LYSTERIEN – SYMPOSIUM IN PARIS

hier ist der Text wieder. Er war kürzlich durch eine falsche Bearbeitung „gelöscht“ worden, sorry! Er ist sehr informativ , daher zeitlos – und ein schlagendes Argument dafür, dass LEBENSMITTELKONTROLLE tunlichst nicht privatisiert werden sollte..! Ein Symposium über Lebensmittelsicherheit in einer „offenen Welt“, der oft auch weiten Transportwege.
Bundesverband der

Lebensmittelchemiker/-innen

im öffentlichen Dienst e.V. (BLC)

Bericht über das Symposium der E.A.L.V. in Paris

von Helma Haffke, Paderborn

Die Europäische Arbeitsgemeinschaft der Lebensmittelkontrolle und des Verbraucherschutzes „Food Inspection“ hat am 13.3.1998 in Paris ihr 1. Internationale Symposium der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes in Europa veranstaltet. Sie wurde dabei seitens Diversey Lever – der Welt größter Dienstleistungsbetrieb im Bereich der „Hygiene am Arbeitsplatz“ – unterstützt.

Zu der Veranstaltung, die im „Palais des Congres de Paris“ stattfand, waren Referenten der EU-Kommission, der Industrie und der Verbraucherverbände geladen.

Als Auftakt wurde am Vormittag ein Workshop zum Thema „Lebensmittelsicherheit und Hygiene“ durchgeführt. Nach dem Grundsatz „vorbeugen ist besser als heilen“ wurde deutlich, wie wichtig es ist, so früh wie möglich in der Nahrungskette mit Hygienemaßnahmen zu beginnen. Dies erfordert entsprechendes Hygieneverständnis bei allen, die Lebensmittel herstellen, weiterverarbeiten und handeln. Da diese Voraussetzung nicht immer gegeben ist, bedarf es entsprechender Schulungsmaßnahmen. Von Seiten der teilnehmenden Kontrolleure und Inspektoren der verschiedenen EU-Mitgleidsstaaten wurde deutlich, daß kleine Betriebe oftmals sehr zögernd reagieren, während große Produzenten oder Gemeinschaftsverpfleger eher bereit sind, entsprechende Eigenkontrollsysteme einzuführen, die die Sicherheit der produzierten Lebensmittel garantieren sollen.

Diversey Lever versucht als Dienstleistungsunternehmen zusammen mit den Lebensmittel-Produzenten Strategien zu entwickeln, die den verschiedenen Hygieneansprüchen genügen und die Gesundheitsrisiken für die Verbraucher minimieren. Dabei spielen auch Hygiene-Leitlinien eine Rolle, die zusammen mit der Lebensmittelüberwachung erarbeitet werden sollen.

Nach dem Workshop bestand Gelegenheit, sich über neue Entwicklungen im Bereich Hygiene, z.B. zu Desinfektionsmitteln, Temperaturmessungen, und vieles mehr an den Ausstellungsständen der Firmen Testo, Raytec, Diversey Lever und Rubbermaid zu informieren.

Am Nachmittag moderierte Marcel Verger (Food Inspection, F) das Symposium über „Lebensmittel-Sicherheit und Verbraucherschutz in Europa“.

Kees de Winter von der europäischen Verbraucherorganisation BEUC begann mit der Vortagsreihe. Als Vertreter aller Konsumenten betonte er die Notwendigkeit einer unabhängigen amtlichen Kontrolle.

Er forderte, daß die gesamte Lebensmittelkette von „the stable to the table“ geschlossen kontrollierbar sein sollte, um so die Sicherheit und den Verbraucherschutz zu gewährleisten. Durch die zunehmend horizontale Gesetzgebung ist den Mitgliedstaaten ein breiter Spielraum für die Interpretation der rechtlichen Bestimmungen gegeben (siehe Novel Food oder die kommende QUID-Regelung). Daraus ergibt sich die Forderung nach einer Harmonisierung der Lebensmittelkontrolle.

