und ähnlichen Unappetitlichkeiten? Wer Pocher einkaufte, wußte, was er tat. Oder war geistig umnachtet. Jetzt nicht so tun, als seien alle blind und taub gewesen…schon mit Schmidt…dem teuersten Mann der ARD…**Zum THEMA hat FEMINISSIMA eine FAZ.NET-Kritik für uns/Euch herausgesucht,
die unseren Geist erweitert.
„Schmidt & Pocher“
Und mein Nazometer mit mir
Von Jörg Thomann
Will keine bösen Wörter mehr hören: Schmidt
16. November 2007 Wie leicht ist es doch manchmal, subversiv zu sein. Harald Schmidt musste gestern Abend in seiner ARD-Show mit Oliver Pocher nichts weiter tun, als mit einer Laterne in sein Studio zu spazieren und zwei Kinderlieder zu trällern. Der Doppelsinn entstand dadurch, dass regelmäßige Zuschauer die Laterne, die am Stab hing, bestens kannten: Es handelte sich um das „Nazometer“, jenes Utensil, das den Komikern harte Kritik aus den Medien und der ARD selbst eingebracht hatte.
Ein solch „lustvolles Überschreiten von Grenzen“ dürfe es nicht geben, hatte sich der SWR-Intendant Peter Boudgoust echauffiert. Die „Bild“-Zeitung spielte den Ball weiter, diagnostizierte „Wirbel um Nazi-Sprüche“ und telefonierte Prominente ab, die sich betroffen zeigten. Von der Kritik beeindruckt, hatte der für die Sendung zuständige WDR verlauten lassen, dass das Nazometer wohl weichen werde, da sich der Gag überlebt habe. Hier irrte der Redakteur, da das Gerät zu einem letzten, dem oben beschriebenen Einsatz kam.
Ins Schlittern geraten
Vorgestellt worden war das Nazometer von Pocher und Schmidt in ihrer ersten gemeinsamen Sendung als eine Art Frühwarnsystem, das bei jedem Wort, das seine Unschuld eingebüßt habe, Alarm schlage. Als Schmidt „Wolfsburg“ sagte oder Pocher behauptete, er sei auf der Autobahn geblitzt worden, reagierte der Apparat mit hektischem Piepen. Natürlich verbarg sich hinter der Nummer ein spöttischer Gruß an den ZDF-Kollegen Kerner, der die partout nicht bußfertige Sünderin Eva Herman in einem aufgesetzt heroischen Akt seines Studios verwiesen hatte („Autobahn geht gar nicht“). Man schlittere ja leicht irgendwo rein, hatte Schmidt erklärt, und wolle nicht Gefahr laufen, unbewusst einen „dummen Nazi-Spruch“ abzulassen. Die jüngsten Schlagzeilen indes legen nahe, dass das Nazometer nicht funktioniert hat: Schmidt und Pocher sind arg ins Schlittern geraten.
Zum Thema
Fernsehkritik: Die Premiere von „Schmidt & Pocher“
Schmidt & Pocher: Um uns herum gibt es ja sonst nix
Verblüffend ist, dass dies so spät geschah. Zahllose große und weniger große Medien haben die Premiere von „Schmidt & Pocher“, die am 25. Oktober ausgestrahlt wurde, besprochen. Das Nazometer tauchte in vielen Besprechungen auf, manche Kritiker waren durchaus angetan, andere skeptisch, niemand schockiert. Die Idee mit dem Nazometer sei „gar nicht dumm, aber auch gar nicht so komisch“, hieß es an dieser Stelle (siehe: Fernsehkritik: Die Premiere von „Schmidt & Pocher“), von einer „vorsichtigen Als-ob-Provokation“ schrieb der „Tagesspiegel“. Die „Bild“-Zeitung schrieb zwei Tage nach der Show, beim „Nazometer“ sei den Zuschauern das Lachen im Halse stecken geblieben. Ungleich wichtiger aber erschien dem Blatt ein ganz anderes Detail der Sendung, welches es in die Schlagzeile schaffte: „Seit wann darf man in der ARD ‚ficken‘ sagen?“ Erst am 14. November regte sich „Bild“ dann über die „Nazi-Sprüche“ Schmidts und Pochers auf, die man vorher anscheinend überhört hatte. Der SWR-Mann Boudgoust wiederum muss sich fragen lassen, warum er eine Sendung, die in der ARD als teures Prestigeprojekt gilt, erst dann zur Kenntnis nimmt, wenn sich Mitglieder seiner Sendergremien bei ihm beschweren.
Schlechtes Timing
Das schlechte Timing seiner Kritiker hatte zuvor das ARD-Duo selbst demonstriert. In einem Interview am 22. Oktober hatte Pocher zum Herman-Kerner-Eklat erklärt: „Schade, dass wir noch nicht auf Sendung waren. Harald und ich hätten mit dieser Sendung locker zwanzig Minuten gefüllt.“ Drei Tage darauf füllten sie mit dem Ereignis, das da schon länger als zwei Wochen zurücklag, immerhin noch knapp zehn Minuten. Das war deutlich zuviel. Zumal sich Pocher immer näher an die Grenze wagte: „Ich habe zuhause einen Gasherd“, sagte er, und als Schmidt später den Auftritt eines keifenden Vaters bei der „Super-Nanny“ nachspielte, der sein Kind zum Duschen schicken wollte, warf er ein: „Ich bin froh, dass das Nazometer nicht hier ist.“ Der durchaus aufklärerische Ansatz, auf die Empörungsreflexe der Berufskorrekten hinzuweisen, verkam hier zu pubertärer Taburüttelei.
Geschmacklos? Gewiss. Nur: Ein „Nazi-Spruch“ ist der Satz „Ich habe zuhause einen Gasherd“ nicht. Wer das behauptet, tut genau das, was er den von ihm Kritisierten vorwirft: Er verschiebt die Grenzen. Den Index beliebig zu erweitern, heißt jene Entgleisungen zu verharmlosen, die tatsächlich gefährlich sind. Kaum auszudenken, wenn – was nicht geschehen wird – die ARD das Nazometer zum Anlass nähme, Schmidt und Pocher vom Bildschirm zu verbannen: Es fänden sich zwei Männer als Kronzeugen der Ewiggestrigen wieder, die in dieser Ecke wirklich gar nichts zu suchen haben.
Für ein vorzeitiges Aus von „Schmidt & Pocher“ gäbe es weit triftigere Gründe. Gestern Abend beispielsweise Pochers viele vergebliche Versuche, beim Publikum mit seinen Pointen kein Befremden auszulösen, sein oft auf Ausgrenzung basierender Humor („Aziz – ein typisch deutscher Name“) oder die erschöpfende Auseinandersetzung aller Anwesenden mit Unterleibsregionen – von der Analfissur bis zum Hund, dem Sabrina Setlurs Schoßköter die Vorhaut abbiss. Da konnte Pocher wohl nicht anders, als den Kölner Dom als „beschissen“ zu bezeichnen – ein Nebensatz, der den ARD-Rundfunkräten in ihren kommenden Sitzungen viel Vergnügen bereiten dürfte. Angesichts der damit erreichten Niederungen ist Schmidts Anfangsgag, der Laternenumzug mit dem Nazometer, in dieser Sendung sein bester geblieben. Man muss nur abwarten, ob darin nicht jemand eine Metapher auf die Fackelumzüge der Nazis zu erkennen glaubt.