ICE-Unfall in Köln – haarscharf an der Katastrophe vorbei?

Presse-Show – derzeit am informativsten: sueddeutsche. de vom 12. Juli :
ICE-Unfall in Köln
Der Ursache auf der Spur
Nach dem ICE-Unfall in Köln gibt es Anhaltspunkte, dass die Notbremsung möglicherweise nicht die Ursache dafür war, dass ein Wagen aus dem Gleis sprang. Wie Oberstaatsanwalt Günther Feld sueddeutsche.de sagte, ragten laut einem Zeugen bereits zuvor Teile der defekten Achse unter dem Zug hervor.

Suche nach den Ursachen: Noch ist nicht geklärt, was den ICE zum Entgleisen brachte.
Foto: dpa

Die vom Zugpersonal eingeleitete Notbremsung ist möglicherweise nicht die Ursache für die Entgleisung eines ICE-Wagens im Kölner Hauptbahnhof gewesen. Ein Zugbegleiter des ICE 518 hat, wie der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld sueddeutsche.de sagte, die Notbremse gezogen, weil er gesehen habe, dass unter Wagen 23 des Zuges Metallteile der defekten Achse herausstanden und über die Gleise schleiften.

Muttern und Schrauben des Gleises seien auf mehreren Metern abgerissen worden. Ob die Entgleisung des Wagens mit der Notbremsung oder mit der kaputten Achse im Zusammenhang stehe, werde untersucht. Der ICE schwenkte zum Zeitpunkt des Stopps des Zuges vom Kölner Hauptbahnhof auf die Hohenzollernbrücke ein.

Der am Mittwoch entgleiste ICE-3 ist dabei möglicherweise nur knapp einer Katastrophe entgangen. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Zug seinen technischen Defekt schon auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt am Main und Köln hatte, wo er mit Tempo 300 unterwegs war.

Zugausfälle und Verspätungen
Nach ersten Vernehmungsergebnissen der Staatsanwaltschaft hatten bereits kurz hinter Frankfurt fünf Reisende das Zugpersonal auf verdächtige Geräusche aufmerksam gemacht. Zudem wies ein weiterer Zeuge, der kurz vor Köln in Siegburg ausgestiegen war, den Zugbegleiter auf Geräusche hin.

Die Staatsanwaltschaft will nun ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, bei dem die defekten Teile untersucht werden. Auch Professoren der Technischen Hochschule Aachen sollen die gebrochene Achse begutachten. Die Untersuchungen seien sehr kompliziert und könnten mehrere Wochen dauern, sagte Feld.

Ein Bahnsprecher sagte der Nachrichtenagentur AP, die Vorgänge würden auch von Seiten der Bahn intensiv untersucht. Nähere Erkenntnisse lägen aber noch nicht vor. Dass Fahrgäste dem Zugpersonal verdächtige Geräusche meldeten, sei bekannt. Deshalb sei die Notbremsung eingeleitet worden, sagte der Sprecher.

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KölnStaatsanwalt ermittelt nach ICE-Unfall Spekulationen, wonach das Fahrpersonal nicht auf Hinweise über atypische Fahrgeräusche reagiert habe, hatte die Bahn bereits am Freitag als „schlichtweg falsch“ bezeichnet. Das Personal sei entsprechenden Kundenhinweisen nachgegangen und habe vorschriftsgemäß die notwendigen Maßnahmen ergriffen.

Die Bahn reagierte auf den Unfall mit der größten Wartungsaktion seit dem Unglück von Eschede vor zehn Jahren und rief alle Züge der gleichen Bauart zur Überprüfung in die Werkstätten. Dies führte auch am Samstag zu erheblichen Behinderungen im Fernverkehr.

Nach Bahnangaben fanden am Samstag nur rund 60 Prozent der ICE-3-Fahrten statt. Einschränkungen wurden vor allem aus der Umgebung von Köln und Frankfurt/Main gemeldet. Die Strecken in Nord- und Ostdeutschland waren von den Behinderungen hingegen nicht betroffen. Bis Samstagmittag seien 15 der 61 ICE-3-Züge überprüft und wieder in Betrieb genommen worden, sagte eine Konzernsprecherin. Bis Sonntagabend sollen es 25 Züge sein, am Montag solle sich der Verkehr weitgehend normalisieren.

(sueddeutsche.de/AFP/AP/dpa/gal/plin/cag)

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