Heute öffnen
die Kinder
das erste Türchen
ihres Adventskalenders.
Und morgen,
ja morgen,
ist der 1. Advent.
Wenn du die Stufen hochgehst,
von der S-Ringbahn 41/42
Bahnhof ICC-Charlottenburg,
hockt auf der obersten Stufe
ein alter Mann.
Im Sommer sitzt
er vor der Tür,
auf der Brücke.
Über der Stadt-Autobahn.
Dieser alte Mann,
dem der „Papierkram“ so schwer-fällt,
der eigentlich Anspruch auf jedwede
Sozialleistung
und wohl auch schon längst Rente..hätte,
hat seit ein paar Tagen
einen kleinen Altar eingerichtet.
Oberhalb seines Sitzplatzes.
Auf dem anonymen Fensterbrett
eines anonymen S-Bahnstation-Ausganges,
der im Lärm
der Avus untergeht.
Ein wenig zur Seite gerückt.
Wer es nicht weiß,
weiß nicht,
daß er es ist,
der im Volksmund wohl Bettler genannte:
Der diesen Altar geschaffen hat.
Freilich,
kein Riemenschneider-Altar.
Es ist –
eine herausgerissene Seite
aus dem Berliner Boulevardblatt B.Z.
aus dem Hause
Axel Springer,
und trägt die Überschrift:
„Die vergessenen Kinder“.
Und:
„Wie können wir unsere Kinder
schützen?“
Und du siehst
das kleine Gesichtchen
von Lea Sophie,
vergrößert,
und die anderen Gesichtchen,
von Kevin…,
der mit 2 Jahren
als Skelett
in einem Bremer Kühlschrank
gefunden worden war,
und die anderen,
Gesichtchen,
der toten Kinder.
Von ihren Eltern umgebracht.
Von Behörden vergessen.
Die herausgerissene Seite ist leicht befestigt;
an schwankenden Zweigen,
mit einem Streifen Tesa-Film.
Die Seite,
wie die Inschrift eines Grabsteins;
rechts lehnen sich halb-verwelkte Sträuße an das Blatt Zeitungspapier.
Und frische Blumen,
die neben dem Zeitungsausriss
abgelegt werden;
kleine, verwehte, einzelne Blumen.
Seit gestern
steht ein
Adventskalender daneben.
Es regnet.
Und der Wind
wäscht
dein Gesicht
naß.