In tatsächlicher Hinsicht hat er sich zu den Vorwürfen nicht geäußert.“