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Oberst Georg Klein und der Nato-Angriff auf zwei Tanklaster Login|Registrierung

Oberst Georg Klein und der Nato-Angriff auf zwei TanklasterDieser Beitrag ist Teil einer Themenseite. Alle Artikel und Hintergründe

27.11.2009

Live-Ticker

Lautenschläger lässt Jung-Nachfolge dementieren

Ex-Verteidigungsminister Jung gerät immer weiter unter Druck. Was wusste er über zivile Opfer in Afghanistan? Aus der Opposition kommen immer mehr Rücktrittsforderungen. In Berlin tagte der Verteidigungsausschuss. Verfolgen Sie die Entwicklung im Live-Ticker auf SPIEGEL ONLINE.

+++ Lautenschläger lässt Jung-Nachfolge dementieren +++

[15.42] Die als seine mögliche Nachfolgerin Jungs gehandelte hessische Umweltministerin Silke Lautenschläger ließ ihre Sprecherin in Wiesbaden erklären: „Die Ministerin macht hier ihre Arbeit und bleibt weiter in Hessen.“

+++ Mißfelder bedauert Jungs Rücktritt +++

[15.16] Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder, hat den Rücktritt Jungs bedauert. „Ich danke Franz Josef Jung für die geleistete Arbeit“, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied am Freitag. „Die Geschehnisse der letzten Tage tun mir für meinen Freund Franz Josef Jung sehr leid“, sagte Mißfelder, der auch Vorsitzender der Jungen Union ist.

+++ Koch bedauert Jungs Rücktritt +++

[14.28] Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat den Rücktritt Jungs bedauert. Dies sei ein „außerordentlich respektabler Schritt“, erklärte der hessische CDU-Chef in Wiesbaden. Das Mitgefühl gelte „in diesen schweren Stunden unserem Freund Franz Josef Jung, der mit Leib und Seele, mit großer Leidenschaft Bundesminister war“. Er sei auch bei weitem erfolgreicher in seinem Amt als Bundesverteidigungsminister gewesen, „als es die Kritiker dieser Tage wahr haben wollen“.

„Jung geht, Merkels Krise bleibt“

Roland Koch ist persönlich betroffen, die Opposition hingegen feiert den Rücktritt von Arbeitsminister Jung. SPIEGEL ONLINE hat die besten Zitate gesammelt. Zitate starten: Klicken Sie auf den Pfeil

+++ U-Ausschuss trotz Rücktritt +++

[13.59] Trotz Jungs Rücktritts wird es wahrscheinlich im Bundestag einen Untersuchungsausschuss zu den Informationspannen nach dem Luftschlag in Afghanistan geben. „Ein Untersuchungsausschuss hat sich damit natürlich nicht erledigt“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Freitag SPIEGEL ONLINE. Voraussichtlich wird sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss konstituieren.

+++ Jung tritt zurück +++

[13.32] Jung ist am Mittag vor die Presse getreten und hat in einer kurzen Stellungnahme seinen Rücktritt angeboten. Der Schritt sei die Folge reiflicher Überlegung. Der aus Hessen stammende Politiker zieht damit die Konsequenzen aus der jüngsten Affäre. Er übernehme die Verantwortung für die Informationspannen. Jung betonte, er habe die Öffentlichkeit und das Parlament über seinen Kenntnisstand immer korrekt informiert. Er wolle mit dem Schritt Schaden für die Bundeswehr abwenden und sie vor unberechtigten Angriffen in Schutz nehmen. Der gesamte Auftritt dauerte knapp zwei Minuten, Nachfragen von Journalisten ließ er nicht zu.

+++ Merkel will Jung-Nachfolge schnell regeln +++

[13.28 Uhr] Kanzlerin Merkel will sich nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa zügig um eine Nachfolge für den Posten des Arbeitsministers kümmern. Die ersten Gespräche sollen demnach noch an diesem Freitag geführt werden.

+++ Jung erwartet zu hohe Belastung für seine Arbeit +++

[13.20 Uhr] Als Grund für den bevorstehenden Rücktritt Jungs meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Koalitionskreise, der Minister erwarte wegen der Debatte um seine Amtsführung als Verteidigungsminister eine zu hohe Belastung für ein weiteres Wirken als Arbeitsminister.

