Günter Eich:1907 -1972 /11/08

…Günter Eich und das ..teils fantastische…Literarische Hörspiel…sind EIN Begriff..Das ist EIN Schlagwort. Zum immensen Werk des Schriftstellers. Leitmotivisch wurden aus seinem Werk uns die Sätze mit auf den Lebensweg gegeben:
SEID SAND, NICHT DAS ÖL..im Getriebe der Welt..
Aus seinem Aufruf „SEID UNNÜTZ!“ Womit Eich das „Unnütze“ als Kontrast zur Verwertung durch einen autoritären Staat meinte..__________

Die folgende Biographie ist online entnommen von:
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Eich, Günter
(Pseudonym: Erich Eich)
(1907-1972)
Deutscher Schriftsteller. Er gilt als der eigentliche Begründer der poetischen Hörspiel-Gattung. Durch lakonische Gedichte wie „Inventur“ und „Latrine“ lieferte er zudem paradigmatische Beiträge zur Kahlschlag- bzw. Trümmerliteratur der deutschen Nachkriegszeit.

1. LEBEN

Eich wurde am 1. Februar 1907 im märkischen Lebus geboren und studierte zwischen 1925 und 1932 an den Universitäten Berlin, Leipzig und Paris Sinologie, Jura und Volkswirtschaft. Während dieser Zeit publizierte er erste Gedichte in der u. a. von Klaus Mann herausgegebenen Anthologie jüngster Lyrik (1927) sowie die Sammlung Gedichte (1930). 1931 wurde das in Zusammenarbeit mit Martin Raschke 1929 entstandene Hörspiel Das Leben und Sterben des Sängers Caruso ausgestrahlt. Auch erschienen in Raschkes Zeitschrift Die Kolonne (1930-1932), durch die Eich etwa mit Hermann Kasack, Eberhard Meckel und Peter Huchel Bekanntschaft schloss, weitere Arbeiten, darunter Lyrik, Kritiken, Hörspielentwürfe und der monologische Epilog zum Drama Der Präsident. 1932 erhielt Eich genügend Rundfunkaufträge, um als freier Schriftsteller existieren zu können: Bis Ende der dreißiger Jahre wurden 25 Hörspiele produziert. Vor allem der Hörfunk bot Eich die Möglichkeit, von der nationalsozialistischen Propaganda relativ unberührt tätig zu sein. 1942 machte eine Feldpostausgabe der 1935 in Das Innere Reich erstpublizierten traurig-schönen Liebesgeschichte Katharina den Dichter auch in Soldatenkreisen bekannt. 1939 musste Eich als Funker am 2. Weltkrieg teilnehmen und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Dort kam er zur Zeitschrift Der Ruf, die von Alfred Andersch und Hans Werner Richter herausgegeben wurde. Durch den Kontakt zu Andersch und Richter wurde Eich Mitglied der Gruppe 47 und 1950 deren erster Preisträger. Den Einfluss der Naturlyrik Huchels spiegelt u. a. der Gedichtband Untergrundbahn von 1949.

In den fünfziger Jahren schrieb Eich eine Anzahl von Hörspielen (Geh nicht nach El Kuwehd!, 1950; Blick auf Venedig, 1952, u. v. a.), die seine Sprachvirtuosität belegen und der Gattung eine bisher nicht gekannte Eigenständigkeit verliehen. Die Erstausstrahlung des innovativen Tongedichts „Träume“ mit seiner zentralen Forderung „Seid unnütz“ zog 1951 entrüstete Hörerreaktionen nach sich. 1953 heiratete Eich in zweiter Ehe Ilse Aichinger. Im gleichen Jahr unterstützte er aktiv die Gründung der renommierten Literaturzeitschrift Akzente von Walter Höllerer. Zahlreiche Lesungen, vor allem im Ausland – insbesondere in Japan (1962) – folgten. Die Auseinandersetzung mit der östlichen Kultur schlug sich u. a. in Anlässe und Steingärten (1966) nieder. Eich starb am 20 Dezember 1972 in Salzburg an einer Herzerkrankung. Für Die Andere und ich (Erstausstrahlung 1952) wurde der Autor 1953 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. 1959 erhielt er den Georg-Büchner-Preis.

