PRESSE-SCHAU- Lewis Libby ist frei – weil Bush es will

Quelle – ZEIT-online, Teil I – oder gleich bei der ZEIT-online lesen – geschrieben von einer ausgewiesenen USA-Kennerinnen, einer hochengagierten Journalistin,
die das von FEMINISSIMA oft zitierte Sachbuch verfasst hat: AMERICA UND DER HOLOCAUST ( Knaur)
Gnadenakt erzürnt Amerika
Von Eva Schweitzer

Dick Cheneys Stabschef Lewis Libby muss nicht ins Gefängnis, dank eines Straferlasses durch Präsident Bush. Seitdem tobt das Land, mehr als über Paris Hilton.

Frei, auf Wunsch des Präsidenten: Lewi Libby

Lewis Libby ist frei, und Amerika ist darüber zerrissen. Präsident George W. Bush hat dem früheren Stabschef seines Vizepräsidenten Dick Cheney seine zweieinhalbjährige Haftstrafe erlassen, Libby muss lediglich seine Geldstrafe von 250.000 Dollar zahlen, für die der republikanische Präsidentschaftskandidat Fred Thompson bereits Spenden sammelt.

Über den Präsidenten brach deswegen eine Welle der Empörung herein, viele Republikaner allerdings stellten sich auf seine Seite. Legal ist das alles ohnehin: Nach amerikanischen Recht kann der Präsident jederzeit eine Begnadigung aussprechen. Üblich ist aber, dass er dies erst zum Ende seiner Amtszeit tut, und auch, dass der Verurteilte zumindest einen Teil der Strafe absitzt.

Libby war im Frühjahr verurteilt worden, weil er vor einem Geschworenengericht gelogen hatte; es ging um seine Rolle bei der Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame. Plame hatte für die CIA-Tarnfirma Brewster-Jennings gearbeitet, die den Schmuggel mit Nuklearmaterial zu unterbinden versuchte. Im Juli 2003 hatte Plames Ehemann, der ehemalige Diplomat Joseph Wilson, Cheney in der New York Times vorgeworfen, dieser habe gelogen, was Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen angehe. Daraufhin wurde Plames Name an die Presse gestreut, aus Rache an ihrem Mann, wie das Ehepaar vermutete.

Da es aber verboten ist, eine CIA-Agentin zu enttarnen, begann Staatsanwalt Patrick Fitzgerald zu ermitteln. Er lud Journalisten vor, letztlich gab Judith Miller, eine Korrespondentin der New York Times, Libbys Namen preis. Der wurde jedoch nicht wegen des Lecks verurteilt — das wohl auf andere Regierungsmitglieder zurückgeht, wie Außenamtsvize Richard Armitage und Bushs rechte Hand Karl Rove —, sondern weil er sich in Widersprüche verwickelt hatte. Schon damals wurde vermutet, der eigentliche Schurke sei Dick Cheney selbst. Was jedoch nie bewiesen wurde.

Libby war eine graue Eminenz im Weißen Haus, loyal zu Cheney, und verbunden mit dem ehedem sehr einflussreichen neokonservativen Netzwerk, das sich in Think Tanks wie dem „American Enterprise Institute“ oder dem „Project For a New American Century“ zusammenfindet. Deren langer Arm in das Pentagon war das „Office of Special Plans“, eine Spionageeinheit, die von Douglas Feith geleitet wurde. Aus diesem Dunstkreis wurde auch die Disinformation über irakische Massenvernichtungswaffen verbreitet, die mit zur Begründung des Irakkriegs diente. Dass jemand wie Libby fallengelassen würde, schien deshalb unwahrscheinlich.

Und tatsächlich: Kurz nachdem er aufgefordert worden war, seine Haft anzutreten und sein Einspruch zurückgewiesen worden war, erließ ihm Bush die Haft — aus „Mitgefühl“, wie er sagte. Er wolle keine unbillige Härte für Libbys Frau und seine Kinder verursachen. Seitdem tobt Amerika über diese Entscheidung, mehr noch als über die milde Behandlung der Party-Göre Paris Hilton.

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