+++ Koalitionskreise bestätigen Jungs Rücktrittspläne +++

[13.11 Uhr] Aus immer mehr Quellen verdichten sich die Hinweise darauf, dass Franz Josef Jung der Kanzlerin seinen Rücktritt anbieten will. Die Nachrichtenagenturen melden nun auch unter Berufung auf Koalitionskreise, der glücklose Minister wolle abtreten.

+++ Regierungssprecher kündigt Jungs Rücktritt an +++

[12.52 Uhr] Jung wird wohl noch am Freitag von seinem Amt als Arbeitsminister zurücktreten, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm indirekt ankündigte. Auf die Frage in der Bundespressekonferenz, ob er nicht wisse, ob Jung zurücktrete, oder ob er es als Stillosigkeit empfunden hätte, Jungs Pressekonferenz „zu seinem Abschied“ zuvorkzukommen, sagte Wilhelm: „Letzteres“. Auf die Nachfrage: „Sie wussten es, aber wollten es nicht sagen?“, antwortete er: „So ist es.“ Direkt äußerte sich er sich aber nicht zu dem Thema.

+++ Jung will um 13.30 Uhr neue Erklärung abgeben +++

[12.21 Uhr] Jung wird am Freitagmittag erneut zu den Vorwürfen wegen unterschlagener Informationen Stellung nehmen. Dies kündigte Regierungssprecher Wilhelm in Berlin an. Nähere Auskunft gab er nicht. Der heutige Arbeitsminister steht wegen der Affäre massiv unter Druck. Aaf die Frage, ob Jung seinen Rücktritt angeboten habe, sagte Wilhelm nur: „Warten Sie die Erklärung ab.“

+++ Merkel hält zu Jung +++

[12.18 Uhr] Bundeskanzlerin Angela Merkel steht nach wie vor hinter Franz Josef Jung. Das Vertrauen zu Jung bestehe „unverändert“, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag in Berlin.

+++ Altkanzler Schmidt findet Entlassung von Schneiderhan zu früh +++

[12.15 Uhr] Altkanzler Helmut Schmidt hat die Entlassung von Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert als verfrüht bezeichnet. „Das war ein bisschen sehr schnell. Das wird sich noch herausstellen“, sagte der frühere Verteidigungsminister am Freitag in Hamburg.

+++ Guttenberg fehlten neun Berichte +++

[12.10 Uhr] Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sind neun Berichte und Einschätzungen zu dem umstrittenen Luftangriff vorenthalten worden. Das erklärte der CSU-Politiker am Freitag in Berlin der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. Er versicherte, er werde nach Durchsicht der Berichte zu einer Neubewertung seiner Einschätzung des Bombardements vom 4. September kommen, bat sich aber Zeit aus.

+++CDU für Jungs Verbleib im Amt +++

[12.01 Uhr] Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder, hat die Entscheidung verteidigt, dass Jung im Amt bleibt. Zugleich signalisierte er die Zustimmung seiner Partei zu dem von der Opposition geforderten Untersuchungsausschuss. Anhaltende Rücktrittsforderungen an den Ex-Verteidigungsminister wies er im Deutschlandfunk zurück. Dennoch sagte er auf die Frage, wie er sich die Fehler erkläre: „Im Grunde gibt es keine Erklärung dafür.“

+++ Union verlangt Aufklärung +++

[11.48 Uhr] Die Union hat noch Klärungsbedarf. „Da muss noch mehr kommen“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Ernst-Reinhard Beck, am Freitag. Die Erklärung von Jung vom Donnerstag sei noch „ergänzungsbedürftig“. Es gelte aber „Sorgfalt vor Eile“.

+++ Bundeswehrverbandschef verteidigt Angriff von Kunduz +++

[11.22 Uhr] Der Chef des Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch, hat den umstrittenen Luftangriff auf die Tanklastzüge nahe Kunduz am 4. September verteidigt. Im ARD- „Morgenmagazin“ nahm Kirsch den Bundeswehrkommandeur Oberst Georg Klein in Schutz. „Oberst Klein fühlte sich durch die Tanklastwagen bedroht. Wir tun uns in Deutschland leicht zu beurteilen, was er hätte tun sollen.“ Achtmal seien in Afghanistan bereits Tanklastzüge für Anschläge benutzt worden, erklärte Kirsch.

