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Nach dem Tod von Agent Litwinenko
Drei Briten unterziehen sich Strahlentest
Nach dem Tod des vergifteten russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko müssen sich drei Menschen in einer britischen Spezialklinik radiologischen Untersuchungen unterziehen. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, um eine Verstrahlung oder radioaktive Vergiftung der Betroffenen mit Sicherheit ausschließen zu können, sagte eine Sprecherin der Gesundheitsschutzbehörde HPA. Bei 15 weiteren Personen wurden zudem Routinemaßnahmen wie etwa Urinproben angeordnet.
Im Körper des früheren KGB-Agenten Litwinenko waren Spuren der hoch radioaktiven Substanz Polonium 210 gefunden worden. Äußerst giftige Rückstände wurden auch in seiner Wohnung entdeckt sowie in einem Restaurant und einem Hotel, in dem er sich aufgehalten hatte. Bislang wurde die Leiche des Spions noch nicht obduziert, da es Bedenken wegen der Gefährlichkeit der Radioaktivität in dem Körper gibt.
Die Behörden forderten alle Bürger auf, eine eigens eingerichtete Notrufnummer zu wählen, falls sie ebenfalls an denselben Orten wie Litwinenko waren. Neben den 18 Betroffenen, die jetzt genauer untersucht werden, meldeten sich aus Sorge um ihre Gesundheit noch etwa 450 andere Menschen unter der Nummer.
Reid: Weitere Spuren von Radioaktivität
John Reid, britischer Innenminister]
Nach Angaben des britischen Innenministers John Reid wurden inzwischen weitere Spuren von Radioaktivität an mehreren Orten in London gefunden. Es gebe aber keinen Grund für einen öffentlichen Alarm, sagte Reid dem Parlament.
Der Rat des Londoner Stadtteils Camden, der für die Gerichtsmedizin im Norden der Hauptstadt zuständig ist, kündigte eine gerichtliche Untersuchung von Litwinenkos Tod an. Das Verfahren könnte schon am kommenden Donnerstag beginnen, dürfte sich dann allerdings über Monate hinziehen. Derzeit behandelt die Polizei den Fall nicht als Mord, sondern als „Tod unter verdächtigen Umständen“.
Systematische Verfolgung von Yukos-Mitarbeitern?[Bildunterschrift: Galt als reichster Mann Russlands: Ex-Jukos-Chef Michail Chodorkowski (Archivbild Oktober 2003)]
Der Fall Litwinenko zieht aber möglicherweise weitere Kreise: Der Ex-Spion habe Hinweise zur systematischen Verfolgung von Mitarbeitern des Ölkonzerns Yukos durch die russische Regierung gesammelt, berichtete die britische Tageszeitung „The Times“ unter Berufung auf ungenannte Ermittler. Wenige Wochen vor seinem Tod habe der 43-Jährige dem früheren Yukos-Vize Leonod Newslin in Israel brisante Unterlagen über die Kreml-Übernahme des russischen Energiekonzerns übergeben.
Litwinenko habe in der fraglichen Akte „alarmierende“ Beweise darüber gesammelt, was mit Yukos-Mitarbeitern geschehen sei, die sich gegen die Zerschlagung des Konzerns gewandt hatten. Demnach gälten mehrere Menschen aus dem Umfeld des Unternehmens inzwischen als vermisst oder seien unter ungeklärten Umständen verstorben. Andere, wie Yukos-Gründer Michail Chodorkowski, seien im Gefängnis gelandet.
„Verbrechen mit Beteiligung der russischen Regierung“[Bildunterschrift: Alles unter Kontrolle? Der Kreml in Moskau]
Newslin, der aus Russland geflohen sei und mittlerweile in Tel Aviv lebe, sagte der „Times“, Litwinenko habe Informationen über „Verbrechen mit direkter Beteiligung der russischen Regierung“ gehabt.
Nach einem Streit um Steuerzahlungen war der Yukos-Konzern bereits vor rund zwei Jahren de facto zerschlagen und Ende März einem Konkursverwalter unterstellt worden. Beobachter vermuteten dahinter politische Gründe. Der als Kreml-kritisch bekannte Chodorkowski verbüßt derzeit eine Haftstrafe in einem sibirischen Straflager.
Gespannte Beziehungen zu Moskau
Der britische Nordirlandminister Peter Hain räumte ein, die Beziehungen zwischen London und Moskau seien in Folge des Falles gespannt. Die oppositionellen Konservativen forderten die Regierung von Premierminister Tony Blair auf, im Parlament darzulegen, was sie von dem Fall wisse und wie das radioaktive Gift Polonium-210 nach Großbritannien gelangen konnte.
Quelle: tagesschau.de