2. WERK

In amerikanischer Gefangenschaft verfasste Eich einige für die Kahlschlagliteratur der deutschen Nachkriegszeit beispielhafte, dabei aber immer auch meditativ-präzise Gedichte, darunter „Latrine“ und „Inventur“. Beide wurden in die Sammlung Abgelegene Gehöfte (1948) aufgenommen, die mit verschiedenen Stilmustern – vor allem solchen der Romantik und des Jungen Deutschland – experimentiert. Dabei wohnt selbst dem scheinbar strikt deskriptiven Duktus von „Inventur“, der auf dem Missbrauch der Sprache im Propagandaapparat der Nationalsozialisten reagiert („Dies ist meine Mütze, / dies ist mein Mantel / hier mein Rasierzeug / im Beutel aus Leinen“), noch ein subjektives Moment des lyrischen Ichs inne, mit dem es seine wenn auch geringe schöpferische Präsenz artikulieren kann („ich hab in das Weißblech / den Namen geritzt“). In „Latrine“ reimt sich der Name Friedrich Hölderlins unsauber-provokant auf „Urin“. In der Kahlschlaglyrik spiegelt sich bereits die Wandlung Eichs vom unpolitisch-inversiven Dichter der dreißiger Jahre zum engagierten Zeitkritiker der Folgezeit, der seine Ästhetik allerdings nie unter die Doktrin des Tendenziell-Plakativen zu stellen suchte (Der Schriftsteller, 1947). Im Verlauf der fünfziger Jahre dann festigte sich die poetologische Position, mittels der Sprache Realität nicht abbilden, sondern als Zeichenwirklichkeit erst setzen zu wollen: „Ich schreibe Gedichte, um mich in der Wirklichkeit zu orientieren. Ich betrachte sie als trigonomische Punkte oder als Bojen, die in einer unbekannten Fläche den Kurs markieren. Erst durch das Schreiben erlangen die Dinge Wirklichkeit. Sie ist nicht meine Voraussetzung, sondern mein Ziel. Ich muß sie erst herstellen“ (Einige Bemerkungen zum Thema Literatur und Wirklichkeit, 1956). Literatur erscheint als „Über-setzung“ des Dichters ins metaphysische Reich jenseits banaler Beschreibung, aber mit durchaus politisch-aktuellen, ideologiekritischen Implikationen (Botschaft des Regens, 1955).

Eine Verantwortung des Schriftstellers stellte Eich bereits seinem „Seid unnütz!“ der „Träume“ bei, ein Aufruf, der sich derart als eigentliches, poetisches Nützlichkeits-Dogma erweist: „Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind! Seid mißtrauisch gegen ihre Macht, die sie vorgeben für euch erwehren zu müssen! …Tu das Unnütze, singt Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet! Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt“. Ende der sechziger Jahre entstanden die Prosagedichte Maulwürfe (1968) und Ein Tibeter in meinem Büro (1970), die, stark von der Bilderwelt des Surrealismus geprägt, in neue, irritierend komponierte Bildbereiche vorzudringen suchen. Der groteske Sprachwitz dieser Bände wird im Hörspiel Man bittet zu läuten (1964) bereits vorweggenommen, dessen Monologe mit taubstummen Dialogpartnern die Möglichkeiten des Mediums spielerisch ad absurdum führen. Mit der Komödie Die Glücksritter bearbeitete Eich 1933 zudem eine Novelle Joseph von Eichendorffs. Darüber hinaus entstanden zwischen 1949 und 1952 rund 100 Nachdichtungen von Lyrik chinesischer Autoren (Aus dem Chinesischen, 1976). Weitere Werke Eichs sind die Gedichtbände Fortsetzung des Gesprächs (1957), Zu den Akten (1964) und Nach Seumes Papieren (1972), zwei Marionettenspiele (1964) sowie die Hörspiele Die Mädchen aus Viterbo (1953), Das Jahr Lazertis (1954), Allah hat hundert Namen (1954), Die Brandung von Setúbal (1957), Festianus, Märtyrer (1958) und Zeit und Kartoffeln (1972).

Verfasst von:

Thomas Köster

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