Medienkrieg: der Irak vorn..

Quelle: www.newsroom.de

Mittwoch, 02.04.2003

MEDIENKRIEG

Iraks Informationsminister kämpft ganz vorn an der Propagandafront

Mohammed Said el Sahhaf punktet mit Polemik und Kraftausdrücken

Bagdad (AFP) – Knapp zwei Wochen nach Beginn des Irak-Krieges steht eines außer Zweifel: An der Propagandafront kann der irakische Machthaber Saddam Hussein beachtliche Erfolge vorweisen – und dies verdankt er zu einem guten Teil seinem unermüdlichen und alles andere als zimperlichen Informationsminister Mohammed Said el Sahhaf. Der 63-jährige Politiker im khakifarbenem Kampfanzug attackiert die USA und ihre Verbündeten mit wendiger Polemik und ruppigen Kraftausdrücken. Es gelang ihm damit, in der arabischen Welt eine Welle der Solidarität mit den Irakern auszulösen. Seit Beginn des Krieges steht Sahhaf in der vordersten Linie. Den Ton gab er schon wenige Stunden nach den ersten Bombenangriffen auf Bagdad an, als er in seiner ersten Kriegs-Pressekonferenz die britischen und US-Militärs als „Kriminelle“, „Söldner“ und „Dummköpfe“ bezeichnete.

Unbeeindruckt vom Bombenhagel führte der Minister anschließend die wenigen Vertreter der internationalen Presse, die das Risiko eingehen wollten, höchstpersönlich zu dem teilweise beschädigten Präsidentenpalast. Seither trommelt der Politiker, der sich bereits 1963 Saddam Hussein und dessen Baath-Partei anschloss und seither als enger Vertrauter und bedingungsloser Gefolgsmann des Präsidenten gilt, die Medienvertreter praktisch täglich zu Briefings in seinem Ministerium zusammen. Er erläutert ihnen die Lage der Dinge aus seiner Sicht – das heißt, er bauscht den Widerstand der Iraker gegen die „Invasion der Schurken“ auf, spielt Erfolge der britisch-amerikanischen Truppen herunter und spart nicht mit Schimpfkanonen. Mal nennt der Mann mit der Brille und dem schwarzen Barett die Amerikaner eine „Bande von Gangstern und Mördern“, mal bezeichnet er den britischen Premierminister Tony Blair und US-Präsident George W. Bush als Lügner. Mal kündigt er großspurig an, die Angreifer seien in eine „Falle“ getappt, aus der sie „nur als Leichen“ wieder rauskämen; mal berichtet er vom heroischen Widerstand unerschrockener irakischer Bauern, die US-Hubschrauber angeblich mit einfachen Gewehren abgeschossen haben sollen.

In seinem früheren Amt als Außenminister trat Sahhaf mit seinen ungezügelten Äußerungen allzu oft ins Fettnäpfchen, so dass er schließlich im August 2001 abgesetzt wurde. Doch nun ist der Schiit genau der richtige Mann am richtigen Ort. Zur Strategie der Bagdader Regierung gehört es, den Medienvertretern die zivilen Opfer des Krieges vor Augen zu führen. Sahhaf sorgt denn auch dafür, dass Spezialbusse die Journalisten prompt an die „richtigen“ Stellen bringen – etwa nach den Bombenangriffen auf Märkte, wo Dutzende von Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder, getötet wurden. Auch werden regelmäßig Fotografen, Kameraleute und Reporter in die Krankenhäuser gebracht, wo sie das Ausmaß der menschlichen Tragödie besonders drastisch erleben. Sahhaf weiß, dass Bilder von grausam verstümmelten Kindern so um die ganze Welt gehen – und dem Image der USA und Großbritanniens verheerenden Schaden zufügen.

Nicht immer stand der 63-Jährige, der als junger Mann Englisch studierte und eigentlich Lehrer werden wollte, den Amerikanern feindselig gegenüber. Während des irakisch-iranischen Krieges in der 80er Jahren bemühte sich der damalige Unterstaatssekretär im Bagdader Außenministerium um eine enge Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten. Aus dieser Zeit des Kampfes gegen den damals gemeinsamen Feind in Teheran kennt Sahhaf persönlich einen Politiker, den er heute nur verächtlich „Hund“ nennt – US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. jh/löw