Sexualstraftäter nur bis Dienstag hinter Gittern.
Polizei wurde nicht über Entlassung aus der Haft informiert. Gesetzeslücke verhinderte Sicherungsverwahrung
BERLINER MORGENPOST:
Brandenburg/Havel In Brandenburg zeichnet sich ein neuer Justizskandal ab. Auslöser ist der Fall des Sexualtäters Uwe K., der bis vor kurzem eine elfjährige Haftstrafe wegen mehrerer Vergewaltigungen verbüßte. Obwohl der 42-Jährige nach wie vor als überaus gefährlich eingeschätzt wird, erfolgte am 25. Januar seine Entlassung aus der Haft in Brandenburg/Havel, ohne dass Justiz und Polizei darüber informiert wurden.
Sexualstraftäter nur bis Dienstag hinter Gittern.
Polizei wurde nicht über Entlassung aus der Haft informiert. Gesetzeslücke verhinderte Sicherungsverwahrung
Von Hans H. Nibbrig
Brandenburg/Havel In Brandenburg zeichnet sich ein neuer Justizskandal ab. Auslöser ist der Fall des Sexualtäters Uwe K., der bis vor kurzem eine elfjährige Haftstrafe wegen mehrererVergewaltigungen verbüßte. Obwohl der 42-Jährige nach wie vor als überaus gefährlich eingeschätzt wird, erfolgte am 25. Januar seine Entlassung aus der Haft in Brandenburg/Havel, ohne dass Justiz und Polizei darüber informiert wurden.
Der Haftentlassene wurde von Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg als „tickende Zeitbombe“ bezeichnet. Weil bei Uwe K. die dringende Gefahr bestehe, dass er weitere Straftaten begehe, nahm ihn die Polizei in Brandenburg (Havel) am Freitag wieder in Gewahrsam.
Gewahrsam bis Dienstag
Lange wird er dort nicht bleiben. Ein Gewahrsam darf nach Brandenburger Polizeirecht vier Tage nicht überschreiten. Und selbst für diese Zeit wird ein richterlicher Beschluss benötigt. Den erwirkte die Polizei gestern Nachmittag. Uwe K. bleibt jetzt bis zum kommenden Dienstag in Gewahrsam
„Auch wenn es nur wenige Tage sind, wir benötigen diese Zeit zur Vorbereitung aller erforderlichen Maßnahmen, um Uwe K. aufgrund der weiterhin von ihm ausgehenden Gefahr im Auge behalten zu können“, begründete Polizeisprecher Olaf Pokorny die Ingewahrsamnahme. Unter „im Auge behalten“ verstehe die Polizei bei gefährlichen Personen Observationsmaßnahmen oder auch Gespräche, um die Zielpersonen eindringlich vor der Begehung weiterer Straftaten zu warnen, erklärte Pokorny.
Ob es die Haftanstalt versäumt hat, das Justizministerium über die Entlassung von K. zu unterrichten, oder ob die Information auf dem Dienstweg „verloren ging“, wie es ein Staatsanwalt gestern formulierte, ist noch unklar. Geklärt werden, so ein Ministerialbeamter, müsse auch, warum die Polizei nicht, wie bei der Entlassung gefährlicher Straftäter üblich, sofort informiert wurde. Brandenburgs Chef-Ankläger Rautenberg sprach gestern von einem „Kommunikationsproblem“. Ein Problem stellt Uwe K. nicht zum ersten Mal dar. Der 42-Jährige misshandelte und vergewaltigte zwischen 1992 und 1995 in Falkensee neun Mädchen im Alter zwischen 10 und 15 Jahren. 1996 verurteilte ihn das Landgericht Potsdam zu elf Jahren Haft.
Schon die Tatsache, dass der Sexualtäter überhaupt entlassen wurde, stellt ein Politikum dar. Denn die Entlassung war nur aufgrund einer Gesetzeslücke möglich. Uwe K. verweigerte während der Haft jede Therapie und wurde von Gutachtern als weiterhin gefährlich eingeschätzt. Gegen solche Personen kann eine an die Haftzeit anschließende Sicherheitsverwahrung seit 2004 auch nachträglich vom Gericht verhängt werden. Aufgrund einer Regelungslücke gilt dies in den neuen Bundesländern allerdings nicht für Straftaten, die vor 1995 begangen wurden.
Streit um Verantwortung
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) warf der zuständigen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, sie habe es versäumt, die gefährliche Gesetzeslücke zu schließen. Der Sprecher des Bundesjustizministeriums, Henning Plöger hielt stattdessen der Brandenburger Justiz vor, sie habe nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft. „Hätte die Staatsanwaltschaft in dem Fall einen Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung gestellt, hätte der durchaus Aussicht auf Erfolg gehabt“, sagte Plöger. Zumindest wird nun an einer Gesetzesänderung gearbeitet, die nach Justizangaben bis Ostern beschlossen werden könnte.