Es riecht nach einem Verbrechen. /Presseschau:
heute – spiegel-online. / Würde ein 2jähriger allein das Haus verlassen, spät-abends, in der Dunkelheit? Nein, oder? Die Kripo „ermittelt in alle Richtungen“ – das Kind ist jetzt seit vorgestern Abend aus der Wohnung seiner 21jährigen Mutter…verschwunden…spurlos verschwunden./Am 16. November wird seine Leiche gefunden. Am 17. November will die Polizei eine Pressekonferenz geben. Ein Gerücht hält sich bislang: der neue Freund der Mutter von Tim sei…
Unter jeden Busch hat die Polizei schon geschaut, doch auch einen Tag nach seinem ominösen Verschwinden gibt es keine Spur vom zweijährigen Tim aus Elmshorn. Die Fahnder sind ratlos. Sie schließen ein Verbrechen nicht aus.
Elmshorn – Den Einwohnern Elmshorns bietet sich am Nachmittag ein gespenstisches Bild. Scharen von Polizisten durchkämmen die Innenstadt, schauen in Mülltonnen, unter Büsche und hinter Bäume. Auf dem Flüsschen Krückau, das sich mitten durch die Stadt schlängelt, patrouilliert ein Schlauchboot der Feuerwehr, feiner Nieselregen bildet Kreise auf der dunklen Wasseroberfläche. Rettungstaucher der Feuerwehr suchen auf dem Grund des schlickigen Hafenbeckens nach dem Jungen.
Taucher auf der Suche nach Tim: Keine Hinweise
Am grauen Himmel über der Stadt im Norden Hamburgs kreist ein Hubschrauber und sucht mit einer Wärmebildkamera die Umgebung ab. Im Park vor dem Rathaus und an den Bahngleisen, die die Stadt durchschneiden, schnüffeln Suchhunde im Gebüsch. Rund 80 Beamte aus Eutin, Pinneberg und Elmshorn haben nur ein Ziel: den zweieinhalbjährigen Tim zu finden, der seit gestern Abend spurlos aus der Wohnung seiner Mutter in der Kirchenstraße verschwunden ist.
Monya H., die Mutter des Jungen, sagte der Polizei, sie habe den schlafenden Tim gegen 19 Uhr ins Bett gebracht. Weil sie ihn nicht wecken wollte, habe sie ihm keinen Schlafanzug angezogen, sondern ihn mit der Kleidung in sein Kinderbett gelegt, die er tagsüber getragen hatte. Anschließend sei sie auf dem Sofa im Wohnzimmer eingenickt. Als sie um 22 Uhr aufgewacht sei, habe sie nach ihrem Sohn sehen wollen, Tim sei allerdings nicht mehr in seinem Zimmer gewesen.
Sie habe zunächst selbst in der Nachbarschaft nach dem Jungen gesucht, dann jedoch gegen 23 Uhr die Polizei gerufen. Ihre Eltern, die in einem Haus auf der anderen Straßenseite wohnen, hatten Tim ebenfalls nicht gesehen. Auch der Ex-Mann der 21-Jährigen, Thomas H., sagte, er habe keine Ahnung, wo Tim geblieben sein könnte. Der 26-Jährige wohnt ebenfalls in der Kirchenstraße, nur einen Steinwurf von der Wohnung seiner Ex-Frau entfernt. Noch in der Nacht hat die Polizei Thomas H. vernommen und seine Wohnung durchsucht, Streifenwagen fuhren die Umgebung ab – ohne Erfolg.
Tims Verschwinden bleibt mysteriös. Ist es denkbar, dass ein Zweieinhalbjähriger am späten Abend schlaftrunken allein auf die Straße geht, bei Nieselregen, Kälte und Dunkelheit? Ist es möglich, dass er zu seinen Großeltern wollte, oder zu seinem Vater, und dort nie ankam? Könnte ein Unbekannter den Jungen aus der Wohnung entführt haben? Oder hat Tims Verschwinden doch einen familiären Hintergrund, wofür es derzeit laut Polizei keinerlei Anzeichen gibt?