Durch den freien Warenverkehr kann es auch zu einer steten Zunahme von Kontaminationen im Bereich von Salmonellen, E.colii, Lysterien, etc. kommen. Dies erfordert rasches, effektives und einheitliches Handeln der amtlichen Kontrolle.

Aber auch der Verbraucher selbst sollte Verantwortung übernehmen. Dies kann er jedoch nur, wenn Aufklärung und Transparenz von allen Betroffenen gewährleistet wird. Neben den Kontrollen durch nationale amtliche Stellen über die Eigenkontrolle der Unternehmen, ist auch den Verbraucherverbänden Einblick zu gewähren, d.h. auch die amtlichen Kontrollen sollten Transparenz zeigen. Zusätzlich gilt es über die im privaten Küchenbereich zu treffenden Hygienemaßnahmen aufzuklären.

Desweiteren führte der Vertreter der BEUC aus, daß Lebensmittelproduzenten bereits bei der Urproduktion mit entsprechenden Eigenkontrollen beginnen sollten. Es wurde die Wichtigkeit von entsprechenden Reglementierungen nicht nur im Bereich der Lebensmittel tierischen Ursprungs, sondern auch der pflanzlichen Lebensmittel unterstrichen. Dort sollten auch die amtlichen Kontrollen verstärkt werden.

Eine Harmonisierung der Kontrollen ist schon deshalb sinnvoll, damit Unternehmen in jedem Mitgliedsstaat die gleichen Voraussetzungen vorfinden und um zu verhindern, daß Betriebe, die Lebensmittel in Verkehr bringen, ihre Geschäftssitze verlagern.

Dr. Patrice Dewevre (EU-Kommission, GD 24, Verbraucherschutz) hat diese Ausführungen vertieft. Die EU-Kommission verfolgt seit dem BSE-Skandal das Hauptziel, alle Kontrollmaßnahmen für den Verbraucher transparenter zu machen und den Bereich der amtlichen Kontrollen zu harmonisieren. Ziel ist es, durch eine neue Struktur Nahrungsmittelpolitik für den Verbraucher zu gewährleisten. Daher wurden alle den Verbraucherschutz betreffenden Angelegenheiten zusammengeführt und in die neu organisierte Generaldirektion 24 eingegliedert. Dies sichert Gewaltentrennung, Transparenz und Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Ausschüsse.

Auf wissenschaftliche Beratung, entsprechende Risikobeurteilung, sowie Kontrollen und Inspektionen wird großer Wert gelegt. Dabei sind die im Bereich der tierischen Lebensmittel bereits vorhandenen Regelungen auch auf den pflanzlichen Lebensmittelbereich auszudehnen.

Um den Verbraucherschutz in Europa zu gewährleisten, sind neben Eigenkontrollmaßnahmen der Wirtschaft insbesondere auch nationale Kontrollmaßnahmen zu verstärken. Auf EU-Ebene werden von Seiten der GD 24 außerdem Kontrollen in Form von Audits durchgeführt. Die Resultate dieser Audits wiederum werden den Verbrauchern durch entsprechende Veröffentlichungen in Form von Pressemitteilungen oder über das Internet zugänglich gemacht. (http://europa.eu.int/comm/dg24)

Peter Bird (Diversey Lever) unterstrich aus Sicht der Industrie und Wirtschaft die Wichtigkeit von den im Rahmen der Eigenkontrolle zu treffenden Hygienemaßnahmen. Hier gilt es praktikable Konzepte zu entwickeln, die die Lebensmittelsicherheit gewährleisten. Daher haben große Firmen bereits vor Beginn der rechtlichen Regelungen entsprechende Maßnahmen getroffen. Dies sollte nicht nur den Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren schützen, sondern auch die Lebensmittelqualität sicherstellen. Für die Hersteller resultierte hieraus auch ein entsprechender Schutz des eigenen Markennamens.

