Als am Abend des 30. Januar 1933 Anhänger der Nationalsozialisten den lang ersehnten „Tag der Machtübernahme“ mit Fackelzügen durch das Brandenburger Tor feierten, markierten die triumphierenden Kundgebungen auch symbolisch das Ende der Weimarer Republik. Wenige Stunden zuvor hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Vorsitzenden der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), Adolf Hitler, zum neuen Reichskanzler ernannt. (Quelle – über GOOGLE-Search)
1933-39
Etablierung der NS-Herrschaft
Als am Abend des 30. Januar 1933 Anhänger der Nationalsozialisten den lang ersehnten „Tag der Machtübernahme“ mit Fackelzügen durch das Brandenburger Tor feierten, markierten die triumphierenden Kundgebungen auch symbolisch das Ende der Weimarer Republik. Wenige Stunden zuvor hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Vorsitzenden der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), Adolf Hitler, zum neuen Reichskanzler ernannt. Hitlers Absicht, eine von jeder Kontrolle durch den Reichstag befreite, autoritäre Regierung zu etablieren, die das von vielen Deutschen empfundene „demokratische Chaos“ der Weimarer Jahre überwinden sollte, verwirklichten die Nationalsozialisten innerhalb kürzester Zeit. Unter Wahrung des Anscheins verfassungsmäßiger Legitimität verstanden sie es, politische Gegner auszuschalten und sich der staatlichen Machtinstrumente zu bemächtigen. Als diese „nationale Erhebung“ im Sommer 1934 ihren Abschluß fand, waren Demokratie und Pluralismus in Deutschland zerstört, ohne daß es zu nennenswerter Gegenwehr gekommen wäre. Dem illusorischen Zähmungskonzept wurden bereits mit der von Hitler geforderten Reichstagsauflösung am 1. Februar 1933 sowie mit der notwendigen Neuwahl des Reichstags die Grundlagen entzogen. Nunmehr vom Regierungsbonus begünstigt, begann die NSDAP unter der Parole „Kampf dem Marxismus“ einen Wahlkampf staatlich sanktionierten Terrors gegen die Opposition, allen voran gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Mit Reichsinnenminister Frick und Göring als kommissarischem preußischem Innenminister waren zwei Schaltstellen der Macht mit Nationalsozialisten besetzt, die über die Polizeigewalt verfügten. Der preußischen Polizei verordnete Göring sogleich in einem „Schießerlaß“ vom 17. Februar den rücksichtslosen Gebrauch der Schußwaffe gegen alle politischen Gegner. Von ihm fünf Tage später in Preußen aufgestellte Hilfspolizeiverbände aus 50.000 Angehörigen der Sturmabteilung (SA), der Schutzstaffel (SS) sowie des „Stahlhelms“, die ihre Uniformen mit einer „amtlichen“ weißen Armbinde versahen, nahmen bis Ende April 1933 ca. 25.000 Regimegegner in „Schutzhaft“. Noch im Frühjahr 1933 begannen SA und SS mit der Errichtung erster Konzentrationslager (KZ) in Dachau und Oranienburg. Den entscheidenden gesetzlichen Rahmen für die Verfolgung politischer Gegner und die gleichzeitige Festigung uneingeschränkter Machtverhältnisse bildete für die Nationalsozialisten die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933. Die einen Tag nach dem Reichstagsbrand vom Reichspräsidenten unterzeichnete Notverordnung setzte die verfassungsmäßigen Grundrechte der persönlichen Freiheit, der Meinungs-, Vereins- und Versammlungsfreiheit außer Kraft. Über das Deutsche Reich wurde auf scheinbar legalem Weg ein permanenter, während des NS-Regimes nie aufgehobener Ausnahmezustand verhängt. In diesem Klima der Rechtsunsicherheit besaß die Reichstagswahl vom 5. März 1933 keinerlei freien Charakter. Gemessen an dem hohen Maß an Einschüchterung und propagandistischer