Die schmale Kirchenstraße grenzt an die Elmshorner Innenstadt, das Rathaus und eine Fußgängerzone liegen nur wenige hundert Meter entfernt. Weiß verputzte oder geklinkerte Zweifamilienhäuser dominieren das Viertel, es ist keine noble Gegend, aber auch keiner der sogenannten sozialen Brennpunkte. Vor dem Zaun des Hauses der Großeltern des kleinen Tim steht ein Kamerateam und filmt die Gartenzwerge, die auf dem gepflegten Rasen stehen. Dutzende bunte Keramikfiguren bilden dort einen Kreis – eine perfekte kleinbürgerliche Idylle.
Familie H. öffnet die Tür nicht mehr, zu viele Journalisten haben heute schon vor dem Haus gestanden, um Fragen nach dem verschwundenen Enkel zu stellen. Der Zustand der Wohnung, in der Tim lebt, sei „den Umständen entsprechend normal“ gewesen, so Polizeisprecher Rainer Holm. Es ist keine teure Wohnung, überhaupt ist hier nichts außergewöhnlich. Die Kirchenstraße ist eine Straße, wie es sie tausendfach in deutschen Kleinstädten gibt.
„Tim spielt häufig mit anderen Kindern auf dem Parkplatz im Hinterhof“, sagt Sözen B., eine Nachbarin. Manchmal höre man das Kind durch ein Fenster der Wohnung im ersten Stock des roten Klinkerhauses rufen oder lachen, aber das sei doch normal. Monya H. und ihr Sohn seien niemals negativ aufgefallen. Anhaltspunkte auf eine Gewalttat oder gravierende familiäre Probleme gebe es bisher nicht, so der Polizeisprecher. Monya H. sei beim Jugendamt unbekannt, es gebe „definitiv keine Verwahrlosung“.
Nachdem Monya H. sich von ihrem Mann getrennt hatte, soll es zum Streit über das Besuchsrecht gekommen sein, berichten Nachbarn. „Aber das Verhältnis hat sich wieder entspannt“, sagte Sprecher Holm. „Er konnte seinen Sohn jeden Sonntag sehen.“
Am frühen Abend, bei Einbruch der Dunkelheit, bricht die Polizei die Suche nach Tim ab. „Bisher haben wir keine Anhaltspunkte“, sagt Holm, „wir ermitteln in alle Richtungen“, auch ein Verbrechen sei denkbar. Tim trug bei seinem Verschwinden eine blaue Jeans, rot-weiße Turnschuhe und einen graumelierten Pullover mit rotem Bruststreifen und kleinen Teddybären. Am Abend sollen Anwohner in der Nähe der Wohnung befragt werden, morgen Vormittag will die Polizei über das weitere Vorgehen beraten.
16. November:spiegel-online:
DER FALL TIM
Polizei findet Leiche, Rätsel bleiben
Von Swantje Dake, Elmshorn
Die norddeutsche Kleinstadt Elmshorn steht unter Schock. In einem Haus ist jetzt die Leiche eines Kindes gefunden worden – vermutlich die des seit sechs Tagen verschwundenen Tim. Wilde Gerüchte über seinen Tod entsetzen die Menschen. Doch noch immer ist der Fall rätselhaft.
Elmshorn – Regen fällt in dicken Tropfen auf den Asphalt der schmalen Gärtnerstraße am Rande der Elmshorner Innenstadt. Autos rollen gemächlich durch die sonst so ruhige Tempo-30-Zone. Doch vor einem zweistöckigen Haus drängeln sich Fotografen, Reporter und Kameramänner. Fernsehsender bauen Scheinwerfer für ihre Liveübertragung auf. Hier wurde am Mittag die Leiche eines kleinen Jungen gefunden.
