PRESSE-SPIEGEL vom 4. Juli 2004 –
Quelle – welt.online/ddp/AP
4. Juli 2004
Erster Schritt zu neuer Linkspartei
Die „Wahlalternative ASG“ will die Sozial- und Umweltverbände,
Gewerkschaften, Friedensbewegung und Globalisierungskritiker vertreten – und könnte die Fünf-Prozent-Hürde schaffen
Müntefering warnt seine Genossen vor einer Unterstützung des Bündnisses
Foto: ddp
Berlin/Köln – Der erste Schritt in Richtung Gründung einer neuen Linkspartei ist getan. Am Samstag schlossen sich in Berlin die „Wahlalternative“ und die „Initiative ASG“ zum Verein „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit e.V.“ zusammen. Im Herbst soll auf einer Bundesdelegiertenkonferenz über eine Parteigründung entschieden werden. Dabei ist eine Urabstimmung unter den Mitgliedern vorgesehen.
An dem Treffen in Berlin nahmen rund 40 Vertreter beider
Organisationen sowie die Koordinatoren in den Bundesländern teil. Wie die Koordinatorin der Wahlalternative, die parteilose Duisburger Kommunalpolitikerin Irina Neszeri, mittelte, wurde zunächst die Satzung des Vereins beschlossen. Am Abend wollte der Verein sein Programm verabschieden und den Vorstand wählen.
Die „Wahlalternative“ soll künftig von vier gleichberechtigten
Sprechern geführt werden. Laut einem Bericht des „Kölner Stadt- Anzeigers“ will sie erstmals bei der Landtagswahl in Nordrhein- Westfalen Ende Mai 2005 antreten. „Der Name (der Partei) steht noch nicht fest“, sagte Neszeri dem Blatt.
Scharfe Krititk von SPD und Union
Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering zeigte sich besorgt über die
mögliche Gründung einer neuen Linkspartei. Die Arbeiterbewegung könne nur erfolgreich sein durch den Schulterschluss von SPD und Gewerkschaften, betonte der SPD-Chef. Zugleich warnte er davor, solche Gruppierungen zu unterstützen: „Wer sich jetzt Leuten anschließt, die etwas versprechen, was sie nicht werden halten können, der setzt viel aufs Spiel.“
Sachsens DGB-Chef Hanjo Lucassen riet indes der
Gewerkschaftsführung, mit den neuen Bewegungen „nicht so rigoros“ umzugehen wie früher mit den Grünen. „Diese Gesellschaft hat sich verändert. Insbesondere junge Leute sind enttäuscht von den etablierten Parteien“, sagte Lucassen. Er unterstrich: „Die Gewerkschaften müssen das ernst nehmen.“
Seit ihrem ersten Auftreten vor einigen Monaten haben sich
bundesweit über 40 Regionalorganisationen beider Initiativen gebildet. Nach eigenen Angaben haben zudem rund 10.000 Menschen die Aufrufe für mehr soziale Gerechtigkeit unterzeichnet. Die Wahlalternative versteht sich als „politischer Arm“ für die Anliegen von Sozial- und Umweltverbänden, Gewerkschaften, Friedensbewegung und Globalisierungskritikern.
Die neue Linkspartei könnte möglicherweise aus dem Stand
heraus die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Wie eine Infratest- Umfrage im Auftrag des NDR-Magazins „Panorama“ Ende Juni ergeben hatte, würden sechs Prozent der Bundesbürger ihre Stimme einer von Gewerkschaften angeregten neuen Partei geben. Weitere 32 Prozent der 1002 Befragten hatten mit „ja, vielleicht“ geantwortet.
Söder kritisiert Pläne für Linkspartei
CSU-Generalsekretär Markus Söder hat die geplante Gründung
einer neuen Linkspartei scharf kritisiert. „Das Unwichtigste, was Deutschland jetzt braucht, ist noch eine Linkspartei, die keinen ökonomischen Sachverstand hat“, sagte Söder am Sonntag im Deutschlandfunk. Das verschlechtere die Lage nur, fügte er hinzu. „Ein paar enttäuschte Halbkommunisten oder Gewerkschaftler“, würden die Potenziale nicht mehren. „Mehr Lafontaines tun dem Land nicht gut“, sagte Söder.
Der CSU-Generalsekretär betonte, dass die von der rot-grünen
Bundesregierung eingeleiteten Reformen längst nicht ausreichten. „Das sind nur ganz, ganz kleine Schritte“, sagte er. Deutschland brauche keine Einzelreformen sondern ein Bündel von Maßnahmen. WELT.de/ddp/AP
Artikel erschienen am 4. Juli 2004
Weblinks:
Homepage: Verein „Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit“