„Der Journalismus lebt!“ Henri Nannen-Preis in HH

Nannen-Preisverleihung in Hamburg

Quelle: dpa

Nannen-Preisverleihung in Hamburg

Von Almut Kipp, dpa

Hamburg (dpa) – Vorhang auf für Journalisten: Im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg haben wortgewandte Autoren am Freitagabend den Henri-Nannen-Preis erhalten. Zum zweiten Mal hatten Europas größter Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr und sein Magazin «Stern» in das Theater eingeladen, um journalistische Bestleistungen zu prämieren.

1200 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Medien und Kultur feierten das gedruckte Wort. Umrahmt wurde die Preisverleihung von einem Bühnen- und Musikprogramm, durch das TV-Moderator Günther Jauch führte und bei dem auch die Grand-Prix-Teilnehmer Texas Lightning mit ihrem Wettbewerbssong «No No Never» auftraten.

Um «Qualitätsjournalismus erlebbar zu machen», wurden die nominierten Arbeiten über szenische Darstellungen, eingespielte Filmbeiträge und eigens komponierte Musiken vorgestellt. Die Königsdisziplin «Reportage» inszenierten die Schauspieler Peter Lohmeyer, Anna Thalbach und Gudrun Landgrebe mit auszugsweisen Lesungen der drei konkurrierenden Texte.

Als Preisträger ging Bartholomäus Grill hervor, der in der Wochenzeitung «Die Zeit» unter dem Titel «Ich will nur fröhliche Musik» den letzten Weg seines krebskranken Bruders bis zum «assistierten Freitod» in der Schweiz darstellte. Grill habe diesen «tiefpersönlichen Vorgang» meisterlich beschrieben, lobte als Laudator der Herausgeber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», Frank Schirrmacher.

Jeder Preisträger erhielt 5000 Euro sowie eine in Bronze gegossene Plastik, die den Kopf des «Stern»-Gründers Henri Nannen darstellt. Auch zu Ehren des 1996 gestorbenen Blattmachers hatte der Verlag die Auszeichnung ins Leben gerufen. «Der Preis sollte zur wichtigsten Auszeichnung im deutschsprachigen Printjournalismus, zu einem Adelsprädikat werden», erläuterte G+J-Vorstandschef Bernd Kundrun den Gästen, darunter Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).

«Wir haben dieses Ziel erreicht», fügte Kundrun stolz hinzu und verwies auf die 870 eingereichten Arbeiten. Das dürfte auch den früheren Miteigentümer des Verlags Richard Gruner (79) erfreut haben, der eigens zur Preisverleihung angereist war.

Zum zweiten Mal bekam «Zeit»-Journalist Stefan Willeke den «Henri» überreicht. Gemeinsam mit seinem Kollegen Henning Sussebach verfasste er nach 32 spesentreibenden Recherche-Flügen ein «Lehrstück über die Globalisierung» anhand der Produktion eines Rasierapparates und entschied damit die Kategorie «Dokumentation» für sich.

Über die Nannen-Büste durfte sich auch Kayhan Özgenc freuen, weil er als erster das «System von Begünstigung und Lustgewinn» beim Autohersteller VW im Nachrichtenmagazin «Focus» aufdeckte und die VW- Affäre lostrat (Investigative Leistung). Für seinen Humor wurde Kurt Kister von der «Süddeutschen Zeitung» ausgezeichnet, der in seiner Kolumne «Das Personal der Berliner Republik» porträtierte, teils persiflierte.

Erstmals gab es einen Sonderpreis der «Stern»-Chefredaktion, der an die «Times Picayune» in New Orleans ging. Die Redakteure wurden für ihren unermüdlichen Einsatz inmitten der vom Wirbelsturm Katrina ausgelösten Katastrophe gewürdigt. Sie berichteten unter auch persönlich schweren Bedingungen und brachten Notausgaben der Gazette heraus. Für sein publizistisches Lebenswerk erhielt der Autor und Hitler-Biograf Joachim C. Fest die Nannen-Skulptur. Innenminister Schäuble äußerte dabei die Hoffnung, dass der 79-Jährige sein Lebenswerk noch nicht abgeschlossen hat: «Wir versprechen uns noch viel von Ihnen», sagte Schäuble.

Mit seinen Fotos über die schwer verletzt aus dem Irak-Krieg zurückgekehrte US-Soldatin Jessica Clements war Jim Gehrz erfolgreich. Der armenisch-türkische Journalist und Herausgeber der Wochenzeitung «Agos», Hrant Dink, nahm bewegt den Preis für sein Engagement für die Pressefreiheit entgegen und warb leidenschaftlich dafür, die Versöhnung zwischen Armeniern und Türken zu unterstützen.