+++ Verteidigungsausschuss tagt +++

[11 Uhr] In Berlin tagt seit dem Morgen der Verteidigungsausschuss des Bundestags. Er will die Pannen bei der Information der Öffentlichkeit über den tödlichen Luftangriff auf zwei gekaperte Tanklastzüge in Nordafghanistan untersuchen. Die geheime Sondersitzung hat die Opposition durchgesetzt. Sie fühlt sich von Jung nur unzureichend über den Luftschlag mit bis zu 142 Toten Anfang September informiert, den die Bundeswehr angefordert hatte.

+++ Neue Vorwürfe gegen Jung +++

[10.46 Uhr] Der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) soll sich bei seiner Stellungnahme im Bundestag zum Luftangriff von Kundus am 4. September in neue Widersprüche verwickelt haben. Die „Bild“-Zeitung berichtete am Freitag, als Jung am 8. September im Bundestag erklärte, bei dem Angriff seien Taliban und deren Verbündete getötet worden, habe er sich auf eine Einzelmeldung des Regionalkommandos in Afghanistan bezogen, die zusammen mit anderen an das Einsatzführungskommando in Potsdam gegangen sei. In diesen anderen Meldungen sei von zivilen Opfern und mangelnder Aufklärung vor der Bombardierung die Rede gewesen.

ler/ffr/dpa/AFP/Reuters/ddp/AP

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DER SPIEGEL

Tod im Flussbett: Grafische Rekonstruktion von Taliban-Überfall und Nato-Luftschlag bei Kunduz (Angaben in Ortszeit)

CHRONOLOGIE DER BOMBENNACHT IN KUNDUZ

20.00 bis 22.30 Uhr

20.00 Uhr Ein afghanischer Informant meldet dem Bundeswehr-Camp in Kunduz die Entführung zweiter Tanklaster aus einem Nato-Versorgungskonvoi bei Aliabad südlich vom Feldlager der Bundeswehr.

21.14 Uhr Uhr Auf Anforderung des deutschen Camps trifft ein B1-Bomber(Einsatzname „Bone 22“)über der Region Kunduz ein, der zuvor eine andere Operation mit deutscher Beteiligung im Norden der Region unterstützt hat.

22.00 Uhr Der Informant der Bundeswehr meldet sich erneut und gibt an, die beiden Tanklaster steckten auf einer Sandbank fest.

22.30 Uhr Der B1-Bomber kann die beiden Laster nicht finden. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der afghanische Informant eine unklare Angabe des Orts durchgegeben hatte.

22.30 bis 1.30 Uhr

0.00 Uhr „Bone 22“ lokalisiert die beiden Trucks auf einer Sandbank und sendet die ersten Schwarz-Weiß-Videobilder an die Kommandozentrale im deutschen Camp. Dort sitzen der Chef des Lagers, Oberst Georg Klein, und Oberfeldwebel W., der im Funkverkehr mit dem Einsatznamen „Roter Baron“ auftritt. Die beiden Deutschen hocken vor einem „Rover“-Sichtgerät, einer Art Laptop mit Verbindung zur Kamera des Flugzeugs und verfolgen die Bilder.

0.48 Uhr „Bone 22“ meldet sich bei der Einsatzzentrale (Funkcode „Trinity“) der Nato-Flotte. Der Bomber braucht neuen Treibstoff. Die Zentrale gibt Erlaubnis für die Rückkehr zur Basis („RTB“).

0.50 Uhr Aus dem deutschen Camp fragt „Roter Baron“ erneut bei der Nato-Luftzentrale nach Luftunterstützung an. Von dort wird zurückgefunkt, dass eine direkte Feindberührung Voraussetzung für den Einsatz eines Kampfflugzeugs über Kunduz sei. Der deutsche Oberfeldwebel erklärt daraufhin per Funk, es bestehe Feindkontakt, im Nato-Jargon „troops in contact“ oder TIC genannt, obwohl sich gar keine Nato-Soldaten oder afghanische Kräfte in der Nähe der beiden Tanker befinden.

1.08 Uhr Zwei F-15-Jagdbomber treffen über der Region ein. „Dude 15“ und „Dude 16“, so die Codenamen der Piloten, melden sich beim Kommandeur des deutschen Camps und liefern wieder Live-Bilder, welche die Deutschen auf dem „Rover“-Schirm verfolgen können. Einer der Piloten meldet: keine „friendly forces“, also deutsche oder afghanische Truppen in der Nähe der Trucks. Nahe den Tankern sieht der Pilot rund 50 Aufständische, so seine Meldung. Der deutsche Oberfeldwebel bittet die US-Piloten, sechs Bomben fertig zu machen und in möglichst hoher Höhe über dem Tatort zu kreisen.

1.30 Uhr „Roter Baron“ gibt Einsatzdetails zum Bombenabwurf weiter, erwähnt ausdrücklich, dass die Zeit dränge und keine alliierten Kräfte in der Nähe seien.

1.30 bis 2.30 Uhr

1.33Uhr Einer der F-15-Piloten bittet das deutsche Feldlager um weitere Aufklärung des Tatorts. „Red Baron“ hingegen gibt an die Piloten den eindeutigen Befehl des deutschen Oberst Georg Klein zum Abwurf von Bomben weiter. Sie sollen direkt auf die Sandbank gezielt werden.

1.36 Uhr Der Pilot fragt per Funk an, ob er eine Schleife in niedriger Höhe über die Tanker fliegen soll, um „die Personen auseinander zu scheuchen“. „Roter Baron“ lehnt dies ab.

1.46 Uhr Der Pilot fragt per Funk, ob die Personen um die Tanker eine „unmittelbare Bedrohung“ darstellen. Der Zustand des „imminent threat“ ist die Voraussetzung für einen Bombenabwurf durch die Nato. Obwohl zu diesem Zeitpunkt weder Nato-Soldaten in der Nähe der Tanker sind und diese fast 15 Kilometer vom deutschen Camp entfernt feststecken, bestätigt „Roter Baron“ die Anfrage und legitimiert damit den Angriff.

1.50 Uhr Zwei Bomben vom Typ GBU-38 werden abgeworfen.

2.28 Uhr Die beiden F-15-Jets fliegen erneut über den Tatort und melden 56 Tote, ohne jedoch weitere Details zu nennen. 14 Personen würden in Richtung Norden fliehen.

Im Morgengrauen Im Morgengrauen treffen afghanische Sicherheitskräfte am Tatort ein. Leichen sind kaum noch zu finden, da die Dorfbewohner sie bereits abtransportiert und begraben haben.

7.00 Uhr Eine deutsche Drohne überfliegt das Gebiet. Außer den beiden Bombenkratern ist jedoch auf den Bildern nicht viel zu sehen.

Mittags

12.00 Uhr Ein deutsches Erkundungsteam trifft am Tatort ein, auch die afghanische Armee ist noch vor Ort. Leichen sind kaum noch zu sehen. Der Trupp notiert in seinem Bericht die beiden zerstörten Tanklaster, einen Traktor und ein Pick-Up-Fahrzeug. Einem anderen Trupp wird berichtet, die Taliban hätten am Vorabend in einem nahen Dorf die Moschee betreten und Dorfbewohner gezwungen, mit ihren Traktoren beim Abtransport des Treibstoffs aus den feststeckenden Lastern zu helfen. 14 Dorfbewohner seien vermisst, also vermutlich bei den Angriffen getötet worden, so der Bericht der Deutschen – das erste sichere Indiz für zivile Opfer. Weitere Hinweise erhält ein Team, dass im Krankenhaus von Kunduz mehrere verletzte Kinder sieht und auch zwei Leichen von getöteten Teenagern gezeigt bekommt.

Fotostrecke

Nato-Angriff auf Tanklaster: Jung räumt Fehler beim Luftschlag ein

WAS NACH DEM LUFTANGRIFF GESCHAH

4. September

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) verteidigt den Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklaster. Den Angriff, bei dem auch Zivilisten sterben, hat der deutsche Oberst Georg Klein angefordert. Die Taliban hätten gedroht, „auch und gerade vor den Bundestagswahlen Anschläge auf die Bundeswehr“ zu verüben, erklärt Jung. „Deshalb war es eine sehr konkrete Gefahrenlage, wenn die Taliban in den Besitz von zwei Tanklastwagen gekommen sind, die hier erhebliche Gefahr für unsere Soldaten bedeutet haben.“ An den folgenden Tagen bezeichnet Jung den Luftangriff wiederholt als „geboten“.

5. September

Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft, ob gegen Oberst Georg Klein ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden soll. Wenige Tage später gibt sie die Vorermittlungen an die Staatsanwaltschaft in Leipzig ab, wo Klein seinen Dienstsitz hat.

8. September

Die Nato räumt erstmals ein, dass bei dem Angriff auch Zivilisten getötet wurden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekundet ihr tiefes Bedauern über mögliche zivile Opfer. In einer Regierungserklärung wendet sie sich zugleich gegen „Vorverurteilungen“ aus dem In- und Ausland.

11. September

Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan stellt sich hinter die deutschen Soldaten am Hindukusch. „Sie haben mein persönliches Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit und ihr Verantwortungsbewusstsein“, sagt er in einer von Bundeswehrsendern ausgestrahlten Erklärung. Er gehe davon aus, dass die Entscheidung für den Luftangriff das Ergebnis einer „sorgfältigen Beurteilung der Lage“ gewesen sei.

29. Oktober

Generalinspekteur Schneiderhan gibt in Berlin ein Statement zum inzwischen vorliegenden Nato-Bericht über den Angriff ab. Er habe „keinen Grund daran zu zweifeln“, dass die deutschen Soldaten „angesichts der schwierigen Lage in operativer Hinsicht militärisch angemessen gehandelt haben“. Die Zahl der Toten soll dem Nato-Bericht zufolge zwischen 17 und 142 liegen. Laut Schneiderhan gibt es keine Bestätigung dafür, dass durch den Angriff „unbeteiligte Personen“ getötet wurden.

6. November

Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bezeichnet das Bombardement als angemessen. Er hege keine Zweifel an der Einschätzung Schneiderhans, „dass die Militärschläge und die Luftschläge vor dem Gesamtbedrohungshintergrund als militärisch angemessen zu sehen sind“. Am selben Tag legt die Generalstaatsanwaltschaft Dresden der Bundesanwaltschaft die Akten über Klein zur Prüfung vor. Ob gegen Klein ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, bleibt weiter offen.

26. November

Die „Bild“-Zeitung berichtet, das Verteidigungsministerium habe Informationen zu dem Angriff vor Öffentlichkeit und Staatsanwaltschaft zurückgehalten. Demnach hätte Jung viel früher über mögliche zivile Opfer informiert sein müssen als bisher bekannt. Bei den Beratungen des Bundestags zum Afghanistan-Einsatz gibt Guttenberg den Rücktritt von Schneiderhan und Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert bekannt.

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.DIE POSITIONEN DER PARTEIEN ZUM AFGHANISTAN-EINSATZ

CDU/CSU: Abzugsdatum offen lassen

Die Union will die Gefahr bannen, dass „Instabilität und Terror“ von Afghanistan aus auch auf Deutschland ausstrahlen. Mit Blick auf den deutschen Einsatz betont die Union, dass militärische Sicherheit und ziviler Aufbau voneinander abhängig seien. „Ohne Sicherheitspräsenz ist kein Wiederaufbau, ohne Erfolge beim Wiederaufbau keine Reduzierung der Sicherheitspräsenz möglich.“ CDU und CSU wollen den Afghanistan-Einsatz zeitlich nicht konkret begrenzen. Sie machen vielmehr „tragfähige staatliche Strukturen“ zur Voraussetzung für eine „spätere Reduzierung und schließlich zur Beendigung“ des militärischen Engagements. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte vor wenigen Tagen aber eine deutliche Verbesserung der Lage bis zum Jahr 2014.

SPD: In zehn Schritten zum Abzug

Auch die SPD fordert, Afghanistan dürfe nicht wieder zum Zufluchtsort für Terroristen werden. Die Partei wirbt im Wahlprogramm für eine Kombination aus zivilgesellschaftlicher und entwicklungspolitischer Hilfe sowie einem „zivil-militärischen Ansatz“, der auf die verstärkte Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte zielt. Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier fordert nun außerdem, in der nächsten Legislaturperiode „die Grundlagen für den Abzug der Bundeswehr“ zu schaffen. In einem Zehn-Punkte-Plan hat er die Bedingungen für das Ende des deutschen Engagements definiert. Bis 2011 soll demnach im von Deutschland kontrollierten Norden Afghanistans „eine angemessen ausgebildete Polizei“ existieren.

FDP: „Mehr Tempo“

Die FDP würdigt den deutschen Afghanistaneinsatz. Er habe dazu beigetragen, „dass das Land bislang nicht wieder zum zentralen Rückzugsort für international agierende Terroristen geworden ist“. Es sei allerdings versäumt worden, den Aufbau effizienter Regierungs-, Verwaltungs- und Sicherheitsapparate voranzutreiben. Dieses Versäumnis habe auch die Bundesregierung mit zu verantworten. Die FDP will in diesem Bereich mehr Tempo machen, „um den Zeitraum des Einsatzes der internationalen Truppen zu begrenzen“. Sie fordert zudem einen stärker regionalen Ansatz und die Einbeziehung von Ländern wie Pakistan, Russland, China und Iran. Die FDP hält die internationale Truppenpräsenz für eine „Übergangszeit“ weiterhin für erforderlich.

Grüne: Strategiewechsel zu mehr zivilem Engagement

Die Grünen kritisieren die bisherige Afghanistan-Strategie wegen ihrer „Dominanz militärischer Lösungen“. Ein so verstandener „Krieg gegen den Terror“ sei nicht zu gewinnen. Deswegen müsse der US-geführte Anti-Terror-Einsatz „Enduring Freedom“ (OEF) sofort beendet werden. Trotz aller Kritik bekennen sich die Grünen aber grundsätzlich zur „Verantwortung für Afghanistan und zu einem Engagement, das den Aufbau des Landes in den Mittelpunkt stellt“. Eine Weiterführung des deutschen Einsatzes wollen die Grünen nur unterstützen, wenn ein Strategiewechsel hin zu mehr zivilem Engagement umgesetzt wird.

Linke: Soldaten raus aus Afghanistan

Die Linke fordert, „die Bundeswehr sofort aus Afghanistan abzuziehen“. „Auslandskriegseinsätze“ – auch unter Uno-Mandat – lehnt sie kategorisch ab. Die Linke wirft der Nato vor, ihre eigentliche Absicht beim Einsatz in Afghanistan sei es, „sich als globale Interventionsmacht zu zeigen“. Ein militärischer Sieg im sogenannten Anti-Terror-Krieg sei unmöglich.

BUNDESWEHR IM AUSLAND

Auslandseinsätze der Bundeswehr: Vom Balkan bis zum Hindukusch KARZAI UND AFGHANISTAN

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Hamid Karzai

Hamid Karzai ist der derzeit amtierende Präsident Afghanistans. Nach der ersten Phase des Afghanistan- Kriegs hatten ihn die USA und die Uno auf der Petersberger Afghanistan- Konferenz im Dezember 2001 als Regierungschef einer afghanischen Interimsregierung durchgesetzt. Die Loya Jirga wählte Karzai 2002 zum Präsidenten einer Übergangsregierung, und nach Verabschiedung einer neuen Verfassung bestimmten ihn die Afghanen 2005 in direkter Wahl zu ihrem Präsidenten. Durch den Einfluss der Warlords blieb Karzais Macht jedoch beschränkt. Zuletzt verlor er auch die Unterstützung der USA.

Hamid Karzai wurde 1957 in Kandahar geboren. Er gehört dem mächtigen Paschtunenstamm der Popalzai an, der mehrere afghanische Könige hervorbrachte. Karzai studierte in Indien und hielt sich immer wieder in den USA auf. Zusammen mit den Mudschahidin kämpfte er in den achtziger Jahren gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans. Aus dem Exil in Pakistan unterstützte Karzai die Taliban zunächst, wandte sich dann aber gegen das Regime, dem auch die Ermordung seines Vaters zugeschrieben wird. Nach Beginn der amerikanischen Militäraktion in Afghanistan kehrte Karazi 2001 in seine Heimat zurück und stellte sich an die Spitze der Anti-Taliban-Bewegung in der Region Kandahar.

Präsidentschaftswahlen

Am 30. August 2009 wählten die Afghanen ihren neuen Präsidenten. Doch es kam zu massiven Fälschungen, insbesondere zugunsten Karzais. Die Auszählungsergebnisse in 210 Wahllokalen wurden anschließend für ungültig erklärt. Karzai, der sich zuvor als Sieger gesehen hatte, verfehlte nach dem um manipulierte Stimmen bereinigten Endergebnis die absolute Mehrheit: Er erreichte nur 49,67 Prozent der Stimmen. Eine Stichwahl zwischen Karzai und Ex-Außenminister Abdullah Abdullah sollte die Entscheidung bringen. Doch der Herausforderer zog seine Kandidatur zurück mit der Begründung, es könne wie im ersten Durchgang erneut zu Unregelmäßigkeiten kommen. Die afghanische Wahlkommission rief Karzai daraufhin erneut zum Präsidenten aus.

Isaf-Einsatz

Nach Beginn des Afghanistan- Kriegs 2001 und dem Sturz der radikal-islamischen Taliban beschloss der Uno- Sicherheitsrat, eine internationale Schutztruppe im Land (Isaf) einzusetzen. Sie soll den Wiederaufbau Afghanistans zu einer Demokratie absichern, auch indem sie zivile Wiederaufbauteams (PRTs) schützt, von denen derzeit 26 tätig sind. Der Einsatz war zunächst auf die Hauptstadt Kabul und deren Umgebung beschränkt und wurde bis 2006 auf das ganze Land ausgeweitet. Seit 2003 führt die Nato die Isaf. Derzeit gehören ihr rund 55.000 Soldaten aus 41 Ländern an, darunter auch aus Nicht-Nato-Staaten wie Australien und Neuseeland.

Deutschland übernahm 2006 das Isaf-Kommando für den Norden Afghanistans. 2007 lieferte die Bundeswehr sechs Aufklärungsflugzeuge vom Typ Tornado, die Luftbilder aus ganz Afghanistan für Isaf liefern. Die Bundesrepublik stellt derzeit mit knapp 3500 Soldaten die drittgrößte Truppe nach den USA und Großbritannien.

Probleme in Afghanistan

Da die Taliban inzwischen wieder an Stärke gewonnen haben, nehmen die militärischen Auseinandersetzungen zu. Besonders hart umkämpft ist der Osten des Landes, wo die meisten US-Soldaten stationiert sind. Die schwer kontrollierbaren Stammesgebiete Pakistans gelten als Rückzugsgebiet und Nachschubbasis der Taliban. Die Stabilisierung Afghanistans wird durch Korruption, die bis in höchste Regierungskreise verbreitet ist, sowie durch Drogenproduktion und -schmuggel erschwert.

Opium-Wirtschaft

Obgleich die afghanische Übergangsregierung unter Karzai im Januar 2002 den Schlafmohnanbau verboten hat, ist der Drogenanbau rasch wieder zum dominierenden Wirtschaftszweig Afghanistans geworden. Das Land ist der weltweit größte Produzent von Rohopium. Mit Einnahmen aus dem Drogenschmuggel finanzieren die Taliban ihren Kampf gegen Karzais Regierung und die ausländischen Truppen. Die Bekämpfung ist problematisch, weil viele Menschen von dem Handel leben. Isaf-Soldaten sind inzwischen befugt, gegen Drogenhändler vorzugehen und Laboratorien zu zerstören, in denen Schlafmohn zu Opium verarbeitet wird.

Afghanistan-Krieg

Der Afghanistan- Krieg der USA und ihrer Verbündeten war die erste große militärische Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001. Er richtete sich sowohl gegen das Terrornetzwerk al- Qaida, das für die Anschläge verantwortlich gemacht wird, als auch gegen das seit Mitte der neunziger Jahre in Afghanistan herrschende islamisch-fundamentalistische Taliban-Regime. Die Taliban wurden bezichtigt, Osama Bin Laden und andere hochrangige Mitglieder von al-Qaida zu unterstützen und zu beherbergen. Die erste Kriegsphase endete mit dem Fall der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte Kandahar und Kunduz im November und Dezember 2001. Auf der Petersberger Afghanistan- Konferenz im Dezember 2001 wurde eine Interimsregierung unter Präsident Hamid Karzai eingesetzt und die Einberufung einer verfassunggebenden Loya Jirga beschlossen. Gleichzeitig erteilte der Uno- Sicherheitsrat den Nato-Staaten und mehreren Partnerländern das Isaf-Mandat zur Unterstützung des Wiederaufbaus. Derzeit versuchen rund 55.000 Soldaten aus 41 Ländern das Land zu befrieden.

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Luftangriff in Afghanistan: Minister Jung tritt zurück5Pannenminister Jung: Störfall im System Merkel

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