MEDIEN-TIP des Tages vom KSTA – Kölner Stadtanzeiger:
KSTA.DE » „Meine Stasi”
Spurensuche mit deprimierendem Ende
Von René Martens, 31.08.08, 21:06h, aktualisiert 31.08.08, 21:07h
Hans-Jürgen Börner, ehemaliger ARD-Korrespondent in der DDR, hat eine Dokumentation gedreht: In „Meine Stasi“ macht er sich auf die Suche nach den Spitzeln, die ihn einst in Ostberlin ins Visier genommen hatten. Der NDR zeigt die Doku am Montag um 23 Uhr.
Hans-Jürgen Börner
Hans-Jürgen BörnerDokumentation des ehemaligen TV-Korrespondenten in der DDR (NDR, 23 Uhr).
„Hans-Jürgen Börner ist Programmdirektor des NDR“ steht auf der Seite, auf der die Hamburg Media School ihre Dozenten vorstellt. Programmdirektor ist Börner nicht, und er war es auch nie, aber die Formulierung passt zu einem Mann, der sich nicht zuletzt als Humor-Fachkraft ausgezeichnet hat: Von 1989 bis 1997 prägte der heutige 63-jährige TV-Journalist als Redaktionschef und Moderator das Satiremagazin „extra 3“. Ab dem 1. September ist Börner nun offiziell Ruheständler. Aus diesem Anlass zeigt das NDR Fernsehen „Meine Stasi“, den letzten Film, den er als fest angestellter Mitarbeiter gedreht hat. Hier macht er sich auf die Suche nach den Spitzeln, die ihn einst während seiner Tätigkeit als ARD-Korrespondent in Ostberlin ins Visier genommen hatten.
Die Zeit als DDR-Korrespondent lag unmittelbar vor der „extra 3“-Phase: Von 1986 bis 1989 arbeitete er für die ARD in Ostberlin, und diese Zeit steht im Mittelpunkt von „Meine Stasi“. Für den Film hat Börner 1 800 Seiten Akten durchgearbeitet und sich danach auf den Weg gemacht zu den ehemaligen Geheimdienstzuträgern, um zu erfahren, was ihre Motive waren und wie sie heute ihre Tätigkeit bewerten. Einige Ex-IM sind zum Interview bereit, andere nicht. Die Reise in die berufliche Vergangenheit erweist sich auch als eine sehr private Angelegenheit: Unter den Spitzeln war ein inzwischen verstorbener Kleinkünstler, den Börner als Freund betrachtet hatte. Der Kulturarbeiter hatte unter anderem eine Weihnachtskarte Börners, die dessen Söhne beim Plätzchenbacken zeigt, an die Stasi weitergeleitet. „Die hätte er doch wegschmeißen können, wenn er Angst gehabt hätte, dass man die bei ihm findet“, sagt Börner. Noch härter hat ihn getroffen, dass auch der Ex-Gatte einer Cousine, die den einstigen Mann an ihrer Seite mittlerweile hasst, Informationen über ihn an die Stasi weiterleitete. „Für Spitzeln im menschlichen Vertrauensbereich gibt es kein Vertun. Vor allem das nehme ich der DDR übel: die Zerstörung des Privaten“, sagt Börner. Während der Recherchen findet der NDR-Redakteur auch heraus, dass der Stasi-Hauptmann, der seine Überwachung steuerte, heute als Sportjournalist arbeitet. Der heutige Arbeitgeber des Ex-Geheimdienstlers: eine Medienagentur, die als Dienstleister für die „Märkische Allgemeine Zeitung“ tätig ist. Nachdem Börner vergeblich versucht hat, den Mann, der quasi sein persönlicher Big Brother war, auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz in Zossen ein paar Fragen zu stellen, kommt es zu einer grotesken Szene. Plötzlich kreuzt der Vizebürgermeister des Städtchens auf und versucht Börner mit einer eigenwilligen Rechtsauffassung einzuschüchtern: „Wenn Sie Filmaufnahmen im öffentlichen Verkehrsraum machen wollen, dann bedarf das einer Genehmigung.“