Idee Beate Klarsfeld: ZugDerErinnerung/nur JUNGE WELT berichtet

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junge Welt: 10.11.2007 / Inland / Seite 5
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Zug der Erinnerung rollt
Wanderausstellung auf Schienen hält das Gedenken an von den Nazis deportierte Kinder wach
Von Gitta Düperthal

10.11.2007 / Inland / Seite 5
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Zug der Erinnerung rollt
Wanderausstellung auf Schienen hält das Gedenken an von den Nazis deportierte Kinder wach
Von Gitta Düperthal

Margot Kleinberger (links) wurde 1942 als Elfjährige mit der Bahn in das KZ Theresienstadt deportiert
Foto: dpa
Die Lok, Baujahr 1921, bläst weiße Dampfwolken in die Luft. Der Zug der Erinnerung ist am Donnerstag in Frankfurt am Main gestartet. Im Gedenken an Kinder und Jugendliche aus ganz Europa, die während der Nazizeit in Konzentrationslager deportiert wurden, wird er rund 3000 Kilometer durch die Republik rollen. Nur zwei Tage blieb der Zug in Frankfurt. Dann brach er zum nächsten Halt nach Darmstadt auf, wo er bis 13. November bleibt. Das sei zuwenig Zeit, monierten zahlreiche Besucher der Ausstellung im Zug, der auf alten Hafenschienen vom Hauptbahnhof zum Frankfurter Römer fuhr und dort Station machte. Vor allem Lehrer nutzten die Ausstellung, um ihre Schulklassen durch die beiden Waggons zu führen, in denen historische Fotos von Kindern, die Schilderung ihrer Geschichte sowie Biographien der Täter zu sehen sind.

Veranstalter ist der Verein »Zug der Erinnerung e. V.«, in dem unter anderem der Historiker Stephan Wirtz, die Lehrerin Renate Dreesen und der Journalist Hans-Rüdiger Minow mitwirken. Der Zug ist nach einer Idee von Beate Klarsfeld gestaltet, die mit einer Ausstellung an die Deportation von 11 000 jüdischen Kindern aus Frankreich erinnern wollte. Diese Dokumentation durfte in deutschen Bahnhöfen bisher nicht gezeigt werden. Auch an der Ausstellung »Zug der Erinnerung« habe sich die Deutsche Bundesbahn nicht beteiligt, so Stephan Wirtz gegenüber junge Welt. Für die Nutzung der Gleise und des Stroms habe man gezahlt, die Waggons aus den 60er und 70er Jahren seien gemietet. Die Ausstellung, seit Januar konzipiert, koste insgesamt rund 250000 Euro. Stiftungen, regionale Vereine und Privatleute beteiligten sich an den Kosten.

Claudia Topp, Lehrerin der Frankfurter Berta-Jordan-Berufsfachschule, hatte erst vor kurzem von der Ausstellung erfahren und sich spontan zur Besichtigung entschlossen. Ihren Schülerinnen hatte sie zur Aufgabe gegeben, sich das Foto eines Jugendlichen herauszusuchen und dessen Geschichte zu beschreiben. Wenig später stand Topps Schülerin Patricia Puseljic vertieft vor dem Bild des jüdischen Schülers Rudi Löwenstein. Der 19jährige Kölner, der einst das katholische Gymnasium an der Apostelkirche besuchte, hatte sich geweigert, den gelben Stern zu tragen. Er wurde ins KZ Theresienstadt deportiert. Am 4. Mai 1944 kam die Todesnachricht aus der Kommandantur des Konzentrationslagers. Besonders berührt hatte Patricia, daß Rudi Löwenstein kurz vor seiner Deportation noch eine Liebesgeschichte mit Helga Elias hatte. Beide sind auf einem Foto zu sehen – in glücklichen Tagen auf einer Wiese. Dokumentiert ist ein Liebesbrief. Auch Helga wurde nach Polen verschleppt und ermordet.

Vom 14. bis 17. November wird der Zug in Mannheim, vom 18. bis 20. November in Karlsruhe Station machen, um dann Ettlingen, Vaihingen, Stuttgart, Tübingen anzufahren. Weitere Aufenthalte sind in Saarbrücken, Fulda, Göttingen, Hannover, Braunschweig, Gotha, Erfurt, Weimar, Leipzig und Dresden geplant. Eine weitaus größere Anzahl von Städten wolle sich beteiligen, so Wirtz. Anfragen sind unter info@zugde.eu möglich. Als letzte Etappe wird der Zug am 27. Januar 2008, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers, die Gedenkstätte Auschwitz erreichen.

zug-der-erinnerung.de.
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PLZ-Bereich: …0123456789
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Freitag, 30. November 2007, Nr. 278

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