Das Hygieneverständnis geginnt im Kopf jedes einzelnen Mitarbeiters, daher steht die Personalschulung mit an erster Stelle der zu treffenden Maßnahmen. Gerade hierfür bietet der Dienstleister Diversey Lever seinen Service an. Es werden zusammen mit Herstellern und seit einiger Zeit auch zusammen mit Überwachungsbehörden komplette Hygienekonzepte entwickelt. Dieser Weg sollte unter Berücksichtigung des hier vorhanden Know-hows mit Blick auf die Gewährleistung der Lebensmittel-Sicherheit und des Verbraucherschutzes weiterverfolgt werden.

Bernd Weber (Food Inspection, D) unterstrich zu diesem Thema die Wichtigkeit der amtlichen Kontrolle. Die in der Überwachung tätigen Personen stellen das Bindeglied zwischen Wirtschaft und Verbraucher dar. Somit sollten alle hier beteiligten Berufsgruppen, sei es Lebensmittelkontrolleur (Inspektor), Lebensmittelchemiker oder Veterinär, als Kontrollteam entsprechende Inspektionen durchführen. So könnte das Wissen jedes einzelnen genutzt werden. Dies wird gerade im Hinblick auf die Überprüfung der von Seiten der Wirtschaft einzuführenden Eigenkontrollsysteme für erforderlich gehalten. Auch Anregungen zur Zusammenarbeit mit anderen Verbänden (BEUC, FLEP, CAA, etc) werden seitens der „Food Inspection“ erfolgen, um gemeinsam den Auftrag zur Lebensmittelsicherheit und zum Verbraucherschutz in Europa zu bewältigen.

Der Vizepräsident stellte am Schluß der Vortragsreihe noch einmal die Organisation, die Struktur und die Ziele der Europäischen Arbeitsgemeinschaft „Food Inspection“ vor.

Die Gründung erfolgte 1991 mit folgender Zielrichtung:

die Berufs- und Bundesverbände der Lebensmittelüberwachung der einzelnen Mitgliedsstaaten Europas zusammenzuführen,

den Austausch von Erfahrungen und Infromationen zu intensivieren und beschleunigen,

die Überwachungstätigkeit in Europa zu harmonisieren, sowie

den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten.

Derzeitige Mitglieder sind Verbände von Lebensmittelkontrolleuren (-inspektoren), Lebensmittelchemikern und Fleischkontrolleuren aus Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Niederlande und Österreich. Zu Lebensmittelinspektoren aus Spanien, Schweden und Luxemburg besteht Verbindung.

Die abschießende Diskussion leitete der Moderator Marcel Verger und es gab zahlreiche Wortmeldungen. Zu den wichtigsten Punkten:

personelle Besetzung der EU-Audit-Gruppen und der EU-Kontrollbehörden

Lebensmittelkontrolleure, bzw. -inspektoren und Lebensmittelchemiker sollten sowohl im nichttierischen als auch im Bereich des Catering und der Gemeinschaftsverpflegung eingebunden werden, um ihr umfassendes Wissen einbringen zu können

Privatisierung der offiziellen amtlichen Kontrollen

wurde sowohl vom Vertreter der GD 24 als auch der BEUC entschieden abgelehnt

Austausch-Programm auf Beamtenebene der EU (Karolus)

wird bis Ende 1999 weitergeführt. Der Vorschlag der „Food Inspection“, daß jeweils 10 bis 15 Lebensittelkontrollorgane zweier Mitgliedsstaaten in Form von 5-tägigen Workshops zusammentreffen, um Erfahrungen und Arbeitsweisen auszutauschen und so dem Harmonisierungsgedanken effizient gerecht zu werden, wurde mit Interesse aufgenommen.

Abschließend kann gesagt werden, daß das von etwa 360 Teilnehmern besuchte Symposium als weiterer wichtiger Mosaikstein zu sehen ist, der es

ermöglichte, die Europäische Arbeitsgemeinschaft „Food Inspection“, ihre Ziele und Projekte auf breiter Basis zu präsentieren,

Zustimmung und finanzielle Unterstützung seitens der GD 24 für das eingereichte Projekt, betreffend Erarbeitung von „Leitlinien über die gute Kontrollpraxis“ zu erlangen und

gemeinsam mit den zuständigen Verantwortlichen in der Europäischen Union Zukunftsperspektiven zu erarbeiten.

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