Teil I und Teil II
AMNESTY INTERNATIONAL LEGT BERICHT VOR.
Eine Zusammenfassung aus Informationen von ard-online.de
Teil I – Kriegsverbrechen Israels
Teil II – Kriegsverbrechen der Hisbollah lt.ai
TEIL I vom 24. August 2006
Bilanz des Libanon-Feldzuges
Amnesty: Israel griff vorsätzlich zivile Ziele an
Während des Libanon-Feldzuges habe die israelische Armee bewusst zivile Ziele angegriffen – behauptet die Menschenrechtsorganisation amnesty international. Es sei beispielsweise kein Zufall, dass die Supermärkte in allen Dörfern des ehemaligen Kampfgebietes zerstört seien.
Von Carsten Kühntopp, ARD-Hörfunkstudio Amman
Grafik: Israelischer Luftangriff auf das libanesische Dorf Al Khiam am 8. August 2006]
Der Vorwurf von amnesty international wiegt schwer: Während der Offensive gegen Hisbollah habe Israel vorsätzlich zivile Ziele angegriffen – und zwar als Teil der militärischen Strategie. Die Angriffe auf die Infrastruktur des Libanon seien wahllos und unverhältnismäßig gewesen und stellten damit ein Kriegsverbrechen dar. amnesty zieht Bilanz: Bei mehr als 7000 Luftangriffen und 2500 Angriffen von See kamen etwa 1200 Menschen ums Leben, ein Drittel davon Kinder, eine Million Menschen wurden zu Flüchtlingen gemacht. Zerstört wurden etwa 15.000 Häuser und Wohnungen, mindestens 25 Tankstellen, zwei Krankenhäuser, 900 Geschäfte oder Produktionsstätten, 80 Brücken und 90 Straßen, außerdem Brunnen, Wasserleitungen und -pumpen, Kläranlagen, Kraftwerke und Umspannstationen, ein Leuchtturm sowie die größte Meierei des Landes.
Häuser bewusst zum Einsturz gebracht:
Aus Sicht von amnesty war es gerade die hohe Treffgenauigkeit der eingesetzten Munition, die jetzt beweist, dass die Schäden an zivilen Einrichtungen nicht ungewollte Kollateralschäden, sondern beabsichtigt waren und zur Taktik der Armee gehörten. Auffällig sei zum Beispiel, dass viele Häuser allein dadurch zum Einsturz gebracht wurden, indem einzelne tragende Pfeiler beschossen wurden und das Gebäude dann unter seinem eigenen Gewicht zusammenklappte. Dies zeigt aus Sicht der Menschenrechtler, dass eben genau dieses Gebäude auch getroffen werden sollten.
Supermärkte zerstört:
Im Süden des Libanon, so amnesty, gebe es kein Dorf mehr, in dem nicht immer auch der örtliche Supermarkt angegriffen worden sei. Es gebe sogar Dörfer, in denen nur der Supermarkt zerstört worden sei. Gleiches gelte auch für die Angriffe auf Tankstellen, Pumpwerke oder Geschäfte: Immer seien die Schläge sehr präzise gewesen.
Das Argument der Israelis, die Hisbollah Miliz habe Zivilisten und zivile Einrichtungen als Schutzschilde benutzt, lässt amnesty international nicht gelten. Wegen des Musters und des Umfangs der Angriffe, der Zahl der Zivil-Opfer und des Ausmaßes der Zerstörung sei diese Behauptung unglaubwürdig.
Wollte Israels Armeeführung Bevölkerung bestrafen?Amnesty stützt sich auch auf Äußerungen israelischer Regierungssprecher und Armeevertreter, die angeblich ebenfalls zeigen, dass die Angriffe auf zivile Einrichtungen vorsätzlich waren. So hatten Reporter bei einem Briefing der israelischen Armee am 24. Juli erfahren, dass Generalstabschef Dan Halutz angeordnet habe, für jeden Katyusha-Angriff auf Haifa zehn Gebäude in Beirut zu zerstören. In einem Zeitungsinterview hatte Halutz gedroht, wenn Libanon sich nicht von dem „Krebsgeschwür Hisbollah“ trenne, werde das Land „einen sehr hohen Preis dafür bezahlen“. Offenbar, so amnesty international, habe Israel eine Politik der Bestrafung gegenüber der libanesischen Bevölkerung verfolgt, damit die Menschen sich gegen die Hisbollah wenden würden. Dies könne aber kein legitimes oder legales Ziel der Kriegsführung sein, denn dann, so amnesty, gäbe es „Krieg ohne Grenzen“.
Hisbollah-Angriffe noch nicht untersuchtGegenstand des amnesty-Berichts war ausschließlich Israels Offensive und nicht die Aktionen von der Hisbollah. Mit denen, so amnesty, beschäftige man sich an anderer Stelle.
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Menschenrechtsorganisation legt heute, 14. 9. 2006, Bericht vor:
ai wirft Hisbollah Kriegsverbrechen vor
[Bildunterschrift: Einschlag einer Rakete der Hisbollah in Naharija im Norden Israels. (Archiv)]
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat der radikal-schiitischen Hisbollah Kriegsverbrechen im Konflikt mit Israel vorgeworfen. Die Milizen hätten gezielt Zivilisten mit Raketen beschossen und dabei Streumunition eingesetzt, berichtete amnesty in London. Etwa ein Viertel der 4000 Raketen, welche die Hisbollah während des jüngsten Kriegs auf Israel abgefeuert habe, seien in Wohngebieten eingeschlagen.
Keine Rechtfertigung für Verhalten der Hisbollah
[Bildunterschrift: Streubombe, markiert von rot bemalten Felsstücken. (Archiv)]
Deshalb bestehe kein Zweifel daran, „dass die Hisbollah gegen die Gesetze des Krieges verstoßen hat“, erklärte amnesty-Generalsekretärin Irene Khan. „Die Tatsache, dass auch Israel ernsthafte Verstöße begangen hat, rechtfertigt die Verstöße der Hisbollah nicht.“ Die Zivilbevölkerung dürfe dafür nicht den Preis bezahlen. Vor drei Wochen hatte amnesty Israel ähnlicher Vergehen beschuldigt. Die Regierung hat den Vorwurf gezielter Angriffe auf Zivilisten aber zurückgewiesen.
Verluste auf beiden Seiten.
In dem 34-tägigen Krieg starben mehr als 1350 Menschen. Die meisten Opfer waren Zivilisten im Südlibanon. Auf israelischer Seite wurden 150 Menschen getötet, die meisten davon waren Soldaten. In Israel entstand durch die Hisbollah-Raketen ein Schaden von 1,8 Milliarden Dollar, im Libanon betrugen die Kriegsschäden nach Schätzungen 3,5 Milliarden Dollar.
Amnesty rief die Vereinten Nationen dazu auf, mögliche Kriegsverbrechen von beiden Konfliktparteien zu untersuchen.