Vogelgrippe? Der verunsicherte Verbraucher

Quelle: nano/3sat /Auf Tiramisu besser mal derzeit verzichten…wegen der rohen Eier drin…als reine Vorsichtsmaßnahme – ansonsten- mehr vom Frankfurter Virologen Professor Hans Wilhelm Doerr zum Vogelgrippe-Risiko

Bislang ist Deutschland nicht von der Vogelgrippe betroffen. Dennoch ist vielen der Appetit auf Geflügel und Eier vergangen. Zu Unrecht, sagt Professor Hans Wilhelm Doerr, Direktor des Instituts für Medizinische Virologie am Klinikum der Universität Frankurt am Main. Der Virologe sucht zusammen mit anderen Wissenschaftlern nach einem Impfstoff gegen den Vogelgrippe-Erreger. In Sachen Ernährung sieht er hierzulande „überhaupt keine Einschränkungen.
Frankfurter Virologe Professor Hans Wilhelm Doerr zum Vogelgrippe-Risiko

Forschung am Frankfurter Institut für Medizinische Virologie

Bislang ist Deutschland nicht von der Vogelgrippe betroffen. Dennoch ist vielen der Appetit auf Geflügel und Eier vergangen. Zu Unrecht, sagt Professor Hans Wilhelm Doerr, Direktor des Instituts für Medizinische Virologie am Klinikum der Universität Frankurt am Main. Der Virologe sucht zusammen mit anderen Wissenschaftlern nach einem Impfstoff gegen den Vogelgrippe-Erreger. In Sachen Ernährung sieht er hierzulande „überhaupt keine Einschränkungen. Wir können unbedenklich unser Geflügel zubereiten, und wir können es auch essen wie bisher.“

Das Etikett hilft nicht immer

Trotzdem sind viele Menschen verunsichert. Kommt das Geflügel im Supermarkt aus „vogelgrippefreien“ Ländern? Fakt ist: Der Import von Geflügelprodukten aus Risikoregionen in die EU-Staaten wurde verboten. Doch die Kontrolle für den Verbraucher ist schwierig. Denn ein klarer Herkunftsnachweis ist bislang nicht vorgeschrieben. Die Vermarktungsnormen für Geflügel in der Europäischen Union schreiben eine Herkunftskennzeichnung lediglich für unbehandeltes Geflügelfleisch aus Ländern außerhalb der EU vor. Behandeltes und verarbeitetes Fleisch (Salzen, Würzen oder Anbraten genügt bereits) muss hingegen nicht gekennzeichnet werden.

Innerhalb der Europäischen Union reicht die Angabe der Zulassungsnummer des Schlacht- und Zerlegebetriebes und bei verpackter Ware zusätzlich die Nennung des Herstellers oder Anbieters. Angaben zum Ort der Aufzucht sind freiwillig. Wer ganz sicher sein will: Die deutsche Geflügelwirtschaft garantiert mit einem speziellen Siegel, dass Geburt, Mast und Schlachtung in Deutschland stattgefunden haben.

Professor Hans Wilhelm Doerr

Auch bei den jüngst bekannt gewordenen Todesfällen in Asien ist nicht eindeutig klar, ob der Verzehr von Geflügel dafür verantwortlich war. Denn alle erkrankten Menschen hatten zumindest auch intensiven Kontakt mit Geflügel. Wer bei der Ernährung auf Nummer sicher gehen will, sollte das Geflügel gut durcherhitzen, denn das Virus ist empfindlich gegenüber hohen Temperaturen. „Das Virus wird abgetötet, wenn ich zehn Minuten lang mit 60 bis 70 Grad koche“, sagt Professor Doerr.

Bei der Zubereitung gelten die gleichen Hygiene-Regeln wie beim Schutz vor Salmonellen. Das rohe Geflügel darf nicht mit anderen Lebensmitteln in Berührung kommen. Verpackungsmaterial inklusive Auftauwasser am besten sofort entsorgen. Für Arbeitsfläche und Gerätschaften ist gründliches Reinigen angesagt. Mit viel heißem Wasser und unter Zugabe von Spülmittel.

Nummer sicher: hartgekochtes Ei

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit rät vorsichtshalber vom Verzehr roher Eier ab. Und wie sieht es mit dem klassischen Frühstücksei aus? Sollte es zur Vogelpest in Deutschland kommen, könnten verunsicherte Verbraucher ihr Ei hart kochen, empfiehlt der Frankfurter Virologe. Dann sei man auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Das Spiegelei sollte man dann von beiden Seiten anbraten. Ist das Eigelb nicht mehr flüssig, sind die Viren abgetötet. In Verbindung mit Alkohol, zum Beispiel in Eierlikör, können Viren nicht überleben. Auf Tiramisu hingegen sollten besonders Vorsichtige aufgrund der rohen Eier eher verzichten.

Fertiggerichte, ob gefroren oder in anderer Form konserviert, sind bereits vorgekocht. Doch nicht nur deshalb haben Viren dort keine Chance. Da unsere Lebensmittel bei der Herstellung gereinigt würden, so Professor Doerr, seien die Keime abgereichert, also auf eine ungefährliche Dosis reduziert.

Und auch von Zugvögeln, die Kot oder Federn verlieren, geht wenig Gefahr aus. Es reicht bereits aus, sein Obst oder Gemüse gründlich zu waschen. „Man muss natürlich seinen Salat immer sauber spülen, denn ansonsten besteht ja Parasitengefahr“, rät der Virologe.

Experten gehen davon aus, dass das Risiko einer Infektion durch Lebensmittel wesentlich geringer ist als durch den direkten Kontakt mit erkranktem Geflügel. „Wir können uns hier unter Normalbedingungen gar nicht anstecken“, sagt Doerr. Mit einer Ausnahme: „Ich gehe in eine Massentierhaltung hinein. Alle Tiere sind infiziert, sie produzieren den Erreger in größten Mengen.“ Dann bestehe eine tatsächliche Gefahr, an Vogelgrippe zu erkranken.

Robert-Koch-Institut / Aviäre Influenza (Vogelgrippe)

3sat-Zukunftsmagazin „nano“: Vogelgrippe auf dem Vormarsch: ein Grund zur Panik? /vom 18. November 2005