„Wir müssen leider davon ausgehen, dass es sich dabei um den kleinen Tim handelt“, sagt Polizeisprecher Rainer Holm den wartenden Journalisten. Die offizielle Bestätigung steht jedoch noch aus. Vor sechs Tagen war der Zweijährige aus der Wohnung der Mutter unter rätselhaften Umständen verschwunden. Die Ermittler gehen von einem Gewaltverbrechen aus. Festnahmen soll es bisher noch nicht gegeben haben.
DPA
Gedenken an Tim: Am Leichenfundort brennt eine Kerze für den Zweijährigen
Eine junge Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand kommt die Straße entlang. Sie bahnt sich ihren Weg durch die Journalisten, kniet nieder und lehnt einen schwarzen Rahmen an die rosafarbene Hauswand. Er enthält ein Bild von Tim. In einem Plastikbecher entzündet sie eine Kerze.
Das Haus liegt im Dunkeln. Die Gardinen sind zugezogen, nur die Fensterbänke im Erdgeschoss geben Hinweise darauf, dass hier jemand wohnt: eine langstielige rote Blume in einer Vase, ein Holzmännchen mit einem Strohhut, ein Sparschwein in Fischform. In den umliegenden Häusern linsen Nachbarn hinter der Gardine hervor, öffnen Fenster fragen nach, stellen sich zu den Journalisten in den Regen und versuchen zu erklären, was nicht zu verstehen ist. „Das ist unfassbar“, sagt eine ältere Dame mit zitternder Stimme. Sie klammert sich an den Arm ihres Mannes. Auch er schüttelt nur den Kopf.
Die Nachricht hat sich in der 49.000-Einwohner-Stadt schnell herumgesprochen. Die Menschen sind schockiert, können den wahrscheinlichen Tod des Jungen nicht begreifen. Eine Kindergärtnerin aus der Nachbarschaft hat Tränen in den Augen. „Gucken Sie mal, wie süß er ist“, sagt sie und zeigt auf das Foto. Das Schicksal des kleinen Jungen habe sie in den vergangenen Tagen schwer beschäftigt. Alle suchen nach einer Erklärung. Doch wofür, wissen sie selbst nicht; denn es ist nicht viel, was die Polizei sagen kann oder will. „Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir keine Details preisgeben“, so Holm.
Gerüchte und Spekulationen auf dem Gehweg
Das nährt die Gerüchte und Spekulationen auf dem Gehweg. Berichte, wonach die Leiche eingemauert gewesen sein soll, seien falsch, so Holm. Auch dass Tims Vater in dem Haus wohnt, sei falsch. Am Abend meldet ein Hamburger Radiosender, dass die Leiche in einer Sporttasche gefunden worden sei. Die Tasche gehört nach Angaben des Senders dem neuen Freund der Mutter. Ein weiteres unbestätigtes Gerücht.
Die Polizei entdeckte die Leiche heute gegen 14 Uhr. Die Beamten waren mit der Durchsuchung von ungefähr hundert leer stehenden Häusern in Elmshorn beschäftigt, „als dies hier dazwischen kam“, wie Rainer Holm sagte. Der Fundort gehörte nicht zu den anvisierten Objekten. Auf der gesamten Hauslänge, inklusive der Gartentore, wurde ein Sichtschutz aufgebaut. „Es waren plötzlich so viele Polizisten hier“, sagt ein Nachbar. „Natürlich habe ich sofort an Tim gedacht.“
In einem Sarg wurde die Kinderleiche aus dem Haus getragen und zur Obduktion gebracht. Einzelheiten zu den Umständen, wie die Beamten auf den Fundort gestoßen sind und in welchen Zustand der Junge gefunden wurde, verrät Holm nicht. Die Bewohner des Hauses stehen nicht unter Tatverdacht.
