Hamburger Abendblatt von heute – Wie Maria von Welser, frühere Chefin von MONA LISA, ZDF, heute Direktorin des NDR-Landesfunkhauses in Hamburg – eine im Frühjahr gemachte Äußerung „pro Frau“ in der Politik, in diesem Fall pro Angela Merkel – in einer später veröffentlichen Postille („Frau und Politik“ – von CDU) (ein ähnliches Partei-Werbe-Blatt hat auch die SPD – die heißt „Frauen und Politik“ – großer Namensunterschied, nicht wahr..?)also damit „Wahl-Empfehlung“ untergejubelt werden soll. Aber – als das Interview stattfand – war Gerd Schröder noch nicht zurückgetreten…
Ist im NDR die Frauenfalle zugeschnappt?
Landesfunkhauschefin: Ärger, weil sie will, daß in der Politik „eine Frau das Sagen hat“
Von Armgard Seegers
Hamburg –
Manchmal findet man die finstersten Vorurteile aufs Schlimmste bestätigt. Männer mögen keine Frauen in Entscheidungspositionen, das wissen wir. Einige wenige Frauen haben es dennoch geschafft. Wie, das ist ein Wunder. Deutschland ist auf diesem Gebiet ein Entwicklungsland. Nur ein Prozent im Vorstand großer Unternehmen (Norwegen 16 Prozent), nur neun Prozent im oberen und mittleren Management (England 18 Prozent, USA 36) – man könnte Seiten damit füllen, wie ungleich Geld und Macht unter den Geschlechtern in Deutschland verteilt sind, auch 50 Jahre nach der Verankerung der Gleichheit von Mann und Frau im Grundgesetz.
Maria von Welser ist Direktorin des NDR-Landesfunkhauses in Hamburg. Und natürlich wird sie – neben den wenigen anderen, die auch Einfluß in Deutschland haben, wie beispielsweise Alice Schwarzer oder Filmproduzentin Regina Ziegler – gefragt, ob Deutschland eine Frau an der Spitze gebrauchen könnte. Gar nicht mal so erstaunlich: Alle haben mit Ja geantwortet und unterschiedliche Begründungen dafür genannt. Maria von Welser sagte: „Weil wir 52 Prozent Frauen in diesem Lande sind, ist es hohe Zeit, daß auch mal eine Frau das Sagen hat. Frauen leiden meist nicht so stark an Rückgratverkrümmung, sind mutiger und haben keine Angst vor Konflikten.“ Dies allerdings hat sie im CDU-Magazin „Frau & Politik“ geäußert. Somit gilt es als Wahlempfehlung für Angela Merkel. Und Wahlpräferenzen sind Mitgliedern öffentlich-rechtlicher Anstalten untersagt.
Nun ist das Magazin allerdings schon im Juli erschienen, die Umfrage fand sogar schon im Mai statt, wie sich Regina Ziegler anhand eines Kalendereintrags präzise erinnert. Und wie wir uns präzise erinnern, trafen Gerhard Schröder und Franz Müntefering erst am 22. Mai ihre Entscheidung für Neuwahlen. Angela Merkel wurde erst acht Tage später Kanzler-Kandidatin. Trotzdem rumort’s beim NDR. Maria von Welser soll sich für ihre Aussage rechtfertigen, die einige männliche Kollegen sogar als „geschmacklos“ diffamieren. Tut sich hier wieder mal die Jungs-Mannschaft zusammen, um eine Frau loszuwerden? Ähnlich, wie es ja auch die Herren bei der CDU mit ihrer Kandidatin am liebsten machen würden?
Maria von Welser sagt jedoch: „Ich habe diese Aussage im April oder Mai gemacht, lange bevor Wahlen anstanden oder Frau Merkel Kanzlerkandidatin wurde. Ich werde immer wieder als Merkel-Wählerin bezeichnet. Die ,Süddeutsche Zeitung‘ hat sich dafür bei mir entschuldigt und veröffentlicht, daß ich als unabhängige Journalistin Wert darauf lege, daß ich meine Wahlentscheidung noch nicht getroffen habe und auch keinesfalls öffentlich darüber diskutieren möchte.“
Ein mögliches Problem sei, so sagt die engagierte Frauenjournalistin Maria von Welser, daß man ihre Äußerungen nicht unter der Rubrik „privat“ einordne, sondern sie stets mit der NDR-Landesfunkhauschefin in Verbindung bringe. „Ich bin eine Frau, die sich für Frauen einsetzt, aber ich glaube, als NDR-Direktorin darf ich mich nicht politisch äußern. Ich habe meine Antwort allgemein auf Frauen bezogen. Ich finde es wichtig, daß Frauen etwas zu sagen haben, egal in welcher Partei.“
Tja, das dürfte dann wohl doch schwierig sein, sich für Frauen und dabei nicht politisch zu äußern. Die amerikanische Journalistin Jody Biehl hat unlängst in „Spiegel online“ veröffentlicht, wie „auffällig, geradezu schockierend“ es sei, daß so wenige Frauen im deutschen Geschäftsleben präsent seien. Und Susanne Mayer schreibt in der „Zeit“, daß die Chancengleichheit bei uns noch immer unter die Rubrik Scherzartikel falle. Auch Maria von Welser, die lange in Großbritannien gearbeitet hat, stellt „dramatische Unterschiede“ im öffentlichen Leben fest, was die Geschlechter angeht. „Woanders ist es kein Problem, Job und Familie zu vereinbaren. Nur bei uns.“
Was Maria von Welser auch recherchiert hat: „Frauen lassen sich eher von Themen und Inhalten bei ihrer Wahlentscheidung beeinflussen als Männer. Männer entscheiden emotionaler.“ Also werden wohl auch diesmal die Frauen die Wahlen entscheiden. Ob für oder gegen eine Frau.
erschienen am 17. September 2005