Willkürliche Schikanen
Wie Behörden Hartz IV- Empfänger um ihre Ansprüche bringen /REPORT MAINZ/SWR
Feminissima hatte über dieses Verhalten bei den Empfängern von Arbeitslosengeld I und der Alhi gschrieben, als es die noch gab. Zu Zeiten, als Herr Gerster, SPD, der (für andere) Unmensch-Chef der Bundesanstalt für Arbeit war,
und gehen mußte, weil, wie wunderbar! der Druck der Öffentlichkeit so groß geworden, dass dieser Mann, 10 Dienstwagen oder so, nicht mehr haltbar Partei-SPD-Filz hin oder her. Gerster hatte seinerzeit die Losung ausgegeben – Quote und Note für jene in den Ämtern, die andere am besten austricksten..Dass die argen ARGES das fortsetzen, wenn schon dieses Unmensch-Gesetz die Barrieren hat passieren können, verwundert feminissima nicht. Es müßte tagtäglich darüber berichtet werden. Denn die Übergriffe dieser Ämter,..und es sind ja Menschen,..nicht Ämter…sind maßlos, geschehen täglich, sekündlich: vor allem Falsch-Informationen zu Lasten der ‚Kunden‘ genannten Geschädigten.
Seit eh und je fordert FEMINISSIMA die Rücknahme dieser Schand-Gesetze. Aber wir sind ja in Deutschland.
Willkürliche Schikanen
Wie Behörden Hartz IV- Empfänger um ihre Ansprüche bringen
Moderation Fritz Frey:
Der sogenannte Armutsbericht ging groß durch die Schlagzeilen der letzten Woche. Beschämende Zahlen, die zeigen, wie die Schere zwischen Arm und Reich auseinander geht.
Besonders betroffen – Hartz-IV-Empfänger. Und als wäre das nicht schon hart genug, werden sie auch noch schikaniert und müssen um ihr Geld kämpfen, wie Beate Klein zeigt.
Bericht:
Sabrina Lüftner hat fünf Jahre als Marketing Assistentin gearbeitet, als ihr gekündigt wurde. Sie musste Arbeitslosengeld II beantragen. Doch immer wieder musste sie nachfragen, was mit ihrem Antrag passierte, immer wieder Papiere nachreichen.
O-Ton, Sabrina Lüftner:
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»Es fehlte jetzt nicht, weil ich nicht Lust hatte, die Anträge beizubringen, sondern einfach weil mir die Information fehlte, dass ich die Infos noch nachreichen muss. Es sind zwei drei Monate ins Land gegangen, in denen ich keinen Cent Geld bekommen habe im Prinzip.«
Sabrina Lüftner suchte sich später einen 400-€ -Job, bekam aber weiter ALG II. Das Amt lud sie zweimal zu Terminen ein, die sie verschieben wollte, weil sie arbeiten musste. Das kümmerte das Amt nicht, strich ihr einfach drei Monate lang knapp 100 Euro.
O-Ton, Sabrina Lüftner:
»Ich war mit den Nerven recht fertig, weil es einfach nicht sein kann, weil man es schwarz auf weiß da liegen hat, dass es tatsächlich ein Fehler von der Jobkomm ist. Man bekommt aber trotzdem kein Recht. Und ich dachte mir halt, ja wo sind wir denn?«
Wir treffen einen Insider. Er arbeitet in einer leitenden Position in einer Arge, darf nicht erkannt werden. Er ist nicht überrascht über das, was Sabrina Lüftner passiert ist. Er gibt zu, so etwas geschehe vorsätzlich.
O-Ton, Originalton nachgesprochen:
»Da ist es so, dass Hilfeempfänger zu Zeiten eingeladen werden, von denen man weiß, dass der Hilfeempfänger Probleme hat, zu diesen Zeiten zu erscheinen. Und darauf folgt dann in der Regel eine Sanktion. Das ist eine Möglichkeit, wie man Leistungen einsparen kann.«
Denn die Behörden müssen Geld einsparen, das gibt das Bundesarbeitsministerium vor. Im Planungsbrief für 2008 steht, dass von vornherein bundesweit rund 8 Prozent der Ausgaben einzusparen sind. Unabhängig davon, wie viele Menschen Anspruch auf Hartz IV haben.
Wird auf Kosten von Arbeitslosengeld-II-Beziehern gespart? Diesen Verdacht hat Martin Bongards vom Arbeitskreis Erwerbslose in Marburg. Er unterstützt seit Jahren Hartz-IV-Empfänger in ganz Mittelhessen. Seine Erfahrung: Immer wieder gehen Papiere verloren.
