Analysen an seinen Haaren haben ergeben – Beethoven litt nicht an Syphillis, wie lange Zeit behauptet, sondern an einer schweren Blei-Vergiftung. Ursache – möglicherweise Kuraufenthalte und das Trinken aus Kur-Quell-Wasser..sogenannten „heißen Quellen“ – die quelle hier ist nicht giftig: nano/online/anno 2000
Beethoven litt unter Bleivergiftung
Analyse einer Haarlocke löste Rätsel um das Leiden
Die Ergebnisse des Zentrums für Beethoven-Studien
…an der Staatlichen Universität von San Jose
Ludwig van Beethoven litt und starb nach Expertenmeinung an einer Bleivergiftung und nicht an Syphilis. Selbst der Verlust seines Gehörs könnte nach Ansicht amerikanischer Wissenschaftler mit dem extrem hohen Bleigehalt in seinem Körper zu erklären sein. Analysen einer Haarlocke, die dem Komponisten 1827 unmittelbar nach seinem Tod abgeschnitten worden war, zeigten jetzt das Hundertfache des heute normalen Bleiwertes. Das Bonner Beethovenhaus wies am Mittwoch darauf hin, dass den Untersuchungsergebnissen frühere Studien vorausgingen. Es gebe „zwei Meter“ Bücher über Beethovens Krankheiten und Todesursachen, die vor allem auf Beethovens eigene Äußerungen in Briefen sowie auf dem Obduktionsbericht fußen. Eine Haaranalyse sei nun erstmals vorgenommen worden.
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Beethoven war als 56-Jähriger qualvoll gestorben. Er hatte seit Beginn seiner 20er Jahre unter schweren Leibschmerzen gelitten und war für seine extremen Stimmungsschwankungen bekannt. Diese Symptome decken sich voll mit der Diagnose einer Bleivergiftung, die das Argonne National Laboratory in Argonne (US-Staat Illinois) und das McCrone Forschungsinstitut in Chicago jetzt übereinstimmend stellten.
Das Ergebnis der vierjährigen Untersuchung wurde am Dienstagabend auf der Webseite des Zentrums für Beethoven-Studien an der Staatlichen Universität von San Jose veröffentlicht. Es stützt sich auf eine chemische Analyse durch das McCrone Institut und Aufnahmen mit einem Elektronenbeschleuniger am Argonne National Laboratory.
Entgegen den Erwartungen fanden beide Analysen nur verschwindend geringe Spuren von Quecksilber. Damit steht nach Ansicht der Forscher fest, dass Beethoven nicht an Syphilis litt, wie in den vergangenen drei Jahrzehnten in vielen musikhistorischen Dokumenten vermutet worden war. Quecksilber-haltige Salbe wurde lange Zeit gegen Syphilis eingesetzt. Ebenso deckte die vierjährige Untersuchung des Haars keine Rückstände von Opium oder anderen Schmerzmitteln auf, die Beethoven das schmerzvolle Ende erleichtert hätten. Woher die schwere Bleivergiftung stammt, lässt sich derzeit noch nicht genau festlegen, heißt es weiter. Eine Möglichkeit sehen die Wissenschaftler darin, dass der Komponist von jungen Jahren an in Kurorten das Wasser heißer Quellen getrunken hatte. Beethoven selbst rätselte über die Ursache seines Leidens und bat seine Brüder als etwa 30-Jähriger, ihr nach seinem Tod auf den Grund zu gehen.
Die Haarlocke, die jetzt das überraschende Ergebnis von Beethovens Krankheit brachte, war 1994 von vier Mitgliedern der Amerikanischen Beethoven-Gesellschaft bei einer Auktion von Sotheby´s in London zum Preis von 7 300 Dollar (damals rund 12 000 Mark) erworben worden. Für die Analyse standen insgesamt 422 Haare mit einer Länge von jeweils sieben bis 15 Zentimetern zur Verfügung.
19.10.2000
nano online / dpa