Pressekonferenz für morgen angekündigt
Tagelang hatten Polizei und Feuerwehr mit einem Großaufgebot nach dem Jungen gefahndet. Taucher untersuchten Teiche und den Fluss Krückau. Am vergangenen Donnerstag war Tim aus seinem Kinderbett verschwunden. Nach Aussagen der 21 Jahre alten Mutter hatte sie den Kleinen noch mit Jeans und einem Pulli bekleidet ins Bett gebracht und sich dann selbst im Wohnzimmer hingelegt. Als sie nach gut drei Stunden gegen 22 Uhr wieder aufwachte, sei der Junge weg gewesen. Es begannen Tage der Ungewissheit für die Familie und die Polizei. Immer wieder wurden Angehörige vernommen. Morgen will sich die Polizei auf einer Pressekonferenz äußern.
Das Haus, in dem Tim mit seiner Mutter wohnte, liegt nur eine Querstraße entfernt. Am Eingang klebt ein signalroter Aufkleber der Polizei: „Tatort. Ist beschlagnahmt! Betreten verboten!“ Gegenüber wohnen die Großeltern, ein Polizeiwagen steht davor. Tims Vater, der von der Mutter geschieden ist, lebt ebenfalls hier. Kinder spielen in den kleinen Hinterhöfen. Vor ein paar Tagen hat Tim noch mit ihnen getobt.
18. November 2005 –
Quelle: spiegel-online:
GETÖTETER TIM
Verdächtiger soll erneut vernommen werden
Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall klar: Der kleine Tim aus Elmshorn wurde vom Freund seiner Mutter erschlagen. Der Anwalt des 38-Jährigen relativiert jedoch das Teilgeständnis: Sein Mandant habe keine „aktive Tötungshandlung zugegeben“. Weitere Vernehmungen sollen nun Klarheit bringen.
Itzehoe/Elmshorn – Die Polizei will heute den Fundort der Leiche erneut untersuchen. Auch der gestern verhaftete, dringend tatverdächtige Oliver H. solle ein weiteres Mal vernommen werden, sagte der Sprecher der „Soko Tim“, Rainer Holm. Nach Polizeiangaben hatte der Lebensgefährte von Tims 21 Jahre alter Mutter gestanden, den Zweijährigen vor rund einer Woche erschlagen zu haben.
DPA
Trauer um Tim: Mädchen gedenken vor dem Anwesen, auf dem die Leiche gefunden wurde, des kleinen Jungen
Die Polizei hatte Oliver H. am Mittwochabend festgenommen. Er habe in einem Teilgeständnis zugegeben, den Jungen getötet zu haben, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Zepter gestern im schleswig-holsteinischen Itzehoe. Der Junge starb nach dem Ergebnis der Obduktion an „massiver Gewaltanwendung gegen den Kopf“.
Ein Richter am Amtsgericht Itzehoe erließ wegen des „dringenden Tatverdachts des Totschlags“ Haftbefehl gegen den Bautischler und Gelegenheitsarbeiter, bestätigte der Sprecher der „Soko Tim“, Rainer Holm. Nach Angaben des Oberstaatsanwalts müssen noch Ungereimtheiten im Geständnis geklärt werden. Zunächst habe der Mann in den Vernehmungen versucht, die Tat als Unfall darzustellen.
Der Anwalt des Tatverdächtigen, Christoph Heer, sagte der Zeitung „Elmshorner Nachrichten“, Oliver H. habe „kein Geständnis im eigentlichen Sinne“ abgelegt. „Vorsichtig formuliert gibt es sehr viele Angabenlücken.“ Der 38-Jährige habe zudem keine „aktive Tötungshandlung zugegeben“.
Als Todeszeitpunkt gab Zepter den Mittwoch der vergangenen Woche an, einen Tag, bevor die Mutter den Jungen als vermisst gemeldet hatte. Warum der 38-Jährige den Jungen erschlug, auf den er aufpassen sollte, ist noch unklar: „Zur Motivlage sollen derzeit keine Erklärungen abgegeben werden“, sagte Zepter. Polizisten hatten Tims Leiche am Mittwoch in einer Sporttasche in einem Garten nahe der Wohnung von Tims Mutter gefunden. Dort hatte der Tatverdächtige in einem Haus seines Vermieters Handwerksarbeiten ausgeführt.