O-Ton, Martin Bongards, ver.di, Erwerbslosenberatung Mittelhessen:
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»So häufig, wie dort Unterlagen verschwinden, das kann das kein Zufall sein, mit Verlaub. Wenn man jetzt einen Antrag einfach verschleppt und sagt: ja, ist hier nicht angekommen, haben Sie einen Nachweis? Nein, haben Sie keinen Nachweis? Wunderbar, ich mach Ihnen den Vorschlag, stellen Sie doch einen neuen Antrag, dann bearbeite ich den. Das ist sehr häufig auch vorgekommen, die einfachste, simpelste Methode, einen Antrag zu verschleppen. Dann haben Sie zwei, drei Monate Leistungen gespart.«
Chaos, Schlamperei? Nicht nur, sagt unser Insider. Er spricht von regelrechten Tricks.
O-Ton, Originalton nachgesprochen:
»Natürlich ist das auch eine bewusste Maßnahme. Man kann auch mal einen Antrag ausgeben, ohne einen Eingangsstempel auf diesen Antrag zu machen, und der Kunde kann dann nicht beweisen, wann die Erstvorsprache war. Und somit ist der Antrag vielleicht erst zwei oder drei Wochen später im Eingang, und es wird erst zwei oder drei Wochen später die Leistung bewilligt und gezahlt.«
Anträge verschleppen, verschlampen oder nicht bearbeiten, in Minden in Westfalen gibt es ganz ähnliche Vorwürfe. Die Mitglieder des Mindener Arbeitslosenzentrums machen Werbung für ihre unabhängige Beratung. Die Vereinsmitglieder sagen, ihre Hilfe sei dringend nötig, denn auf dem Amt würden Antragsteller nicht immer richtig beraten.
O-Ton, Monika Ordowsky, MALZ e. V.:
»Sie gehen hin, schildern ihre Situation, und in dem Moment werden sie dahingehend beraten, dass man ihnen sagt: Sie kriegen wahrscheinlich kein Geld, es ist besser, Sie stellen gar keinen Antrag. Und oft stellt sich dann nachher heraus, dass sie also doch Anspruch gehabt hätten.«
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Wir haken nach beim zuständigen Beigeordneten der Stadt, Peter Kienzle, fragen ihn nach einer Seite aus dem Sozialhaushalt der Stadt. Dort taucht eine Quote auf, eine Vermeidungsquote. In knapp 42 Prozent sollen Anträge auf Hartz IV von vornherein vermieden werden.
O-Ton, Peter Kienzle, Stadt Minden:
»Es ist für mich weder ein Ziel, diese Quote genau zu treffen noch sie zu übertreffen noch sie zu unterbieten. Wir bilden damit die Wirklichkeit ab.«
Demnach würde fast jeder jede zweite Antrag zu Recht abgelehnt. Ein Quote, die der Insider für aberwitzig hält.
O-Ton, Originalton nachgesprochen:
»Ich kann aus meiner Berufserfahrung nicht bestätigen, dass innerhalb eines Jahres 50 Prozent der Anträge, die bei einem Sachbearbeiter gestellt werden, abzulehnen sind oder 42 Prozent der Anträge. Ich halte eine solche Quote für absolut skandalös. Natürlich muss der ein oder andere Antrag abgelehnt werden. Aber das kommt in 5 bis 10 Prozent der Fälle vor.«
Aber in Minden ist man auch noch stolz darauf, wenn diese Quote erreicht wird.
O-Ton, Monika Ordowsky, MALZ e. V.:
»Es wird also damit geworben und es ist im Sozialausschuss gesagt worden, dass diese Quote also gut zu erreichen ist und dass sie die letztes Jahr überschritten haben, das war der Hit im Sozialausschuss.«
Unberechtigte Sanktionen, verschleppte Anträge, Quotendruck: Systematisches Geldsparen auf Kosten der Arbeitslosen.
O-Ton, Originalton nachgesprochen:
»Es geht weder mir noch anderen Kollegen in diesem Bereich gut dabei. Es tut uns leid, dass die Menschen, die bei uns am Schreibtisch sitzen, nicht das bekommen, was ihnen eigentlich zusteht.«
Abmoderation Fritz Frey:
Ein Nachtrag: Sabrina Lüftner hat mittlerweile einen Job. Für sie ist die Schikane zu Ende, für viele andere aber nicht.
26.05.2008, 21.45 Uhr, Report Mainz, Das Erste