Quelle: ARD-online.de
– Gedenkstätte Buchenwald
Homepage der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora mit umfangreichen Informationen zur Geschichte des Konzentrationslagers.
Mit Quellenangaben zu Buchmaterial.
KZ Buchenwald:
Am 11. April 1945 erreichten US-Truppen das Stammlager auf dem Ettersberg bei Weimar. Rund 21.000 Häftlinge wurden befreit. Den Soldaten bot sich ein Bild des Grauens.
Übersicht.11.04.1945, Weimar, Holocaust:
Die Befreiung des KZ Buchenwald
Buchenwald: Eingangstor mit der Inschrift „Jedem das Seine“, April 1945. „Kameraden, wir haben das Lager in unserer Hand“, schallte es am frühen Nachmittag des 11. April 1945 über das Lagergelände des Konzentrationslagers Buchenwald, auf dem Ettersberg bei Weimar gelegen. Die Stimme kam aus demselben Lautsprecher, über den gewöhnlich die SS lautstark ihre Befehle erteilte. „‚Kameraden‘ sagte diese Stimme – unglaublich. Die SS hatte sich nie dieses Wortes bedient“, schildert Rolf Kralovitz, ehemaliger Häftling in Buchenwald, in seinen Memoiren diesen bewegenden Moment. Danach habe er es in dem Block, in dem er sich versteckt hielt, nicht mehr ausgehalten und sei zum Appellplatz gelaufen. „Dort sah ich den ersten amerikanischen Panzer. Auf ihm stand ein amerikanischer Soldat, der zu den umstehenden Häftlingen sprach. Jemand übersetzte: ‚Habt keine Angst, der Krieg ist bald aus'“, so Rolf Kralovitz. Obwohl das Ende des Lagers für den als Juden inhaftierten Kralovitz und seine überlebenden Mithäftlinge überraschend gekommen war, konnten sie erst allmählich begreifen, dass der Schrecken nun ein Ende hatte – dass sie frei waren.
Das Grauen der letzten Tage
Buchenwald: Ausmarsch der überlebenden Kinder und Jugendlichen im April 1945. In den letzten Tagen des Konzentrationslagers Buchenwald war die Stimmung unter den Häftlingen des Lagers bereits unerträglich gespannt. Im April 1945 befanden sich noch rund 48.000 Häftlinge im Lager. Schon seit Mitte März 1945 war klar, dass die westlichen Alliierten in Richtung Mitteldeutschland auf dem Vormarsch waren. Seit dem 5. April 1945 bereitete die Lager-SS die Räumung des KZ Buchenwald vor. Am 6. April gab Himmler den Befehl, das Lager zu evakuieren. Die SS schickte mehrere tausend jüdische Häftlinge auf den ersten Evakuierungsmarsch. Wer den Razzien der SS entkommen konnte, tauchte unter – ein Glücksspiel. Auch Rolf Kralovitz, Häftling „ZehnNullNeunzig“, hielt sich versteckt, konnte so der SS entkommen. In den kommenden Tagen ging die Kommandatur dazu über, alle Häftlinge zu deportieren. Auf insgesamt 60 Marschrouten – meist zu Fuß – mussten etwa 28.000 Häftlinge des Stammlagers und mindestens 10.000 Häftlinge der Außenlager in den letzten Tagen seiner Existenz das Lager verlassen. Die meisten fanden auf den berüchtigten Todesmärschen der SS nach Theresienstadt oder nach Süddeutschland den Tod, wurden erschossen oder starben vor Hunger und Erschöpfung.
Der interne Widerstand wird stärker
Das KZ Buchenwald geriet Stück für Stück außer Kontrolle. Der SS-Befehlsapparat war nicht mehr voll handlungsfähig. Längst hatte sich eine interne Widerstandsbewegung organisiert, die die SS in die Irre führte und schwer zu kontrollieren war. Sie stiftete Chaos, versteckte verfolgte Häftlinge, widersetzte sich den Befehlen, rief zum Ungehorsam und zur Geschlossenheit unter den Häftlingen auf. Bei einem Bombenangriff auf das KZ im August 1944 hatte sich das illegale Lagerkomitee das entstandene Chaos zunutze gemacht und war in den Besitz von Waffen aus einem Lager der SS gelangt, die in den Blocks versteckt, vergraben oder eingemauert wurden. Einen bewaffneten Aufstand planten die Widerständler nicht. Vielmehr erwarteten sie die Unterstützung der Alliierten bei der Befreiung des Lagers.
Befreiung mit amerikanischer Hilfe
KZ Buchenwald: Häftling im kleinen Lager nach der Befreiung im April 1945. „An die Alliiertten! An die Armee des Generals Patton! S.O.S.! Wir bitten um Hilfe. Man will uns evakuieren. Die SS will uns vernichten“, lautete ein Funkspruch, der am 8. April bei den US-Truppen unter General Georg Smith Patton einging. In der Kinobaracke des Lagers hatten zwei Elektriker im Auftrag der illegalen Lagerleitung heimlich einen Sender installiert, um die herannahenden US-Truppen zu informieren. Am 11. April erreichten die Amerikaner das Stammlager in Buchenwald. Im Lagerbericht Nr. 1 hielten Häftlinge des KZ die Ereignisse des Tages fest. Etwa um 14.30 Uhr erreichten die Panzer der US-Truppen den SS-Bereich. Kurze Zeit später starteten die Häftlinge ihre Aktion zur Entwaffnung der noch verbliebenen SS-Leute und zur Übernahme des Lagers. Bereits um 15.00 Uhr nahmen Gruppen von Häftlingen nach Kämpfen mit den Wachen den Befehlsturm der SS in Besitz. Die Befreiung des Lagers war geglückt. Rund 21.000 Häftlinge wurden befreit.
