Akademiepräsident Muschg will neue Akademie am Pariser Platz, Berlin, nicht übernehmen: Schimmel im Sous-Terrain…das 56 Millionen-Euro-Ding, eine tpyische Berlinalie, möchte man fast geneigt sein, zu denken…und zu schreiben…hier die dazu passende FAST-GLOSSE, Pressestimme DIE WELT:
In den Schatzkammern schimmelt es
Akademie-Präsident Adolf Muschg will den Neubau in Berlin nicht übernehmen
von Stefan Kirschner
Vor wenigen Tagen kamen sie alle zusammen: Politiker, Architekten, Kritiker und die Vertreter der Akademie. Berlins Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hatte zu einem Empfang in den Neubau der Akademie der Künste am Pariser Platz geladen. Die Nachfolgerin von Peter Strieder, der über die zweifelhafte Finanzierung des Tempodroms gestolpert war, wollte positive Signale aussenden. Und das heißt bei diesem skandalumwitterten Neubauprojekt, bei dem die Kosten von 38 auf 56 Millionen Euro gestiegen sind: Berlin steht hinter seinem Sorgenkind, aber eigentlich ist das schon über den Berg.
Werner Durth, mit Günther Behnisch Planer des gläsernen Neubaus, der noch an seinem Buch zur Geschichte des Hauses arbeitet, sagte bei dem Empfang: „Ich hätte nie gedacht, dieses Projekt mit einem Happy-End zu beschließen.“ Möglicherweise war dieses Resümee etwas voreilig.
Ein Blick auf Adolf Muschg hätte die Euphorie bremsen können. Denn der Akademie-Präsident wollte an jenem Freitag bei dem Empfang der Senatorin partout nicht in den Rundum-Sorglos-Reigen einstimmen. Offiziell, weil er erstens wenig erfreut darüber war, daß die Veranstaltung der Senatorin eine Eröffnung suggerierte, die erst im Mai anläßlich der Frühjahrstagung der Akademie im Beisein des Bundespräsidenten und des Kanzlers geplant ist. Und zweitens, weil das Gesetz zur Übernahme der Akademie durch den Bund vom Bundesrat abgelehnt wurde, also noch immer nicht in Kraft ist.
Offenbar hatte die reservierte Haltung des Akademie-Präsidenten, der der Senatorin nicht die Hand reichen mochte, noch andere Gründe. Muschg hat Ingeborg Junge-Reyer nämlich kürzlich einen Brief geschrieben, in dem er die Übernahme des neuen Gebäudes im Herzen der Hauptstadt in Frage stellt. Und zwar aus demselben Grund, der schon im Sommer 2003 für Schlagzeilen sorgte. Damals wurde eher zufällig ein Schimmelbefall der unterirdischen Archivräume festgestellt. Der Generalunternehmer erklärte seinerzeit lapidar, daß die Untergeschosse „nicht für hochwertige Archive geeignet“ sind – und stellte die Bauarbeiten wegen Streitigkeiten um eine Bürgschaft ein.
Die zuständige Senatsverwaltung ließ einen Gutachter kommen. Der gab Entwarnung. Schuld seien nicht Baumängel, sondern die schlechte Durchlüftung. Auch Fungizide sollten Abhilfe schaffen.
Eine von der Akademie in Auftrag gegebene Messung Mitte Dezember 2004, es war zu diesem Zeitpunkt etwas kälter als im heißen Sommer 2003, hat nun ergeben, daß in sämtlichen Archivräumen Sporenwerte nachgewiesen worden seien, die weit über der Toleranzgrenze lägen, schreibt Muschg. Und schließt seinen Brief mit den Worten, daß das Gebäude als Ganzes so nicht übernommen werden könne.
Die Senatsbauverwaltung bestätigte gestern den Brief und konterte in bekannter Weise: Eine Kontrollmessung am 6. Januar habe ergeben, daß die Werte „im akzeptablen Bereich liegen“, erklärte eine Sprecherin und erläuterte die diesmal notwendigen Maßnahmen: Eine Reinigung der Wände der unterirdischen Archivräume mit Alkohollösung und ein wohltemperiertes Raumklima würden dazu führen, daß sich nach Abschluß der Baumaßnahme keine Schimmelpilze entwickeln könnten. „Wir haben das Problem im Griff.“
Bekannte Worte, gemischte Gefühle. Denn das haben Akademie-Präsident Muschg und Generalsekretär Gerhard Hannesen stets gehört, wenn es mal wieder Schwierigkeiten mit dem Neubau gab. Gestern war keiner der beiden für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Senatsverwaltung geht weiterhin davon aus, daß das Gebäude der Akademie der Künste Ende März übergeben wird. Die feierliche Eröffnung ist für den 21. Mai geplant. Vielleicht sollte dann auf eine Besichtigung der Archivräume verzichtet werden. Schatzkammern sind schließlich auch nicht für jedermann zugänglich.
Artikel erschienen am Fr, 28. Januar 2005