Seine Abschiedstour:
Charles Aznavour auf Abschiedstournee
Über siebzig Jahre steht Charles Aznavour schon als Sänger und Schauspieler auf den Bühnen dieser Welt und hat sich in fast 1000 Liedern und über 60 Filmen verewigt. Jetzt tourt der Chansonnier zum letzten Mal.
Sieben Jahrzehnte auf der Bühne“Zu klein, zu dünn und eine Stimme wie eine zerkratzte Schallplatte“ – die ersten Kritiker hielten Aznavour nicht für ein vielversprechendes Talent, geschweige denn für einen zukünftigen Weltstar. Dabei war eine Bühnenlaufbahn von Anfang an vorgezeichnet, denn Charles Aznavour wuchs als Kind einer Schauspielerin und eines Operettensängers inmitten mittelloser Bohèmians des Pariser Quartier Latin auf. Seine Eltern waren kurz zuvor aus Armenien nach Frankreich geflohen. Aznavour begann schon mit neun Jahren im Theater und in Filmen aufzutreten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Mit 14 schließlich inspirierte ihn eine Platte von Maurice Chevalier dazu, Chansonsänger zu werden.
Der kleine Trottel
Romantiker des französischen ChansonsAls solcher tingelte er jahrelang mehr oder weniger erfolglos durch die Varietés von Paris und ganz Frankreich, bis ihn die Grande Dame der Pariser Künstlerszene, Edith Piaf, entdeckte und zu ihm sagte: „Du wirst mein kleiner Trottel sein.“ Sie engagierte Aznavour als Pianist, Chauffeur und Trink-Kumpan – jedoch nicht als Liebhaber, wie vielfach kolportiert. G leichzeitig förderte sie seine musikalische Karriere und Aznavour landete 1954 seinen ersten Hit mit „Sur Ma Vie“. Doch der endgültige Durchbruch kam erst, nachdem sich der Sänger stilistisch von seinen Vorbildern Piaf, Chevalier und Bécaud em anzipiert hatte und daraufhin selbst zum Weltstar aufstieg.
Sanfte Melancholie, versteckter Witz
Aznavour gilt vielen gleichzeitig als der größte Romantiker und der größte Satiriker des französischen Chanson. Seine melancholischen Lieder drücken tiefe Gefühle aus, wie zum Beispiel „La Bohème“, in dem er die verlorene Jugend beweint oder „Je M’Voyais Deja“, in dem die Angst vor dem Scheitern sein Thema ist. In „Tu te laisses aller“ hingegen beschreibt er ebenso humorvoll wie böse das Ende einer Ehe, die am schnöden Alltag zerbricht.
Grandioser Schauspieler
AusgezeichnetDoch bei aller Liebe zur Musik: Charles Aznavour hatte als Kind mit dem Schauspielern begonnen und hat es auch als international bekannter Chansonsänger nicht gelassen. Er drehte unter anderem mit Regielegende François Truffaut, Claude Chabrol und Jean Cocteau, wobei er besonders mit melancholischen, verletzlichen Charakteren Furore machte. Der Höhepunkt seiner Leinwandkarriere war seine Rolle als Charlie Kohler in Truffauts „Nouvelle Vague“-Meisterwerk „Schießen Sie nicht auf den Pianisten“ 1959. Weitere Glanzleistungen lieferte er als jüdischer Spielzeughändler Sigismund Markus in „Die Blechtrommel“ und 2004 in dem Armenien-Drama „Ararat“.
Abschiedstournee
Nach fast 1000 Chansons, 60 Filmen und unzähligen Preisen, darunter der „César“ für sein Lebenswerk, will der 81-Jährige nun kürzer treten – zumindest auf der Bühne. Ansonsten ist für ihn noch lange nicht Schluss. Aznavour: „Ich habe überhaupt keine Lust zu sterben, das überlasse ich denen, die depressiv sind. Ich bin ein Optimist, wie Sie ihn selten in der Welt antreffen können.“ Mit seiner Abschiedstournee ist er im Februar auch in Deutschland und Österreich.
Tourdaten:
17.02.2006 Hamburg / CCH
18.02.2006 Wien / Konzerthaus
19.02.2006 Frankfurt / Alte Oper
20.02.2006 Essen / Philharmonie
Stand: 10.02.2006