PRESSE: Berlin: Täter ist verurteilter Schläger

Immer wieder dasselbe BILD in bezug auf „Problem-Familien“ – die Behörden wissen Bescheid und schützen die Kinder nicht. Besonders krass die Lage in Berlin – dazu kommt, dass die Gelder für die Jugendhilfe weiter drastisch zusammengestrichen wird.
Es geht um den Fall des mißhandelten Zweijährigen vom Freund der Mutter – mehr:
Quelle: welt-online.de

Täter ist ein verurteilter Schläger
Im Fall des misshandelten Zweijährigen kritisiert der Kinderschutzbund den Senat
Von Peter Oldenburger

Im Fall des schwer misshandelten zweijährigen Jungen in Neukölln hat sich herausgestellt, dass der am Sonntag festgenommene Nevzat T. der Polizei als Gewalttäter bekannt ist. „Der 30-Jährige wurde wegen Körperverletzung mehrfach verurteilt“, bestätigte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Thiel. Die früheren Taten hätten sich indes nicht gegen Kinder gerichtet. Der Deutsche Kinderschutzbund kritisiert die anhaltenden Kürzungen im Bereich der Erziehungshilfen für Familien durch den Senat.

Juristisch sei die von T. begangene Tat als Misshandlung von Schutzbefohlenen einzuordnen, so Justizsprecher Thiel. Das Gesetz sieht dafür Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. In besonders schweren Fällen, wenn etwa schwere gesundheitliche Schäden zurückblieben, Strafen von einem bis zu 15 Jahren Gefängnis. Ob gegen die 31-jährige Mutter Heike D. ein Verfahren eröffnet wird, hängt von den Ermittlungen ab.

Der Zweijährige Asim-Leon wird im Vivantes Klinikum am Friedrichshain behandelt. Dort hieß es gestern, sein Zustand habe sich gebessert. „Es besteht keine Lebensgefahr mehr. Das Kind muss nicht mehr beatmet werden“, sagte Gisela Laske, Klinikdirektorin für Kinder- und Jugendmedizin. Offen bleibe indes die Frage möglicher Folgeschäden. Wie berichtet, hatte der Junge schwere innere Verletzungen sowie Blutergüsse erlitten und musste notoperiert werden.

Kritik übte Katrin Hentze, stellvertretende Geschäftsführerin beim Kinderschutzbund, an den unterschiedlichen Strukturen und der oft „komplizierte Erreichbarkeit der Jugendämter“ in den Bezirken. Den Senat kritisierte die Sozialpädagogin wegen der geplanten Einsparungen bei den Hilfen zur Erziehung um 33 Millionen Euro in den Haushaltsjahren 2006/07: „Damit wäre dieser Posten in nur fünf Jahren um fast 40 Prozent reduziert.“ Das Neuköllner Jugendamt hat unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, vorliegende Hinweise auf die Familie ignoriert zu haben. Jugendstadtrat Thomas Blesing (SPD): „Nach einem vagen Hinweis über die Lebensweise der Mutter hatten unsere Mitarbeiter sie bei zwei unangemeldeten Besuchen nicht angetroffen.“ Daraufhin sei sie schriftlich zur Meldung an einem Termin im August aufgefordert worden.

Für den gestrigen Tag war ein Hausbesuch bei der Mutter terminiert. Das Ergebnis werde Aufschluss über Handlungsbedarf geben, so der Dezernent. Da der Junge noch in klinischer Behandlung sei und der Zustand der beiden anderen Kinder als einwandfrei überprüft worden sei, bestehe kein Grund für weitere Maßnahmen.

Artikel erschienen am Mi, 2. August 2006