Arno Lustiger, Widerstandskämpfer, Holocaust-Überlebender

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Arno Lustiger (* 7. Mai 1924 in Bendzin, Polen) ist ein deutscher Historiker und Schriftsteller jüdischen Glaubens und Vater der Schriftstellerin Gila Lustiger. Kardinal Jean-Marie Lustiger, der am 5. August 2007 verstorbene emeritierte Erzbischof von Paris, war sein Cousin.[1]
Arno Lustiger

Leben [Bearbeiten]Lustiger verbrachte seine Kindheit mit seiner Familie in Będzin (deutsch: Bendzin) in Oberschlesien. Sein Vater, David Lustiger, Stadtrat von Bendzin, war Besitzer eines Betriebs, in dem Maschinen für die Brotherstellung gefertigt wurden. Das väterliche Unternehmen wurde 1939 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Der Vater blieb allerdings zunächst als Angestellter weiter beschäftigt. Anfang 1943 wurde die jüdische Bevölkerung Będzins im Ghetto Będzin interniert, die Familie Lustiger verbarg sich in einem Kellerversteck. Im August 1943 wurde das Ghetto geräumt und seine Bewohner ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Einige Tage später ging die Familie freiwillig ins Zwangsarbeiterlager Annaberg in Schlesien, um wenigstens zusammenzubleiben.

Dort wurde die Familie jedoch auseinandergerissen, Lustiger kam in das KZ Ottmuth und dann in das KZ Blechhammer, ein Außenlager von Auschwitz. Ab dem 21. Januar 1945 musste Lustiger wegen der anrückenden sowjetischen Truppen im eiskalten Winter an einem Todesmarsch zum KZ Groß-Rosen in Niederschlesien teilnehmen, den nur 2000 von 4000 Häftlingen überlebten. Dann wurde er zum KZ Buchenwald transportiert und von dort ins KZ Langenstein-Zwieberge bei Halberstadt. Die Lebenserwartung der Häftlinge betrug dort laut Lustiger in der Regel drei bis vier Wochen.

Im April 1945 floh Lustiger bei einem weiteren Todesmarsch, als das KZ vor den anrückenden Amerikanern geräumt wurde. Dabei fiel Lustiger Angehörigen des Volkssturms in die Hände, konnte jedoch abermals entkommen und wurde von amerikanischen Soldaten gefunden, gerettet und zu einem uniformierten und bewaffneten Dolmetscher der US Army gemacht.

Der Vater von Arno Lustiger war kurze Zeit im KZ Blechhammer und wurde dann im KZ Auschwitz-Birkenau umgebracht.

Zeit nach 1945 [Bearbeiten]Seit Ende des Zweiten Weltkriegs lebt er in Frankfurt am Main. Als Textilfabrikant baute er dort ein erfolgreiches Unternehmen für Damenmoden auf. Lustiger forscht und schreibt zu Themen der deutsch-jüdischen Geschichte, zum spanischen Bürgerkrieg, zum jüdischen Widerstand sowie zur stalinistischen Judenverfolgung. Er ist Mitbegründer der jüdischen Gemeinde in Frankfurt und Vorstandsmitglied der Budge-Stiftung. Er war vom Sommersemester 2004 bis Sommersemester 2006 Gastprofessor am Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main. [2] Lustiger hat zwei Töchter. 1984 überstand er einen Herzinfarkt.

Am 27. Januar 2005 sprach Arno Lustiger zusammen mit Wolf Biermann vor dem Deutschen Bundestag. Unter anderem wies er auf die fehlende historische Aufarbeitung der KZ-Todesmärsche hin, der mehrere hunderttausend Häftlinge auf den Straßen des Deutschen Reichs zum Opfer fielen. [3]

Am 17. Januar 2006 appellierte Arno Lustiger durch einen von ihm verfassten Aufruf [4] an Freunde und Bekannte, die für den 20. Januar 2006 in der Frankfurter Heilig-Geist-Kirche geplante Vorstellung des Buches von Rupert Neudeck „Ich will nicht mehr schweigen. Über Recht und Gerechtigkeit in Palästina“ zu verhindern. Dieser Aufruf hatte Erfolg, weil die evangelische Kirche den dafür vorgesehenen Saal plötzlich nicht mehr zur Verfügung stellen wollte. Lustiger bezeichnete die für die Veranstaltung vorgesehenen Redner als „eigentümliche Gestalten“ und hielt sie offensichtlich für Feinde Israels.

