BERLINER KURIER: DIE TELEKOM IM STASI-SUMPF

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Die Telekom im Stasi-Sumpf
Früher spitzelten die feinen Herren von der Berliner Desa-Detektei für Mielke und Co – jetzt platzierten sie ihre Wanzen im Auftrag der Telefon-Bosse.

Desa-Gründer ist Klaus-Dieter Baier.

Berlin – Berlin-Lichtenberg, Franz-Jacob-Str. 2. Im modernen Bürohaus im Storkower Bogen sitzt in der 4. Etage „Desa Investigation & Risk Protection“. Die Klingel ist abgestellt. Das winzige Fenster zeigt einen kleinen dunklen Vorraum. Dahinter wieder eine Tür – ohne Scheibe. Kein Geräusch dringt nach außen. Gespenstische Stille. Was spielt sich hinter diesen schalldichten Türen der Firma ab, die nun im Mittelpunkt der Telekom-Affäre steht? Hier residieren die früheren Stasi- Schnüffler im Dienste des Telefon- Riesen. Früher waren sie für Mielkes Horch-und- Guck-Truppe unterwegs, heute spitzeln sie für die Telekom.

Klaus-Dieter Baier und Frank John lernten ihr „Handwerk“ bei der Spionageabwehr des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Nach der Wende ließen die smarten Herren keine Zeit verstreichen, boten ihre Dienste in ihrer im April 1991 gegründeten Firma an – „Desa Investigations & Risk Protection“. Ausgerechnet diese Berliner Wirtschaftsdetektei schickte der Telefon- Konzern in die Spur, um Journalisten und Aufsichtsräten der Arbeitnehmerseite „auf den Zahn“ zu fühlen. Firmengründer Baier bestätigte inzwischen seine Stasi-Vergangenheit.

2002 sollen die Männer in das Redaktionsbüro des damaligen Chefreporters der „Financial Times Deutschland“, Tasso Enzweiler, eingedrungen sein. Sie filmten mit versteckter Kamera, waren als Techniker getarnt. Der Reporter hatte mit Exklusiv- Berichten über den Konzern die Vorstandsetage hellhörig gemacht. Die wollte die „undichte Stelle“ ausmachen.

2005 habe der Konzern die Berliner Detektei laut „Spiegel“ beauftragt, einen Spion in die „Capital“-Redaktion einzuschleusen. Neben Telefonverbindungen sollen auch Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht worden sein. Mit einer speziellen Software wurden Bewegungsprofile einzelner Personen erstellt. Demnach wurde über Mobilfunkdaten abgeglichen, wo diese sich aufhielten.

Ein Metier, in dem sich Desa- Geschäftsführer Baier bestens auskannte. Gemeinsam mit John war er hauptamtlicher Mitarbeiter für die Hauptabteilung II (HA II) des Stasi-Ministeriums. Die Abteilung war für die innere und äußere Spionageabwehr zuständig. Die HA II überwachte ausländische Botschaften. Im Visier der Abteilung standen auch Journalisten und Korrespondenten aus dem westlichen Ausland, die in der DDR akkreditiert waren. Dafür bezogen die beiden ein Jahresgehalt von 19 085 bzw. 19 745 DDR-Mark. Die Bezahlung dürfte heute üppiger ausfallen. Pro Stunde berechnet ein Mitarbeiter des 15- köpfigen Teams zwischen 46 und 125 Euro. Übrigens: Desa- Ermittler waren auch bei der Fußball-WM unterwegs …

Berliner Kurier, 31.05.2008Lesen Sie auch:
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