Für viele politische Gegner der Nazis, Juden, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, so genannte Zigeuner, „Berufsverbrecher” und „Asoziale” kam die Befreiung zu spät. Über 56.000 Menschen wurden von der Gründung des Konzentrationslagers 1937 bis zu dessen Ende 1945 in Buchenwald ermordet; insgesamt hatten etwa 250.000 das Lager durchlaufen.
Der Mythos von der Befreiung
Buchenwald: Besichtigung des Konzentrationslagers durch die Weimarer Bevölkerung am 16. April 1945. Selbstbefreiung oder Befreiung von außen? In der geschichtlichen Darstellung der DDR wurde die Widerstandsbewegung im KZ Buchenwald heroisiert. Der Mythos von der Selbstbefreiung dominierte die sozialistische Geschichtsschreibung. Tatsächlich hat es ein illegales Lagerkomitee gegeben, das auch den Widerstand gegen die SS organisierte. Ohne die Hilfe der US-Armee hätten die Häftlinge jedoch keine Chance gehabt, denn sie verfügten nur über wenige Waffen – nach Schätzungen von Volkhard Knigge, Direktor der Gedenkstätte Buchenwald, waren es etwa 70 -, mit denen sie auf keinen Fall in der Lage gewesen wären, die SS zu überwältigen.
Vom sowjetischen Speziallager zur Nationalen Mahn- und Gedenkstätte
Buchenwald: Mahnmal für die Opfer des KZ. Von August 1945 an wurde das Lager auf dem Ettersberg als sowjetisches „Speziallager 2“, als Internierungslager des sowjetischen Geheimdienstes NKWD für Nazi- und Kriegsverbrecher eingerichtet. Es galt als „Schweigelager” und war völlig von der Außenwelt isoliert. Insgesamt 28.455 Menschen wurden dort bis zur Auflösung des Lagers 1950 und der Übergabe der Insassen an die DDR-Justiz interniert. Neben NS- und Kriegsverbrechern sowie kleinen und mittleren Funktionären der NSDAP und Militär- und HJ-Angehörigen gab es unter ihnen auch eine große Zahl von Personen, die infolge von Denunziationen, Verwechslungen und willkürlichen Festnahmen in dieses Lager gekommen war. Nach sowjetischen Quellen starben dort insgesamt 7.113 Menschen, beerdigt wurden sie in Massengräbern. Ihre Angehörigen erhielten nie eine offizielle Benachrichtigung. Etwa 1.500 Menschen wurden von hier aus in die Sowjetunion deportiert.
Die Speziallager dienten der Durchsetzung der sowjetischen Besatzungspolitik. Bis zum Ende der DDR war das Thema ein Tabu. Stattdessen diente das Gelände seit 1958 mit der Einweihung eines monumentalen Mahnmals als „Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald”, in der ausschließlich an das Konzentrationslager der Nationalsozialisten und die heroische Selbstbefreiung erinnert wurde – gewissermaßen als Gründungsmythos der DDR.
Beatrix Hasse, NDR Online
Einführung
Das präzedenzlose Verbrechen
Der Holocaust ist das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Über sechs Millonen Jüdinnen und Juden sowie zahllose Kriegsgefangene, Sinti und Roma, Homosexuelle und andere wurden von Deutschen systematisch ermordet: in den „Todesfabriken“ weit im Osten, in den Lagern in Deutschland und von „Einsatzgruppen“ hinter der Front. Dem Mord vorausgegangen war eine fortschreitende Entrechtung jüdischer Menschen, involviert waren nicht nur die Täter, die von Angesicht zu Angesicht töteten, sondern ein ganzer bürokratischer Apparat. Heute bezeichnet der Holocaust das Leid, das Menschen Menschen zufügen können. Die Konsequenz „Nie wieder!“ bleibt auch sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs stetige Mahnung an die Enkel. mehr
ZEITZEUGEN
Die letzten Tage von Buchenwald
Ottomar Rothmann war 24 Jahre alt, als das Konzentrationslager befreit wurde. Er erinnert sich an die letzten Tage des Lagers. mehr
Die Befreiung des KZ Buchenwald
Die Zeitzeugen Rolf Kralovitz und Ottomar Rothmann erinnern sich an die Befreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945. mehr
LITERATUR
Der Buchenwald-Report
Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar
Autor: David A. Hackett
ISBN/Best.-Nr.: 3-406-41168-1
Verlag: C. H. Beck 1996, München
ZehnNullNeunzig in Buchenwald
Ein jüdischer Häftling erzählt
Autor: Rolf Kralovitz
ISBN/Best.-Nr.: 3-923622-10-4
Verlag: Walter Meckauer Kreis e.V. 1996, Köln
Konzentrationslager Buchenwald 1937-1945
Begleitband zur ständigen historischen Ausstellung. Herausgegeben von der Gedenkstätte Buchenwald, erstellt von Harry Stein.
Autor: Gedenkstätte Buchenwald
ISBN/Best.-Nr.: 3-89244-222-3
Verlag: Wallstein-Verlag 1999, Göttingen
Externe Links
Gedenkstätte Buchenwald
Homepage der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora mit umfangreichen Informationen zur Geschichte des Konzentrationslagers.