Beeinflussung waren die 43,9 Prozent für die NSDAP eine tiefe Enttäuschung. Nur zusammen mit den acht Prozent der „Kampffront Schwarz-Weiß-Rot“ aus Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) und „Stahlhelm“ erreichte die NSDAP eine parlamentarische Regierungsmehrheit im Reichstag. Die Nationalsozialisten bauten bei der Etablierung des NS-Regimes neben dem allgegenwärtigen Terror vor allem auf ihre Propaganda, die Emotionen befriedigte und eine verführerische Faszination ausübte. Hakenkreuzfahnen prägten nach dem 30. Januar 1933 das öffentliche Straßenbild. Riesige Parteiaufzüge und Aufmärsche sollten Zustimmung für die von der NSDAP propagierte „nationalsozialistische Revolution“ entfachen. Broschüren, Postkarten und Plakate mit dem Konterfei Hitlers begründeten einen Personenkult bisher unbekannten Ausmaßes. In Huldigungen wurde er als „Retter des Vaterlands“ gefeiert. Immer wieder beschwor der am 13. März 1933 zum Reichspropagandaminister ernannte Joseph Goebbels zudem öffentlich das „Dritte Reich“, das Tradition und Machtanspruch des untergegangenen Kaiserreichs fortsetzen und die Demütigungen des Versailler Vertrags von 1919 revidieren würde. Symbolisch reichte das neue, das nationalsozialistische Deutschland dem Kaiserreich beim von Goebbels äußerst erfolgreich inszenierten “ Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 die Hand, als sich Hitler in dunkler Zivilkleidung ehrfurchtsvoll vor Reichspräsident von Hindenburg in kaiserlicher Uniform verneigte. Im In- und Ausland verfehlte diese Geste nicht ihre Wirkung. Auf den Wogen nationaler Euphorie vollendete Hitler zwei Tage später sein nächstes Vorhaben. Mit 444 zu 94 Stimmen nahm der Reichstag inmitten drohender SA-Verbände das “ Ermächtigungsgesetz“ an, mit dem die Regierung Gesetze ohne Reichstag und Reichsrat verabschieden konnte. Alle anwesenden SPD-Abgeordneten hatten die Selbstentmachtung des Parlaments abgelehnt, die Abgeordneten der KPD waren verhaftet oder bereits im Untergrund. Die Ablehnung des Gesetzes durch die SPD bestätigte die konservativen Parteien in ihrer Auffassung, auf der richtigen, auf der „antibolschewistischen“ Seite unter Führung der NSDAP zu stehen. Viele Deutsche glaubten ernsthaft an die Gefahr eines sozialistischen Aufstands. Daß mit der Ausschaltung organisatorischer Strukturen der Linken durch die Zerschlagung der Gewerkschaften und durch die Errichtung des Einparteienstaats im Sommer 1933 eine vermeintlich feste „nationale Ordnung“ herrschte, entsprach grundsätzlich auch ihren Wünschen. Die rasante Besetzung von wichtigen Schlüsselpositionen im Staat durch Angehörige der NSDAP förderte das “ Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933, welches die Entlassung aller im Sinne der neuen Machthaber politisch unzuverlässigen oder jüdischen Beamten ermöglichte. Die staatlich sanktionierte Verfolgung der als rassisch minderwertig diffamierten Juden hatte unmittelbar mit Beginn der Machtübernahme eingesetzt. Mit dem “ Arierparagraph“ erhielt zum ersten Mal ein verordneter Antisemitismus Eingang in Gesetze. Bereits Anfang April 1933 kam es zu ersten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte und Einrichtungen. Bis Frühjahr 1934 verließen rund 37.000 Juden das Land, die meisten blieben jedoch trotz Verfolgung und Repressalien in Deutschland. Ab Frühjahr 1933 waren nahezu alle Lebensbereiche einer erzwungenen Gleichschaltung unterworfen. Die Gleichschaltung der Länder sowie die ideologische und organisatorische Ausrichtung aller politischen und gesellschaftlichen Institutionen, Verbände