PORTRAIT: Peter Handke

Hier aktualisiert am 10. 6. 2006 – Nach all dem Streit- Handke will den Heinrich-Heine Preis nun nicht mehr:
Befreiungsschlag im Streit: Handke verzichtet auf Heine-Preis

Wegen der massiven Anfeindungen hat der österreichische Schriftsteller Peter Handke (63) auf den Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf verzichtet. Er wolle weder seine Person noch sein Werk weiterhin den „Pöbeleien“ von Lokalpolitikern ausgesetzt sehen, begründete Handke seine Entscheidung in einem am Donnerstag von der Stadt veröffentlichten Brief an den Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin.

Die von der Jury beschlossene und vom Stadtrat wieder in Frage gestellte Auszeichnung Handkes war wegen seines Eintretens für die serbische Politik und seiner Teilnahme an der Beerdigung des früheren Machthabers Slobodan Milosevic im In- und Ausland heftig kritisiert worden. Die Mehrheit aus SPD, FDP und Grünen im Düsseldorfer Rathaus hatte angekündigt, die Entscheidung der Preisjury zu kippen und die Vergabe an Handke abzulehnen.

Erwin kritisierte diese ablehnende Haltung gegenüber der Preisvergabe an Handke scharf. „Dass man einen freien Geist seitens der Politik derart undifferenziert und mit großer Ignoranz durch die Medienlandschaft hetzt, ist einmalig“, erklärte Erwin. Dies habe Handke nicht verdient. Er sei verständlich, dass er dieser „Hetzjagd“ habe ein Ende machen wollen. Er respektiere die Entscheidung, „gerade nach all dem, was in den letzten beiden Wochen über ihn hereingebrochen ist“, erklärte der Oberbürgermeister.

Die hoch angesehene politisch-literarische Auszeichnung, die Handke gern entgegengenommen hätte, solle in diesem Jahr überhaupt nicht vergeben werden, betonte Erwin. Jeder, der jetzt ausgewählt werde, müsse sich wie eine zweite Wahl oder als Favorit der politischen Korrektheit vorkommen, sagte er.

Handke-Kritiker hatten nach der Preis-Zuerkennung vor zwei Wochen unter anderem angeführt, dass der Schriftsteller unlängst auf der Beisetzung Milosevics gesprochen habe; der Österreicher sei deswegen eines ausdrücklich für Völkerverständigung vergebenen Preises, der zudem noch den Namen Heines trage, nicht würdig. Erst im Mai hatte deswegen die renommierte Comédie Franñaise in Paris das Handke-Stück „Spiel vom Fragen“ vom Spielplan genommen. Die Folge war eine Debatte um Zensur.

Er habe mit seiner Haltung für ein „endliches, allgemeines Auftauen“ der „gefrorenen Blicke und Sprache in Hinsicht auf das jugoslawische Problem“ sorgen wollen, erneuerte Handke in dem Brief an den Düsseldorfer Oberbürgermeister seine Argumentation, die ihn in die Mühlsteine zwischen Politik und Literatur haben geraten lassen.

Vorgeschlagen von Sigrid Löffler, einst Literaturkritikerin beim „Literarischen Quartett“, heute Herausgeberin des Magazins „Literaturen“, überstand Handke mehrere Wahldurchgänge gegen gut ein Dutzend Konkurrenten, unter ihnen Marcel Reich-Ranicki, Dieter Forte, Irene Dische, Wolfgang Büscher und Amos Oz. Sieben von elf Jury- Mitgliedern sollen am Schluss knapp für Handke gewesen sein, der im ersten Durchgang die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Stimmen nicht erreichte. Pikant und ein Fall für den Landtag: Der nordrhein-westfälische Kulturstaatsminister Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) war – ausgerechnet noch im publicityträchtigen 150. Todesjahr Heines – als zwölfter Juror der entscheidenden Sitzung fern geblieben.