Am 10. September 2006 erschien ein Essay von ihm, leicht gekürzt, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Das Essay trägt den Titel Dichtung und Wahrheit? Nein, Schummelei! Es handelt sich um Anmerkungen zum jüngsten Buch von Günter Grass. Lustiger übt darin beredte Kritik an Günter Grass, ohne ihn jedoch zu verdammen. Der ungekürzte Text ist auf den Seiten des Fritz-Bauer Institutes zu finden. [5]

Werke [Bearbeiten]1994 – Sog nit kejnmol – Lieder des jüdischen Widerstandes
1998 – Schalom Libertad! Juden im Spanischen Bürgerkrieg
1998 – Rotbuch: Stalin und die Juden Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden, Aufbau-Verlag Berlin
2002 – Zum Kampf auf Leben und Tod. Das Buch vom Widerstand der Juden 1933–1945
2002 – Wir werden nicht untergehen. Zur jüdischen Geschichte
2004 – Sing mit Schmerz und Zorn, Aufbau-Verlag
2004 – B. Kerski, J. Skibinska (Hrsg.): Ein jüdisches Leben im Zeitalter der Extreme. Gespräche mit Arno Lustiger, fibre-Verlag
2006 – Renate Kingma, Spuren der Menschlichkeit, Hilfe für jüdische Frankfurter im Dritten Reich, Mit einem Geleitwort von Arno Lustiger, CoCon-Verlag Hanau 2006
Das wird dir niemand glauben in: Martin Doerry (Hg): Nirgendwo und überall zu Haus. Gespräche mit Überlebenden des Holocaust DVA, München 2006 ISBN 3421042071 (auch als CD) S. 142 – 151

Auszeichnungen [Bearbeiten]1999 – Moses-Mendelssohn-Medaille
1999 – Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main
1999 – Bundesverdienstkreuz Erster Klasse der Bundesrepublik Deutschland
2000 – Internationaler Brückepreis Görlitz
2001 – Heinz-Galinski-Preis (gemeinsam mit Wolf Biermann)
2002 – Aufbau-Kulturpreis
2003 – Ehrendoktorwürde der Universität Potsdam
2007 – Professortitel des Landes Hessen

Literatur [Bearbeiten]Das wird dir niemand glauben in SPIEGEL, 23. Januar 2006, S. 138-142
Sing mit Schmerz und Zorn – Ein Leben für den Widerstand, Berlin 2004.

Rezensionen [Bearbeiten]Rotbuch: Stalin und die Juden von Herbert Mayer

Quellen [Bearbeiten]↑ Arno Lustiger: Mein Cousin, der Kardinal in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 182 vom 8. August 2007
↑ Gastprofessur am Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main
↑ Pressedienst des Deutschen Bundestages: Rede von Professor Arno Lustiger bei der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus am 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
↑ Aufruf vom 17.1.2006
↑ Anmerkungen zu Günter Grass Buch Das Häuten der Zwiebel

Weblinks [Bearbeiten]Literatur von und über Arno Lustiger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
TEILDOKUMENT: Arno Lustiger: Jüdische Kultur in Ostmitteleuropa am Beispiel Polen

Personendaten
NAME Lustiger, Arno
ALTERNATIVNAMEN Dr. h.c. Arno Lustiger
KURZBESCHREIBUNG deutsch-jüdischer Historiker und Schriftsteller
GEBURTSDATUM 7. Mai 1924
GEBURTSORT Bedzin, Polen

Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Arno_Lustiger“
Kategorien: Historiker | Autor | Literatur (20. Jahrhundert) | Literatur (Deutsch) | Essay | Deutscher | Person des Judentums | Deutschsprachige Emigration | Mann | NS-Opfer | Opfer des Holocaust | Geboren 1924

Diese Seite wurde zuletzt am 26. August 2007 um 13:38 Uhr geändert. Ihr Inhalt steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.
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