Pressemitteilung der Initiative BEBELPLATZ/Mai 2010

…in Sachen „Mercedes – Fasion – Week“..
PRESSEMITTEILUNG der INITIATIVE BEBELPLATZ vom 5. Mai 2010
Für die Integrität des Denkmals ‚Bibliothek’ von Micha Ullman auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte

Zur Zukunft der Mercedes Fashion Week auf dem Bebelplatz in Berlin:
„Politische Täuschungsmanöver, Verachtung der Kunst und der Demokratie“

Zum Jahrestag der nationalsozialistischen Bücherverbrennung, die am 10. Mai 1933 auf dem
Berliner Opernplatz (heute: Bebelplatz) stattgefunden hat, wendet sich die Initiatve Bebelplatz
mit scharfen Vorwürfen gegen den Berliner Senat an die Öffentlichkeit. Sie erinnert an jüngste Debatten über den Umgang mit diesem historischen Ort und seinem Kunstwerk, dem Denkmal Bibliothek von Micha Ullman.

Zunächst hatten in der Folge der Mercedes Fashion Week vom 20. bis 23. Januar 2010, durch die incl. Auf‐ und Abbau der Platz und das Denkmal zum vierten Mal seit 2007 durch ein Zelt ca. vier Wochen lang abgedeckt worden waren, die zuständige Veranstalterfirma IMG, der Hauptsponsor Daimler Benz und die Senatswirtschaftsverwaltung ihr Einlenken signalisiert. Für künftige Modewochen, so verlautete im Januar, suche man einen anderen Ort. Während Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf bekräftigte, der Bebelplatz sei aufgrund seiner historischen Relevanz nur eine „Interimslösung“, versicherte der Linke‐Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, die Fashion Week im Januar 2010 werde die letzte sein, „die auf dem Bebelplatz stattfindet“. Die Verantwortlichen reagierten damit auf die Empfehlung des Petitionsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, auf einen Offenen Brief des Berliner Ehrenbürgers Edzardt Reuter, kirchlicher Repräsentanten und weiterer prominenter Bürger an den Regierenden Bürgermeister sowie auf Bürgerproteste am zugebauten Bebelplatz während der Mercedes Fashion Week. Die Gegner einer regelmäßigen flächendeckenden Vermarktung des Bebelplatzes hatten darauf hingewiesen, daß eine solche Nutzung des Platzes das für den Stadtraum und den offenen Himmel konzipierte Denkmal Micha Ullmans beschädige, daß die Stadt hier an ihrem schönsten Platz entstellt und das historische Vermächtnis des NS‐Tatortes ignoriert werde.

Noch während der Mode‐Tage war die Ankündigung einer weiteren Fashion Week auf dem Bebelplatz, Termin Juli 2010, von der Homepage der Veranstalter entfernt worden; bis heute ist ein konkreter Ortshinweis dort nicht mehr zu finden. Vertreter aller Parteien, voran die PDS des Bezirkes Berlin‐Mitte, distanzierten sich in der Folge von der bisherigen Bespielung des Bebelplatzes. Repräsentanten von Mercedes Benz in Stuttgart und in Berlin unterstrichen, die Suche nach einer besseren Lösung sei ganz in ihrem Sinne, betonten aber zugleich, die Entscheidung liege bei der Berliner Verwaltung. In den Medien wurden die scheinbar entgegenkommenden Reaktionen der Verantwortlichen als Votum für einen definitiv beschlossenen
Umzug der Fashion Week gefeiert, worauf von Amtsseite kein Dementi erfolgte.

Von der Behörde des Wirtschaftssenators Harald Wolf (Die Linke) ist jedoch bisher keine verbindliche Auskunft zum künftigen Schauplatz der Fashion Week zu erhalten. Auf Anfrage wird lediglich mitgeteilt, eine geeignete Alternative sei bislang nicht gefunden. Zugleich dringt an die Öffentlichkeit, daß die Senatswirtschaftsverwaltung den Vorschlag von Mercedes Benz, die Fashion Week an den Schlossplatz zu verlegen, mit dem Hinweis auf die weitere Brauchbarkeit des Bebelplatzes abgelehnt habe.

Das Täuschungmanöver der Senatsverwaltung hat offensichtlich den Zweck, Zeit zu gewinnen:
um Proteste von Bürgern, von Künstlerverbänden und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, wie sie sich seit drei Jahren zur Unterstützung des in seinem Urheberrecht verletzten Bildhauers Micha Ullman formieren, weiterhin ins Leere laufen zu lassen. Der Senat demonstriert mit dieser Politik der Desinformation und des Hinhaltens seine Verachtung der Kunst sowie der demokratischen Meinungs‐ und Willensbildung.

Die Initiative Bebelplatz fordert alle Bürger, denen Berlins Darstellung und Selbstverständnis ein Anliegen ist, dazu auf, ihr Votum – für den Bebelplatz und sein Denkmal, gegen flächendeckende Vermarktung dieses Ortes – in Briefen an Wirtschaftssenator Harald Wolf auszudrücken. Bei den Veranstaltungen, die am Montag 10. Mai zur Erinnerung an den Jahrestag der Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz stattfinden, besteht die Gelegenheit zur weiteren Koordination ziviler Gegen‐Aktionen. Von 15 Uhr bis 18 Uhr werden Vertreter der Initiative dafür anwesend sein. Für die um 15:30 Uhr beginnende Ehrung Magnus Hirschfelds, dessen Bücher am 10. Mai 1933 ebenfalls verbrannt worden waren, ist eine Ansprache des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit angekündigt, den wir ebenfalls als Verantwortlichen für eine würdige Nutzung des Bebelplatzes in die Pflicht nehmen werden.

Kontakt: initiative@bebelplatz.org

Protestschreiben für den Bebelplatz und sein Denkmal, gegen flächendeckende Vermarktung dieses Ortes durch die Mercedes Fashion Week, richten Sie bitte an:

Herrn Senator Harald Wolf
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen
Martin‐Luther‐Straße 105
10825 Berlin

PM: Initiative Bebelplatz – Original.pdf

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