Die Mutter hatte Tim am Donnerstag vergangener Woche als vermisst gemeldet und in ihrer Anzeige falsche Angaben gemacht. Sie wollte Tim angezogen in sein Bettchen gelegt und etwa drei Stunden später sein Verschwinden bemerkt haben. Der Junge hatte sich aber bereits seit mehreren Tagen bei Oliver H. befunden. Die Mutter hatte Tim nach Angaben des Oberstaatsanwalts zuletzt 48 Stunden vor der Vermisstenmeldung gesehen. Zepter sagte, der Zweijährige habe sich häufiger in der Obhut des Bautischlers befunden. „Das war durchaus üblich.“ Das Paar war seit sechs Monaten zusammen. Im Einvernehmen mit der Mutter sollte Oliver H. bei Tim „eine Art Erzieherrolle übernehmen“, sagte Zepter.
„Die Mutter war bestürzt“
„Am Donnerstag war Oliver H. in die Wohnung der Mutter gegangen. Er sagte, er habe das Kind ins Bett gebracht“, erklärte der Oberstaatsanwalt. Die Mutter sollte später noch einmal nachsehen. Ihre falschen Angaben begründete die alleinerziehende 21-Jährige mit Befürchtungen wegen des Sorgerechts. „Sie dürfen die optimale Vorstellung einer Mutterrolle nicht zu Grunde legen“, sagte Zepter in Anspielung auf die schwierigen Familienverhältnisse. „Leider wachsen Kinder nicht immer unter den gleichen behüteten Verhältnissen auf, die man sich selber wünschen würde.“ Zwischen der 21-Jährigen und ihrem Freund habe es auch Streitereien gegeben.
Bei den ersten Ermittlungen gab es keine Hinweise auf einen familiären Hintergrund, betonte Holm. Es bestehe weder gegen die Mutter noch gegen andere Personen als den 38-Jährigen ein Verdacht, sagte Zepter. Die 21-Jährige werde ärztlich betreut. „Sie war bestürzt“, als sie vom Tod ihres Sohnes und der Festnahme ihres Lebensgefährten erfahren habe.
Nach tagelanger erfolgloser Suche in Elmshorn hatten die Ermittler das Grundstück, auf dem der Tatverdächtige gearbeitet hatte, am Mittwoch mit Hilfe eines Spürhundes durchsucht. Zuvor waren Beamte dort schon einmal erfolglos gewesen, allerdings auf der Suche nach dem lebenden Kind. Daher sei die tief im Dickicht versteckte Tasche nicht entdeckt worden.
Das ganze Drama spielte sich in einem Umkreis von nur etwa hundert Metern um die Wohnung von Tims Mutter ab. Die Großeltern des Kindes und der getrennt von der 21-Jährigen lebende Vater haben ihre Wohnungen ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Fundortes am Rande der Elmshorner Innenstadt. Auch gestern kamen wieder zahlreiche Nachbarn zu dem rosa getünchten alten Haus, um Blumen niederzulegen oder Kerzen anzuzünden.
18. November 2005:
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18. November 2005 Druckversion | Versenden | Leserbrief
ERSCHLAGENER ZWEIJÄHRIGER
Polizei prüft Eifersucht als Tatmotiv
Die Polizei untersucht, ob der Freund der Mutter den kleinen Tim aus Elmshorn aus Eifersucht auf den leiblichen Vater tötete. Das berichten die „Lübecker Nachrichten“. Zunächst hatte Oliver H. Tims Tod als Unfall dargestellt, später räumte er jedoch ein, den Zweijährigen geschlagen zu haben.