und schließlich jedes einzelnen Bürgers auf die Weltanschauung und Ziele des Nationalsozialismus sollte die Meinungsvielfalt rigoros beseitigen. Eine von nationalsozialistischen Studenten und Professoren initiierte Kampagne „gegen den undeutschen Geist“ gipfelte in der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Mit der Durchdringung und Kontrolle der Bevölkerung forcierte die NSDAP ihren Drang nach totaler Macht. Zwangsweise überführt wurden die gleichgeschalteten Verbände in riesige, der NSDAP angeschlossene Einheitsorganisationen wie die Deutsche Arbeitsfront (DAF) oder NS-Volkswohlfahrt (NSV). Die von den Nationalsozialisten als „undeutsch“ empfundene pluralistische Gesellschaft sollte durch eine solidarische Volksgemeinschaft ersetzt werden, die durch das Winterhilfswerk (WHW) oder Kraft durch Freude (KdF) massenwirksam inszeniert wurde. Für Behinderte oder „Asoziale“ gab es in der Volksgemeinschaft keinen Platz. Das am 14. Juli 1933 beschlossene “ Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ erlaubte die Zwangssterilisation, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit Nachkommen mit schweren körperlichen oder geistigen Schäden zu erwarten waren. Ihr charakteristisches Strukturelement erhielt die Volksgemeinschaft durch das „Führerprinzip“, das die Einheit von Volk und Führer postulierte sowie unbedingte Treue und Gehorsam forderte. Von Teilen der auf knapp vier Millionen Mitglieder angeschwollenen SA wurde die Gefolgschaft im Frühjahr 1934 allerdings in Frage gestellt. Die SA hatte für die NSDAP bei der Festigung der politischen Macht unverzichtbare Dienste geleistet. Doch die Erwartung der SA-Führung, durch die „nationalsozialistische Revolution“ in führende Stellungen des neuen Staats zu gelangen, erfüllte sich nicht. Exponent der Unzufriedenheit war der Stabschef der SA, Ernst Röhm. Mit der Parteiarmee im Rücken forderte er eine „Zweite Revolution“, um die SA zur dominierenden Kraft in Staat und Gesellschaft zu machen. Seine Vorstellung von der SA als Kern der bewaffneten Macht in Deutschland bedrohte die von Hitler im Februar 1933 zugesicherte Unabhängigkeit der Reichswehr. Als die internen Machtkonflikte eskalierten, nutzte Hitler im Bündnis mit der Reichswehrführung und der SS einen angeblich geplanten Röhm-Putsch, um die SA-Führung sowie konservative Opponenten wie den letzten Reichskanzler der Weimarer Republik, Kurt von Schleicher, am 30. Juni 1934 ermorden zu lassen. Mit seinem entschlossenen Vorgehen besänftigte Hitler nicht nur eine durch Übergriffe und Machtmißbrauch der SA verbreitete Mißstimmung in der Bevölkerung. Der Reichswehr versicherte er sich als eines zuverlässigen Verbündeten. Nach dem Tod Hindenburgs und der Auflösung des Reichspräsidentenamts am 2. August 1934 bot die Armeeführung Hitler an, den Schwur auf ihn persönlich als „Führer und Reichskanzler“ zu leisten. Die weitreichende Bedeutung des Treueids im Zweiten Weltkrieg, als er Offiziere davon abhielt, gegen Hitler aktiv zu werden, war 1934 noch nicht abzusehen. Der Schwur festigte Hitlers totalitäre Führerdiktatur endgültig. Potentielle Gegner waren verhaftet, ermordet oder in der Emigration. Seinen „Führerwillen“ gedachte Hitler nicht durch geschriebene Normen einer neuen, wenn auch nationalsozialistisch ausgerichteten Verfassung binden zu lassen. Das „Führerwort“ besaß Gesetzeskraft. Institutionell zwar völlig irrelevant, existierte die Weimarer Verfassung bis zur deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg formal weiter. (as) Reportage aus der Reichskanzlei, 30. Januar 1933 |