Presse-Spiegel: DIE WELT -& HARTZ IV

Zur live-Debatte bei FEMINISSIMA – hier wieder einmal ein Blick in die aktuelle PRESSE.

Wir haben erneut die WELT ausgewählt.

Verrückte Welt…die WELT wird zunehmend unser Sympathiblatt, während die taz zunehmend unser Buh-Blatt …wird.

Natürlich bevorzugen wir FREITAG – die Wochenzeitung aus dem Osten…aber die WELT-Leute schreiben unverschämt-gut und das Blatt widmet sich nicht nur himmlischer Kulturkritik…sondern auch täglich der HARTZ IV – Kritik. Bitte sehr:
„Das Regieren ab 2006 wird für die

Union kein Zuckerschlecken“

DIE WELT: Schauen wir nach Berlin. Ihre Prognose: Übersteht Gerhard Schröder die Legislatur als Bundeskanzler?

Milbradt: Ich vermute, dass das nicht der Fall sein wird. Überzeugt

bin ich allerdings auch davon, dass die Koalition nicht auseinander brechen wird. Das heißt, es kommt nicht zu einem vorzeitigen Regierungswechsel. Deshalb ist die Union gut beraten, sich auf den Wahltermin 2006 vorzubereiten.

DIE WELT: Als möglicher Schröder-Nachfolger wird bereits der

Bremer Landeschef Henning Scherf gehandelt.

Milbradt: Ich beteilige mich nicht an diesen Spekulationen, bin

jedoch davon überzeugt, dass in der gegenwärtigen Situation auch ein Auswechseln des Bundeskanzlers die SPD nicht retten wird. Als Organisation hat diese Partei nicht die erforderliche Veränderungsbereitschaft und verfügt nicht über die notwendige Offenheit, um sich auf neue Umstände einzustellen. Die neue Parteiführung verfährt nach dem Motto „Augen zu und durch“. Doch das hilft wenig, wenn die eigenen Mitglieder nicht davon überzeugt sind, dass der Sozialstaat umgebaut werden muss, um ihn erhalten zu können. Besonders ausgeprägt und geradezu beängstigend ist das Beharrungsvermögen der Gewerkschaften, die der traditionelle Verbündete der SPD sind.

DIE WELT: Fast alle politischen Beobachter sind sich einig, dass

auch die CDU und ihre Vorsitzende Angela Merkel vom Wähler abgestraft würde, wenn sie Regierungsverantwortung hätte und unpopuläre Reformen umsetzen müsste.

Milbradt: Wir sehen überall in Europa, dass Reformen nur schwer

durchsetzbar sind. Da Reformen nur langfristig wirken, können ihre Früchte meistens nicht während einer Wahlperiode geerntet werden. Deshalb besteht die Gefahr, dass der Wähler die Veränderungen nicht akzeptiert und dem politischen Gegner zur Macht verhilft. Trotzdem muss man irgendwann anfangen. Ohnehin bin ich davon überzeugt, dass der Reformprozess in Deutschland mindestens zehn bis 15 Jahre in Anspruch nehmen wird.

DIE WELT: Dann müssten Sie sich aber auch stärker vom

Populismus in Ihrer Partei distanzieren.

Milbradt: Ja, natürlich! Wenn wir 2006 die Regierung übernehmen,

wird das kein Zuckerschlecken sein.

DIE WELT: Ein prägnantes Beispiel für solchen Populismus in der

Union ist Hartz IV. Erst war die CDU für die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Nachdem es nun ernst wird, erfolgt die Kehrtwende.

Milbradt: Wir hatten zunächst ein eigenes Konzept, das nicht

akzeptiert wurde. Dann hat sich die Union auf einen Kompromiss eingelassen, den ich von Anfang an skeptisch gesehen habe. Ich hätte schon damals ein Scheitern der Verhandlungen in Kauf genommen.

DIE WELT: Was beinhaltete der Kompromiss?

Milbradt: Erstens eine Option: Die Erledigung der Aufgabe kann

sowohl von den Kommunen wie von der Bundesanstalt für Arbeit übernommen werden. Letztere sollte also kein Monopol erhalten. Zweitens: Die Kommunen werden um rund 2,5 Milliarden entlastet. Und drittens: Die Politik schafft Rahmenbedingungen, die eine bessere Vermittlung von Arbeitlosen garantiert. Jetzt stellen wir fest, dass keine dieser Bedingungen erfüllt wurde. Die Bundesanstalt ist nicht einmal in der Lage, die Dinge ab dem 1. Januar 2005 auch nur technisch in den Griff zu bekommen.