Der Heine-Preis ist mit 50.000 Euro einer der höchstdotierten deutschen Literaturpreise. Er wird seit 1972 an Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen „den sozialen und politischen Fortschritt fördern, der Völkerverständigung dienen oder die Erkenntnis von der Zusammengehörigkeit aller Menschen verbreiten“.

Donnerstag, 8. Juni 2006/ Südtirol-online

Peter Handke

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Peter Handke (* 6. Dezember 1942 in Griffen, Kärnten) ist ein österreichischer Schriftsteller und Übersetzer.

1944-1948 lebten Peter Handke und seine Mutter in Ost-Berlin, sie übersiedelten dann zurück nach Griffen. Die zunehmende Trunksucht seines Stiefvaters Bruno Handke, eines Berliner Straßenbahnfahrers, und die regionale und soziale Beschränktheit der Lebensbedingungen im abgelegenen Griffen führten später zur ständigen Auflehnung Peter Handkes gegen Beschränkungen und Gewohnheiten.

1954 kam er ins Knabeninternat des katholisch-humanistischen Gymnasiums Tanzenberg. Während dieser Zeit veröffentlichte er erste literarische Texte für die Internatszeitschrift „Fackel“. 1959 wechselte er nach Klagenfurt und bestand dort 1961 die Matura. Im selben Jahr begann Handke Rechtswissenschaften in Graz zu studieren. Nach ersten literarischen Erfolgen schloss er sich dem „Forum Stadtpark der Grazer Gruppe“ an und brach 1965 das Studium ab, um sich ganz dem Schreiben zu widmen, nachdem der Suhrkamp Verlag sein Romanmanuskript Die Hornissen angenommen hatte.

1966 gelang ihm ein spektakulärer Auftritt beim Treffen der „Gruppe 47“ in Princeton, wo er sein provokantes Stück Publikumsbeschimpfung vorstellte. 1969 war er Gründungsmitglied des Frankfurter „Verlags der Autoren“ und von 1973-1977 Mitglied der Grazer Autorenversammlung. In den 80er Jahren bereiste er unter anderem Alaska, Japan und Jugoslawien.

1996 sorgte er mit der Veröffentlichung seines Reiseberichtes Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien, in dem er Serbien als Opfer westlicher Aggression darstellt, für heftige Kontroversen. Diese halten bis heute an. 2004 besuchte er Slobodan Milošević im Gefängnis in Den Haag. 2005 benannte ihn der jugoslawische Ex-Präsident, vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag des Völkermords und des Verbrechens gegen die Menschlichkeit angeklagt, als Zeugen zu seiner Verteidigung. Handke lehnte zwar ab, schrieb aber einen Essay mit dem Titel „Die Tablas von Daimiel“, der den Untertitel „Ein Umwegzeugenbericht zum Prozeß gegen Slobodan Milošević“ trägt. Am 18. März 2006 sprach Handke auf der Beerdigung von Slobodan Milošević vor mehr als 20.000 von dessen Anhängern. Er sagte dabei: Die so genannte Welt weiß die Wahrheit. Deswegen ist die so genannte Welt heute abwesend, und nicht bloß heute, und nicht bloß hier.[…] Ich weiß die Wahrheit nicht. Aber ich schaue. Ich höre. Ich fühle. Ich erinnere mich. Deswegen bin ich heute anwesend, nah an Jugoslawien, nah an Serbien, nah an Slobodan Miloševic. Wegen dieser Beleidsbezeugungen wurde am 27. April 2006 die für 2007 vorgesehenen Aufführung seines Werkes „Voyage au pays sonore ou l’art de la question“ von der Comédie française abgesetzt.

Handke lebte nach Graz in Düsseldorf und Berlin, Paris, Kronberg im Taunus, in den USA (1978-79), Salzburg (1979-88) und seit 1991 in Chaville bei Paris (Frankreich) und zeitweise in Salzburg. Er hat eine inzwischen erwachsene Tochter (Amina Handke, die Malerei und Visuelle Mediengestaltung studiert hat). Seit 2001 ist die Schauspielerin Katja Flint seine Lebensgefährtin.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]

1 Auszeichnungen

2 Werke

3 Übersetzungen

4 Zitate

4.1 Über Handke

5 Weblinks

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Auszeichnungen

1967 Gerhart-Hauptmann-Preis

1973 Schillerpreis der Stadt Mannheim

1973 Büchner-Preis

1978 Prix Georges Sadoul

1985 Literaturpreis der Stadt Salzburg

1995 Schiller-Gedächtnispreis

2004 Siegfried-Unseld-Preis

2006 Heinrich-Heine-Preis

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Werke

„Die Hornissen“, Roman, 1966

„Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke“, 1966, uraufgeführt unter der Regie von Claus Peymann

„Begrüßung des Aufsichtsrates“, 1967

„Der Hausierer“, 1967

„Kaspar“, 1967

„Deutsche Gedichte“, 1969

„Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt“, 1969.

„Prosa, Gedichte, Theaterstücke, Hörspiele, Aufsätze“, 1969

„Das Mündel will Vormund sein“, Regie: Claus Peymann, Theater am Turm, 1969

„Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“, Drehbuch, 1970, verfilmt von Wim Wenders, ORF, WDR, 1972

„Geschichten aus dem Wienerwald von Ödön von Horvath“, Nacherzählung, 1970

„Wind und Meer. Vier Hörspiele“, 1970

„Chronik der laufenden Ereignisse“, 1971

„Der Ritt über den Bodensee“,1971

„Der kurze Brief zum langen Abschied“, 1972

„Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms“, 1972

„Stücke 1“, 1972

„Wunschloses Unglück“, 1972

„Die Unvernünftigen sterben aus“, 1973, Regie: Horst Zankl, Zürich: Theater am Neumarkt, 1974

„Stücke 2“, 1973

„Als das Wünschen noch geholfen hat. Gedichte, Aufsätze, Texte, Fotos“, 1974

„Der Rand der Wörter. Erzählungen, Gedichte, Stücke“, 1975

„Die Stunde der wahren Empfindung“, 1975

„Falsche Bewegung“, 1975

„Die linkshändige Frau“, 1976, verfilmt 1977

„Das Ende des Flanierens. Gedichte“, 1977

„Das Gewicht der Welt. Ein Journal“, 1977

„Langsame Heimkehr“, 1979

„Die Lehre der Sainte-Victoire“, 1980

„Über die Dörfer“,1981

„Kindergeschichte“, 1981

„Die Geschichte des Bleistifts“, 1982

„Der Chinese des Schmerzes“, 1983

„Phantasien der Wiederholung“, 1983

„Die Wiederholung“, 1986

„Der Himmel über Berlin“, mit Wim Wenders, 1987

„Die Abwesenheit. Ein Märchen“, 1987, verfilmt in der Regie des Autors 1992

„Gedichte“, 1987

„Nachmittag eines Schriftstellers“, 1987

„Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land“, 1989

„Versuch über die Müdigkeit“, 1989

„Noch einmal für Thukydides“, 1990

„Versuch über die Jukebox“, 1990

„Abschied des Träumers vom Neunten Land“, 1991

„Versuch über den geglückten Tag. Ein Wintertagtraum“, 1991

„Die Stunde, da wir nichts voneinander wußten. Ein Schauspiel“, 1992, Uraufführung unter der Regie von Claus Peymann, Wien, Burgtheater, 1992

„Die Theaterstücke“, 1992

„Drei Versuche. Versuch über die Müdigkeit. Versuch über die Jukebox. Versuch über den geglückten Tag“, 1992

