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QUELLE: Hamburger Abendblatt
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900 bis 1200 Scriptschreiber arbeiten Vollzeit oder auch nebenberuflich
Gute Drehbücher sucht das Fernsehen
Produzenten und Sender brauchen Nachschub für Serien, Telenovelas und Krimireihen.
Von Karolin Jacquemain
Hamburg –
Ein Drehbuch, ob gut oder schlecht, spielt für den fertigen Film eine zentrale Rolle. Was wie ein Gemeinplatz klingt, dem wohl niemand widersprechen würde, wird in der Praxis zuweilen sträflich vernachlässigt. Die Gründe dafür sind vielfältig – und schon oft benannt: zu wenig Geld, zu wenig Zeit, zu wenig Mut. Für gute Drehbücher braucht es mehr als gute Autoren.
„Ich finde schon, dass die Sender mutiger sein könnten“, sagt Vivien Hoppe, Absolventin der Drehbuchklasse der Hamburg Media School (HMS). „Es gäbe sicher mehr innovative, gute Ideen, wenn die Autoren damit Geld verdienen würden. So müssen sie, um die Miete reinzubekommen, meistens den altbekannten Kram für die Sender schreiben – und es bleibt keine Zeit für neue, spannende Sachen“, sagt Hoppe. Die 30-Jährige hat schon während ihrer zweijährigen Ausbildung für die mehrfach ausgezeichnete ARD-Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“ geschrieben. Seit Kurzem arbeitet sie außerdem als Autorin für „Doctor’s Diary“, eine Serie mit Romantic-Comedy-Elementen, die RTL nächstes Jahr ausstrahlt. Hoppes Einstieg in den Beruf war glücklich: Schon jetzt kann sie es sich leisten, Angebote, die sie nicht interessieren, abzulehnen; sie verdient mittlerweile besser als in ihrem früheren Job als Werbetexterin. Für ihre fünf Mitabsolventen läuft es etwas schwieriger an. „Die Anfragen kommen meist erst dann, wenn man den Namen schon im Abspann gelesen hat“, sagt Hoppe.
Der Markt kann die große Anzahl an Nachwuchsautoren, die zum Beispiel von den renommierten Filmhochschulen in Hamburg, Berlin, München oder Ludwigsburg kommen, nicht alle aufnehmen – was nicht gegen eine gute Ausbildung spricht, sondern im Gegenteil stark dafür: Leute, die etwas auszudrücken haben und wissen, wie sie das tun, werden nach wie vor händeringend gesucht. Derzeit arbeiten laut Henner Merle, Justitiar im Verband Deutscher Drehbuchautoren, zwischen 900 und 1200 Autoren im Drehbuchbereich, sowohl Vollzeit als auch nebenberuflich.
Die Bereitschaft der Sender und Produzenten ist groß, neue Autoren kennenzulernen: Sie brauchen Leute, mit denen sie Serienstoffe entwickeln können, und solche, die die altbewährte Brot-und-Butter-Kost bedienen: Die vielen Daily Soaps und Telenovelas haben nach wie vor Bedarf, mit Krimistoffen läuft man als Autor offene Türen ein. Geschichten, die nicht der reinen Unterhaltung dienen, haben es hingegen schwer – nur wenige Sendeplätze, wie beispielsweise „Das kleine Fernsehspiel“ des ZDF, bieten Autoren und Regisseuren die Möglichkeit für fiktionale Experimente.
