PRESSE-SCHAU- Rhetorik-Fieslings-Training /2/07

Aha. Alles kein Zufall. Wenn du manchmal denkst, so fies kann doch gar kein Mensch sein. Vielleicht hat auch Bohlen so ein Seminar besucht…

„Schwarze Rhetorik“ genannt, oder how to learn, den anderen restlos fertig und mundtot zu machen.

Als gäbe es nicht bereits längst Mobbing…!

Für teures Geld werden solche „Rhetorik-Kurse“ angeboten:

Dazu ein KRITISCHER KOMMENTAR aus

www.glocialist-review.com
Wien/Tübingen (26.2.07): Das Global Competence Forum bietet Power-Rhetorik Kurse für Wirtschaft und Politik an. Was sind die Ursachen und Folgen von Seminaren in denen man durch „schwarze Rhetorik“ fit wird? Ein kritisches Kommentar von Corinna Meukow.

„Nie wieder sprachlos!“ heißt das Seminar, welches man in diesem Jahr beim Global Competence Forum besuchen kann und ist gleichzeitig das Versprechen von „Top-Schlagfertigkeitstrainer Dr. Karsten Bredemeier“. Das Global Competence Forum organisiert Konferenzen und Trainings zu aktuellen Managementthemen sowie internationale Fach- und Länderseminare. Es sollen Fähigkeiten vermittelt werden, die immer wichtiger würden im Geschäftsleben und der Politik, nämlich „souverän in harten Diskussionen“ zu bleiben und den „Umgang mit provokanter Rhetorik“ zu beherrschen. Die Teilnehmer sollen so „aktiv an ihre persönliche Performance herangeführt werden“. „Kombination aus verbaler und nonverbaler Sprache“, „Gespräche erfolgreich lenken“ und „schlagfertig zurückschlagen“ sollen die Schlüssel zum Erfolg sein.

Empfohlen wird in Ergänzung das Seminar „Schwarze Rhetorik“. Auch dieses zweitägige Seminar wird angeboten vom Global Competence Forum und kostet ebenfalls 890 Euro pro Seminartag. Aber immerhin, wenn man sie zusammen bucht erhält man 5% Rabatt.

„Schwarze Rhetorik“ scheint noch einen Schritt weiter zu gehen und wird anscheinend berechtigterweise als „Hexenwerk“ tituliert. „Schwarze Rhetorik“, so heißt es in der Broschüre, „ist die Instrumentalisierung der Rede mit verbalen Tretminen und gewürzt mit Worten. Es ist die Macht und Magie der sprachlichen Werkzeuge, so zu argumentieren oder zu disputieren, zu lamentieren, akzentuieren, dozieren oder zu diskutieren, dass der Wortführer Recht behält. Schwarze Rhetorik ist ein Rauschmittel und schlägt Wunden, die niemals vernarben.“

Bravo, das ist genau die Kommunikationskultur, die in unserer Gesellschaft, in der, wie eine Studie von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin belegt, mehr als 11,3 % der Erwerbstätigen in Deutschland schon mindestens einmal von Mobbing betroffen waren, noch fehlt!? Wohl eher nicht.

Die Seminare werden auch kaum eine positive Wirkung entwickeln, wenn sie von PolitikerInnen, die zum expliziten Klientel gezählt werden, besucht werden. Dem politischen System, welches ohnehin schon in einer Kommunikationskrise steckt, wäre mit diesen Kursen sicherlich nicht geholfen.

Auch die herrschende Politikverdrossenheit wird sicherlich nicht abgebaut, wenn Politiker weiterhin nur bestrebt sind den Bürgern ihren politischen Willen zu „designen“ und verkaufen um auch ja gewählt zu werden, anstatt ihre in der Verfassung verankerte Aufgabe wahrzunehmen an der politischen Bildung der Bevölkerung teilzunehmen. Dann müsste das Seminar schon wirklich magische Wirkung beweisen um die PolitikerInnen zu solchen Demagogen zu schulen, dass sie uns ihren Willen so subtil einflößen und erfolgreich verkaufen können, dass alle damit glücklich werden.

Oder wäre beispielsweise das Konzept der deliberativen, also beratschlagenden, überlegenden Demokratie von dem Philosophen Jürgen Habermas doch wünschenswerter? Konstitutives Merkmal dieses Konzeptes ist die politische Partizipation der Zivilgesellschaft durch einen diskursiven Prozess. Soll sich dieser Prozess etwa in „schwarze Rhetorik“ gehüllt sein? Es ist schon richtig: Kommunikation besitzt Macht, das hat auch Habermas erkannt. Doch plädiert dieser für eine sinnvollen Umgang mit dieser, indem sie die Zivilgesellschaft verwendet um diskursiv auf politische Entscheidungsprozesse einwirken zu können.