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Itzehoe – Im Fall des getöteten zweijährigen Tim aus dem schleswig-holsteinischen Elmshorn sollen weitere Ermittlungen Klarheit bringen. Geplant sei eine weitere Vernehmung des dringend tatverdächtigen Freundes der Mutter des Jungen, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Zepter heute. Der Anwalt von Oliver H. hatte zuvor das Teilgeständnis seines Mandanten relativiert. Der 38-Jährige habe „keine aktive Tötungshandlung zugegeben“, sagte Christoph Heer den „Elmshorner Nachrichten“.
DPA
Trauer um den toten Tim: „Kein Geständnis im eigentlichen Sinne“
Dagegen betonte Zepter, Oliver H. habe zunächst versucht, das Geschehene als Unfall im Badezimmer darzustellen. Mit den Ergebnissen der Obduktion konfrontiert, habe er jedoch Schläge eingeräumt, sagte Zepter. Wer einen Zweieinhalbjährigen schlage, rechne zumindest mit dem Tod des Kindes. Nach Angaben des Sprechers der „Soko Tim“, Rainer Holm, soll heute möglicherweise noch einmal die Wohnung des Tatverdächtigen durchsucht werden.
Nach Angaben seines Anwalts legte Oliver H. „kein Geständnis im eigentlichen Sinne“ ab. „Vorsichtig formuliert gibt es sehr viele Angabenlücken“, sagte Heer. Die Gerichtsmediziner gingen davon aus, dass Tim an den Folgen „multipler Gewaltanwendung“ gestorben sei. Sein Mandat sei mit der Beaufsichtigung von Tim „möglicherweise überfordert gewesen“, sagte Heer.
Als Motiv der Tat vermute die Polizei Eifersucht, berichteten die „Lübecker Nachrichten“. Der Lebensgefährte der Mutter soll sich durch die regelmäßigen Besuche des leiblichen Vaters von Tim gestört gefühlt haben. Oliver H. ist bei der Polizei kein Unbekannter. Nach Angaben des „Hamburger Abendblatts“ handelt es sich bei den früheren Straftaten um mehrere Verkehrsdelikte und einen Fall von Betrug.
Ein ehemaliger Geschäftspartner des mutmaßlichen Täters sagte den „Elmshorner Nachrichten“, Oliver H. habe Kinder nicht leiden können. Die beiden Elmshorner hatten gemeinsam eine Tischlerei betrieben: „Auf einer Baustelle rannten einmal Kinder herum“, sagte der ehemaliger Geschäftspartner. Er fügte hinzu: „Da ist Oliver komplett abgedreht, hat geschrien: Die Gören haue ich noch einmal gegen die Wand.“
Widersprüchliche Angaben gibt es über die familiären Verhältnisse. Zwar führte das Jugendamt Elmshorn wegen eines Sorgerechtsstreits mit dem Vater eine Akte über den kleinen Tim, ein unangemeldeter Hausbesuch eines Mitarbeiters förderte jedoch keine Auffälligkeiten zutage. „Für mich gab es nichts Ungewöhnliches“, sagte Sachbearbeiter Artur Dembeck der „Bild“-Zeitung, „das schien für mich ein sehr stabiles familiäres Umfeld zu sein.“
Was eine Nachbarin der Boulevardzeitung erzählt haben soll, wirft jedoch ein anderes Licht auf die Verhältnisse in der Kirchenstraße. Drei Wochen vor Tims Verschwinden habe es bereits einen Polizei-Einsatz bei Monya H. gegeben. Nachbarin Reyhan G. habe die Behörden informiert, weil Tim abends gegen 23 Uhr weinend und allein im Garten gestanden habe. Der Junge habe trotz Aufforderung seiner Mutter im Regen ausgeharrt und sei nicht zurück ins Haus gegangen. Erst die Beamten hätten Tim zurück in die Wohnung seiner Mutter gebracht.
Nach sechstägiger Suche hatte die Polizei das tote Kind am Mittwoch in einer Sporttasche versteckt in einem Garten in der Nähe von Tims Elternhaus gefunden. Unmittelbar danach hatten Ermittler Oliver H. festgenommen. Gestern wurde gegen ihn Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts des Totschlags erlassen.