Drehbuchautor Richard Reitinger, der zusammen mit dem Produzenten Hubertus Meyer-Burckhardt das Filmstudium der HMS leitet, schätzt die Qualität deutscher Fernsehdrehbücher dennoch als „relativ hochwertig und meist angemessen“ ein. Jeder Auftraggeber bekomme schließlich die Drehbücher, die er bestellt habe – trotzdem könne man vieles verbessern: das Budget erhöhen zum Beispiel, das für die Drehbücher in der Regel maximal fünf Prozent des Gesamtbudgets vorsieht – in Amerika ist der Prozentsatz mehr als dreimal so hoch. Die Folge: Es werden mehr Fassungen geschrieben. „Wenn man mich fragt, wie man die Qualität der Drehbücher verbessern kann, wäre die Antwort immer: noch eine Fassung schreiben, noch mehr recherchieren. Für einen komplexen Film braucht man auch mal ein Jahr Zeit“, sagt Reitinger.
Gute Drehbücher sind Mangelware – warum liest man diesen Satz so häufig von Produzenten, Redakteuren oder Schauspielern? Reitinger hält das für ein „speziell deutsches Phänomen“: „Bei uns zählt Film nicht zur Hochkultur. Das macht es schwer, gute literarische Autoren zum Film zu bringen.“ Hinzu kommt, dass ein Drehbuch nur selten werkgetreu verfilmt wird; schreibt ein Autor einen Roman oder ein Theaterstück, arbeiten deutlich weniger Leute am Inhalt mit. Jeder Drehbuchautor wird mit einer Reihe von Änderungswünschen konfrontiert – schließlich investieren viele Leute viel Geld und sind auf gute Quoten beziehungsweise gute Rendite angewiesen. „Wer damit nicht klarkommt, wird in dem Beruf nicht glücklich werden. Mit einem Drehbuch liefert man nun mal kein Endprodukt ab“, sagt Reitinger. Mit der Zeit lernt der Autor diesen Spagat: Weder auf der eigenen Fassung zu beharren, noch blind den Vorschlägen der anderen zu folgen – egal, wie mächtig sie sind. „Aufgabe des Autors ist es, einen ,dritten Weg‘ zu finden“, sagt Reitinger. „Wenn es gelingt, bringt man eine neue Ebene in das Drehbuch – und ich habe die Erfahrung gemacht, dass alle für Überraschungen zu haben sind.“
Gute Autoren zum Fernsehen zu holen, sie zu fördern, das sollte Aufgabe all jener sein, die Stoffe fürs Fernsehen entwickeln. Alle wissen das, einige scheinen es manchmal zu vergessen. „Der Autor hat eine relativ schwache Position. Ich konnte bestimmte Stoffe nur durchsetzen, weil ich einen starken Regisseur an meiner Seite hatte.“ Das sagt Rolf Basedow, langjähriger Drehbuchautor, der unter anderem die Figur des Kommissars Sperling (Dieter Pfaff) mitentwickelt hat. Mit Regisseur Dominik Graf arbeitet er seit vielen Jahren zusammen, gerade an einer achtteiligen Serie über russische Kriminalität in Berlin. Der Autor als Schlusslicht in der Hierarchie-Kette – auch hier unterscheidet sich Deutschland grundlegend von Amerika, wo die Autoren oft gleichzeitig die Produzenten sind. Hier muss das Autoren-Ego gelegentlich sogar damit leben, dass das fertige Werk mit dem Slogan „Ein Film von“ verkauft wird – selbstredend steht hinter jenem ,von‘ der Name des Regisseurs, nicht der des Autors. „Aus meiner Sicht ist der Autor der Komponist und der Regisseur der Dirigent eines Films“, sagt Reitinger dazu. „Aber wenn Karajan Don Giovanni von Mozart dirigiert, käme niemand auf die Idee zu titeln: ,Don Giovanni von Karajan‘ – ,Außer Karajan selbst‘, hat mir mal ein Regisseur geantwortet.“
Im besten Fall – und der passiert glücklicherweise doch nicht allzu selten im deutschen Fernsehen – trifft ein gutes Drehbuch auf einen guten Redakteur auf einen guten Regisseur. Und für die anderen Fälle hilft es, sich als Autor zu sagen: Wenn die anderen schreiben könnten, dann würden sie es tun.
erschienen am 28. Juli 2007
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