„Langsam im Schatten. Gesammelte Verzettelungen 1980-1992“, 1992

„Die Kunst des Fragens“, 1994

„Mein Jahr in der Niemandsbucht. Ein Märchen aus den neuen Zeiten“, 1994

„Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien“, 1996

„Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise“, 1996

„Zurüstungen für die Unsterblichkeit. Königsdrama“, Regie: Claus Peymann, Wien, Burgtheater, 1997

„In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus“, 1997

„Am Felsfenster morgens. Und andere Ortszeiten 1982 – 1987“, 1998

„Ein Wortland. Eine Reise durch Kärnten, Slowenien, Friaul, Istrien und Dalmatien“ mit Liesl Ponger, 1998

„Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg“, 1999, Uraufführung am Wiener Burgtheater

„Lucie im Wald mit den Dingsda. Mit 11 Skizzen des Autors“, 1999

„Unter Tränen fragend. Nachträgliche Aufzeichnungen von zwei Jugoslawien-Durchquerungen im Krieg, März und April 1999“, 2000

„Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos“, 2002

„Mündliches und Schriftliches. Zu Büchern, Bildern und Filmen 1992-2000“, 2002

„Untertagblues. Ein Stationendrama“, 2003

„Sophokles: Ödipus auf Kolonos“, 2003, Übersetzung

„Don Juan (erzählt von ihm selbst)“, 2004

„Die Tablas von Daimel“, 2005

„Gestern unterwegs“, 2005

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Übersetzungen

Handke ist Übersetzer folgender Autoren:

Adonis, Aischylos, Dimitri T. Analis, Bruno Bayen, Emmanuel Bove, René Char, Jean Genet, Georges-Arthur Goldschmidt, Julien Green, Gustav Januš, Patrick Modiano, Florjan Lipuš, Walker Percy, Francis Ponge, William Shakespeare, Sophokles

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Zitate

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Über Handke

Eigensinnig wie Heinrich Heine verfolgt Peter Handke in seinem Werk seinen Weg zu einer offenen Wahrheit.

Den poetischen Blick auf die Welt setzt er rücksichtslos gegen die veröffentlichte Meinung und deren Rituale.

– Die Jury zur Verleihung des Heinrich-Heine-

Preises am 20. Mai 2006.

Handke ist von der Idee serbischer Reinheit beseelt, und auf seine Mission lässt er nichts kommen. Gegenüber der überwältigenden Zahl von Fakten und Beweisen – man denke nur an Videoaufnahmen von Erschiessungen muslimischer Jugendlicher durch serbische Freischärler bei Srebrenica – gibt er sich erkenntnisresistent.

Man wird den Eindruck nicht los, dass Handke mit seinem Serbien-Feldzug am Ende kein politisches, sondern ein privatmythologisch literarisches Projekt verfolgt. Das Heil, das der Dichter enthüllend zu verhüllen versteht, glaubt der Intellektuelle in Serbien gefunden zu haben.

– Andreas Breitenstein, in Die Schule der Eigentlichkeit, NZZ, 6.5.2006 [1]

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Weblinks

Literatur von und über Peter Handke im Katalog der DDB

www.ub.fu-berlin.de/ umfassende Linksammlung zu Peter Handke

Eintrag über „Peter Handke“ im Österreich-Lexikon von AEIOU

Peter Handke erhält ersten Siegfried-Unseld-Preis (NZZ 9. Februar 2004)

Peter Handke „schaut und fühlt“ bei Milosevic-Beerdigung, Spiegel Online

Texte über Handkes Bücher, Theorien und sein Engagement in Serbien aus der Zeit

Peter Handke est interdit de Comédie-Française, Le Monde v. 27.4.2006

Personendaten

NAME Handke, Peter

ALTERNATIVNAMEN

KURZBESCHREIBUNG Schriftsteller und Übersetzer

GEBURTSDATUM 6. Dezember 1942

GEBURTSORT Griffen (Kärnten)

Diese Seite wurde zuletzt geändert um 20:00, 23. Mai 2006. Ihr Inhalt steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation

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