Ja, für Euch und uns gefunden- Quellen am Ende des sehr aufschlußreichen Textes.
Vielleicht hilft es der/dem Einen oder anderen, einfühlsamer gegenüber Patienten zu werden oder zu sein.
Supportive Therapie
Angst bei Tumorpatienten
G. Hege-Scheuing, Sektion Schmerztherapie, Universitätsklinik für Anästhesiologie
Definition / Basisinformation:
Angst kommt häufig vor bei onkologischen Patienten: 44% berichten Angst, 23% eine bedeutsame Angst. Typische Situationen sind Vorsorgeuntersuchungen, Diagnostik, Behandlung und Rezidiv. Angst kann zu einer Verzögerung oder Vermeidung von Vorsorge- und Diagnostikmaßnahme führen und dadurch Heilungschancen ungünstig beeinflussen. Wartezeiten bis die Ergebnisse von diagnostischen Untersuchungen vorliegen bedeuten für viele Patienten oft Phasen mittelstarker bis starker Angst. Angst kann die Erwartung von behandlungsbedingten Schmerzen erhöhen, Schlafstörungen auslösen und stellt einen wichtigen Faktor bei antizipatorischer Übelkeit und Erbrechen dar. Angst beeinträchtigt erheblich die Lebensqualität.
Das Risiko ist erhöht bei einer Angsterkrankung in der Anamnese, jüngerem Alter, weiblichem Geschlecht sowie bei Patienten mit Kommunikationsstörungen. Ebenso bei ausgeprägten Schmerzen, Funktionseinbußen, fehlender sozialer Unterstützung und fortschreitender Erkrankung. Angst kann Symptom zerebraler Metastasierung sein, kann Nebenwirkung einer Medikation sein, z.B. von Corticosteroiden.
Subtypen
Eine akute Belastungsreaktion (bis 4 Wochen) sowie eine Anpassungsstörung (bis max. 2 Jahre) sind die häufigsten Formen und durch die Diagnosemitteilung einer malignen Erkrankung auslösbar. Bis zu 15% aller Tumorpatienten erfüllen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Eine Panikstörung, eine phobische Erkrankung oder eine generalisierte Angsterkrankung sind in der Regel bereits vorbestehende Störungen, die durch eine maligne Erkrankung reaktiviert werden können. Dasselbe gilt für eine Zwangserkrankung, von der die Patienten häufig nur die Angstsymptome berichten.
Somatische Faktoren können sein: unzureichend behandelter Tumorschmerz, Hypoxie, Lungenembolie (Panik), Sepsis, Hypoglykämie, Herzinsuffizienz, hormonproduzierende Tumoren (z.B. Phäochromozytom, Schilddrüsentumoren, ACTH-produzierende Tumoren, Insulinom),
Medikamente (Corticoide, Neuroleptika, Schilddrüsenhormone, Bronchodilatatoren, Betamimetika, Antihistaminika, Benzodiazepine).
Substanzentzug (Alkohol, Opioide, Benzodiazepine)
Symptome:
Selbstwahrnehmung als angespannt, nervös, zittrig. Vermeidungsverhalten (Orte, Situationen). Angst, die Kontrolle über sich zu verlieren. Besorgtheit bezüglich der weiteren Entwicklung bzw. der Schwierigkeiten der Behandlung. Körperliche Symptome wie Atemnotgefühl, Schwitzen, Kloß im Hals, Druck im Oberbauch, Gefühl des Herzrasens.
Diagnostik:
Anamnese / Gespräch sowie Ausschluss o.g. somatischer Faktoren. Oft lässt sich eine Unterscheidung zwischen normaler Angst (auch benennbar als situationsbezogene Furcht) bei einer Krebserkrankung, vorübergehenden Ängsten im Sinne einer akuten Belastungsreaktion bzw. einer Anpassungsstörung und einer weitergehenden Störung im Sinne einer Angsterkrankung, die unter Umständen einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung bedarf, erst im Verlauf stellen.
Behandlungsziele:
Linderung / Beseitigung des Angsterlebens. Behandlung auslösender Faktoren (z.B. Schmerzen, Nebenwirkung einer Medikation). Verbesserung der wahrgenommenen Lebensqualität.
Behandlung:
kurativ / kausal:
Behandlung einer auslösenden somatischen Ursache wie Hypoglykämie
symptomatisch:
Informationsvermittlung / Edukation
Ermutigung („Problem Schritt für Schritt angehen“, „Problem als Herausforderung annehmen“, „versuchen, vollständige Informationen zu erhalten“, „versuchen, flexibel zu sein, die Dinge zu nehmen, wie sie kommen“).
Psychotherapie
Medikamentös:
Benzodiazepine bei situativer Angst:
– Lorazepam (Tavor®, H) 2 – 4 x 0,25mg
– Diazepam (Diazepam Ratiopharm®, H) 2 x 2,5 – 5mg
– Alprazolam (Tafil®) 2 – 4 x 0,25mg p.o.
andere:
– Buspiron (Bespar®) 3 x 5mg
Neuroleptika:
– Thioridazin (Melleril®, H) 3 x 10mg
Antihistaminika:
– Hydroxyzin (Elroquil N®) 2 x 25mg
Bei gleichzeitiger depressiver Verstimmung und Angst:
sedierendes Antidepressivum
Amitriptylin (Saroten®, H); Doxepin (Aponal®, H)
Therapieerfolgskontrolle, Nachsorge:
Patienten sollten ermutigt werden, eine ausreichende Dosis einzunehmen, um die Angst effektiv zu lindern. Wenn die Symptome nachlassen, kann die Medikation reduziert bzw. abgesetzt werden. Befürchtungen vor einer Abhängigkeitsentwicklung sollten bei Tumorpatienten nicht übertrieben werden und nicht eine effektive Symptomlinderung verhindern. Überlebende Patienten werden mit immer wiederkehrender Angst zu kämpfen haben: beispielsweise Nachsorgeuntersuchungen, Sorgen wegen finanzieller Probleme, Rückkehr zur Arbeit, Stigmatisierung wegen der Tumorerkrankung, Veränderung des Körperbildes.
Literatur:
http://www.meb.uni-bonn.de/cancernet/305966.html
Anxiety disorder; CancerNet from the National Cancer Institute
© Tumorzentrum Ulm 1999 letzten Änderung 28.04.2000/ce
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