Er unterscheidet zwischen kommunikativem Handeln und strategischem Handeln. Ersteres ist auf eine wirkliche Verständigung ausgerichtet, im Gegensatz zum letzteren, welches hauptsächlich den eigenen Standpunkt durchsetzen möchte, indem es das Gegenüber beeinflusst und ihm die eigenen Ziele aufdrängt, wie es wohl die „schwarze Rhetorik“ intendiert. In einer Demokratie wird die Notwendigkeit des kommunikativen Handelns deutlich, da nur dort offene und produktive Diskussionen entstehen können, welche für politische Entscheidungsprozesse wertvoll wären.

Kriterien für eine „Kommunikation à la Habermas“ finden sich in seiner Diskursethik und seiner Beschreibung der idealen Sprechsituation. Diese entsteht unter den Bedingungen der Öffentlichkeit, Gleichverteilung der Kommunikationsrechte, Gewaltlosigkeit und Aufrichtigkeit, welche jedoch keine reale Situation beschreibt sondern als Idealtyp eine Orientierung darstellen soll. Ähnliches findet sich in seiner Diskursethik, welche sich allerdings allgemeiner auf Moralprinzipien des menschlichen Zusammenlebens beziehen, welche die Anerkennung des Anderen, die Gewaltfreiheit der Kommunikation und die Bereitschaft zur Problemlösung und Normenbegründung durch freie und gleiche Diskurse.

Diese Prinzipen stehen wohl eindeutig im Wiederspruch zu den Zielen, die in den Rhetorikseminaren vom Global Competence Forum erreicht werden sollen.

Dem Unternehmen ernsthaft zu unterstellen Demagogen ausbilden und Mobbing unterstützen zu wollen, ist trotzdem nicht die Absicht dieses Kommentars, da dies mit Sicherheit nicht der Fall ist. Im Gegenteil werden die Kunden der Seminare eher als Opfer von fiesen und hinterhältigen rhetorischen Angriffen dargestellt, gegen die sie sich zu wehren lernen sollen.

„Da gelingt es Gesprächspartnern immer wieder, andere zu Ergebnissen zu bewegen, die diese eigentlich ablehnen.(…) Geben Sie die Zügel nicht aus der Hand“, seinen sie „nie wieder sprachlos“, heißt es in der Informationsbroschüre und es wird versprochen eben diese manipulativen Fähigkeiten gegen die man sich wehren muss in ihren Seminaren zu vermitteln, natürlich nur als Selbstverteidigung.

Außerdem heißt es: „Wer heute ein Kommunikationsseminar besucht, legt vielfach Wert auf ein ehrliches, von Glaubwürdigkeit getragenes, durch Toleranz und Wahrheit geprägtes Gespräch. Doch der Alltag lehrt uns oft gerade das Gegenteil.“ Dem Unternehmen ist also der Wert der Prinzipien von offenen Gesprächen durchaus bewusst, erkennt aber gleichzeitig den Mangel an diesen in der aktuellen Praxis. Somit sind ihre Seminare als bloße Reaktion auf die derzeitige Funktionalisierung von Diskussionen zu betrachten.

Es bleibt trotzdem zu Fragen wie diese Reaktion zu bewerten ist. So erscheint es mir wesentlich sinnvoller zu versuchen, sich nicht gegen Strukturen, wie manipulative Rhetorik, zu wehren indem man sie durch ihre Anwendung selbst reproduziert und verfestigt, sondern zu verhindern, dass sie sich weiter manifestieren indem man ihnen durch sein eigenes Handeln entgegenwirkt.

Um Karriere zu fördern und seine Ziele im Berufsleben möglichst effizient durchzusetzen erscheinen diese Softskills als notwendig. Man sollte sich allerdings nicht täuschen lassen und diese Fähigkeiten mit dem Erlernen von kommunikativem Handeln bzw. offner Kommunikation, die durch machtfreie Diskussionen gemeinsame Lösungsansätze sucht, verwechseln.

Auch sollte die „schwarze Rethorik“ nicht als alternativlos hingenommen werden, da offene Kommunikation weiterhin als idealwert auch reale Erfolge verspricht. Eine offene Kommunikationskultur vermag es langfristig und nachhaltig sowohl persönliche und berufliche Ziele zu verwirklichen als auch das politische System ein Stück weit aus seiner tiefen Krise zu lösen.

Autor: Redaktion Glocalist (redaktion@glocalist.com)

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