Karasek über Reich-Ranicki im STERN: Liebevolle Fürsorge

updated kurz vor 8 Uhr.

Wie bei „Schimmi“ glänzt auch bei Reich-Ranicki, aber komplett, das „Kind“ durch Abwesenheit.

Natürlich liest man gern
„den Karasek“.
Er kann vortrefflich be-schreiben.
Fabulieren, im guten Sinn.
Seine Sprache ist ausgefeilt.
Ohne dabei maniriert zu sein, jedenfalls zu oft lesen wir wiederum K. auch nicht:
aber im LITERARISCHEN QUARTETT wirkte sein Humor, falls es welcher war, im Kontrast zur Schärfe Reich-Ranickis und der oft sauertöpfisch rüberkommenden Sigfried Löffler,
doch wie ein nicht allzu einschläferndes Tranquilizer-Gebräu,
zuweilen ein wenig gebrabbelig,
aber das ist ja Vergangenheit.
Jetzt die Laudatio für Marcel Reich-Ranicki im aktuellen STERN.
Für dessen Henri-Nannen-Preis-fürs Lebenswerk.
Für Reich-Ranicki-„Kenner“ enthält der Text nichts wirklich Neues.
Aber halt, doch!
Endlich wird,
aber, & zugleich.. hier der zitronige Beigeschmack, nur angequetscht, von auspressen, wie eine Zitrone, aber eine Zitrone..
Na, es geht um die Fast-Enthüllung der Hintergründe des RAUSWURFS von Sigrid Löffler, (im Literarischen Quartett)
deren damit zugleich verbundene Demontage.
Und eigentlich war damit auch das Ende des Literarischen Quartetts eingeläutet.
Ah, Sigrid Löffler soll also „antisemitische Äußerungen“ getan haben,
indem sie den Film „SCHINDLERS LISTE“ als „mißlungen“ bezeichnete, laut K., und:
„Die Kino-Karte wird zum bequemen Ablass-Zettel!“
Komisch, wir sehen darin ganz & gar KEINE antisemitische Äußerung.
Ganz im Gegenteil.
Die Zitrone für K., dass er dies quasi nur nebensatz-haft abtut, abhandelt,
in einem Atemzug mit dem Quer-Schuß gegen Walser, dessen Ausfälle, in der PAULS-KIRCHE, wohl doch ganz anderen Kaliber-Tonus besaßen.
Noch ein verdeckter Seitenhieb, aber unverkennbar, gegen Elke Heidenreich:

„Die Nachfolgesendung macht nur noch eine Frau. Und das ist auch gut so. Frauen haben ein großes Herz und besprechen nur Bücher, die sie lieben und preisen wollen.“
DAS IST HANEBÜCHEN, Herr Karasek! Und eine grobe Verallgemeinerung. Grätsche gegen Frauen.
Dann aber die Beschreibung einer Seite des gelobten Groß-Kritikers,
die den meisten wohl eher unbekannt geblieben ist:
Des so fürsorglichen Kümmerns um jene, die er mochte, der Groß-Kritiker. Später sagte Reich-Ranicki, über befreundete Autoren/Autorinnen gäbe er kein Urteil mehr ab, wie weise.
Und, was uns auch noch endlich einmal interessiert hätte:
Wohin ist der Sohn des Ehepaares Reich-Ranicki eigentlich geflohen, um eine eigene Identität zu finden?
Hier passt dieses Ende zu jenem von BECKMANN, gestern Abend. Auch dort floh ein Kind,
eine Tochter, die von Götz George,
vor der „Übermacht“ ihres szenischen Vaters.
Aber es ist schon sehr eigenartig, dass der Sohn des Ehepaares Reich-Ranicki NIRGENDS auftaucht. Außer einem Kinderbild, nun auch im STERN, nichts. Schade. Wir hätten so gerne gewußt, was aus ihm geworden ist. Wo er lebt.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in zitronig