ZWANGSVERRENTUNG: 58er-Regelung läuft (doch) aus../8/07

Betroffen: VOR ALLEM FRAUEN..da sie ab 60 mit hohen Abschlägen…in die Rente gehen „können..“ Es wird Hunderttausende von Langzeitarbeitslosen treffen…mehr:
HARTZ IV

Westdeutschen ALG-II-Empfängerinnen droht im Alter Armut

„Zwangsverrentung“ von Langzeitsarbeitslosen würde Frauen treffen

Ältere Arbeitslosengeld (ALG)-II-Empfängerinnen aus dem Westen sind besonders vom Risiko späterer Altersarmut betroffen.

Das belegt eine Studie des in Nürnberg ansässigen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom 20. August. Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es im Westen, jedoch nicht im Osten Deutschlands. Die Autorin der Studie warnt zudem, dass das Auslaufen der sogenannten „58er-Regelung“ Ende dieses Jahres die Altersarmut von Frauen noch verschärfen könnte. Denn diese hat bislang Ältere im Hartz-IV-Bezug davor geschützt, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine Rente trotz Abschlägen beantragen zu müssen.

Die Studie „Ältere Bezieher von Arbeitslosengeld II: Einmal arm, immer arm?“ basiert auf der Befragung von 2.486 ALG-II-BezieherInnen zwischen 50 und 64 Jahren. Autorin Christina Wübbeke ermittelte die individuelle Summe von Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, welche die Befragten bereits bei ihrem Eintritt in den ALG-II Bezug erworben hatten. Hintergrund: Für ALG-II-EmpfängerInnen werden nur geringe Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt. Bei langer Arbeitslosigkeit steigt deshalb ihr Risiko, im Alter arm zu sein. Insgesamt kann rund die Hälfte der über-50jährigen ALG-II-EmpfängerInnen aufgrund der eigenen Erwerbsarbeit mit einer gesetzlichen Rente oberhalb des Sozialhilfeniveaus rechnen.

Ostdeutsche Frauen haben die meisten Beitragsjahre

Die westdeutschen ALG-II-Empfängerinnen weisen bei weitem die kürzesten Beitragsdauern im Vergleich zwischen Frauen und Männern in Ost und West auf. Gerade im unteren Bereich sind die Unterschiede besonders groß: So haben die 25 Prozent der westdeutschen Männer mit den kürzesten Beitragsjahren bis zu 18, 3 Jahre angesammelt. Das unterste Viertel der ostdeutschen Frauen hat sogar bis zu 30,3 Jahre erreicht. Dagegen haben die unteren 25 Prozent der westdeutschen Frauen lediglich höchstens sieben Beitragsjahre erworben. Die langen Betragszeiten der Ostlerinnen sind auf die hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen in der DDR zurückzuführen, führt Wübbeke aus. Aufgrund der zusätzlichen Kindererziehungszeiten weisen sie sogar längere Beitragsdauern als die Männer im Osten auf.

Ostdeutsche Männer haben geringstes Risiko späterer Altersarmut

Trotzdem liegt das Risiko von Frauen im Osten, später keine eigene existenzsichernde Rente zu bekommen, höher als bei den Männer im Osten, hat die Arbeitsmarktforscherin anhand von Modellrechnungen ermittelt: Während 62 Prozent der Ost-Männer im ALG-II-Bezug mit 50 bereits eine Rente über dem Sozialhilfeniveau (Osten: 559 Euro) erwarten können, trifft das nur für 46 Prozent der Ost-Frauen zu. Grund sind die niedrigeren Arbeitsentgelte für Frauen, erläutert Wübbeke. Bei den Männer im Westen stünde 53 Prozent eine Rente über dem Sozialhilfeniveau (Westen: 6043 Euro) zur Verfügung, wechselten sie direkt vom AGL-II-Bezug in die Rente. Mit Abstand am schlechtesten stehen die Westlerinnen dar: Im Schnitt würde keine der Frauen eine Rente über Sozialhilfeniveau bekommen. Bei ihnen verbinden sich kurze Beitragsdauern mit niedrigen Arbeitsentgelten, die Teilzeitarbeit und niedriger Entlohnung geschuldet sind.

Wübbeke weist darauf hin, dass die Modellrechnungen das spätere Ausmaß der tatsächlichen Hilfebedürftigkeit nicht exakt beziffern können, da sie den Haushaltskontext außer Acht lassen und betriebliche oder private Altersvorsorge nicht berücksichtigen. Die Tatsache, dass 85 Prozent der ostdeutschen gegenüber 66 Prozent der westdeutschen Paare im ALG-II-Bezug zwei Rentenansprüche besitzen, deute jedoch auf ein tendenziell geringeres Risiko der Altersarmut im Osten hin.

Auslaufen der „58er-Regelung“ benachteiligt Frauen

Die Arbeitsmarkforscherin warnt vor den Folgen, die das Auslaufen der sogenannten „58er-Regelung“ Ende des Jahres gerade für Frauen zeitigen wird. Diese Regelung erlaubt es derzeit über 58-Jährigen, im Arbeitslosengeld I oder II zu verbleiben, ohne dem Arbeitsmarkt aktiv zur Verfügung stehen zu müssen. Das schützt ältere BezieherInnen von ALG II bislang auch davor, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine Altersrente beantragen zu müssen, die mit Abschlägen verbunden wäre, erläuterte Wübbeke dem zwd. Wer früher in Rente geht, muss einen Abschlag von 3,6 Prozent pro Jahr in Kauf nehmen. Nach dem Auslaufen der 58er-Regelung würde jedoch das Prinzip der Nachrangigkeit des ALG II gegenüber anderen Leistungen auch für die Rente gelten – wer bereits Rentenansprüche erworben hat, muss auch auf diese zurückgreifen. „Das würde Frauen besonders treffen“, kritisiert Wübbeke. Denn diese müssten sich im Zuge der Frauenrente bereits mit 60 verrenten lassen und Abschläge von bis zu 18 Prozent in Kauf nehmen. Wübbeke plädiert an den Gesetzgeber eine Regelung zu suchen, nach der ALG-II-EmpfängerInnen keine Altersrente mit Abschlägen beantragen müssen.

Linke kritisiert „Zwangsverrentung“

„Ab 2008 werden ältere Hartz-IV-Empfängerinnen mit gravierenden Leistungseinbußen in die Rente gewungen“, kritisierte auch der Fraktions-Vize der Linken im Bundestag, Klaus Ernst. Er fürchtet, dass mit Auslaufen der 58er-Regelung hunderttausende von Langzeiterwerbslosen in die Alterarmut getrieben werden, besonders Frauen und Schwerbehinderte. Ernst forderte, bei drohenden Renten-Einbußen von der „Zwangsverrentung“ von Hartz IV-EmpfängerInnen abzusehen.

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