Noch immer werden 900 Personen vermisst: Ein aktueller Bericht von www.presse.com (Österreich).
Fährenunglück:
Noch immer über 900 Vermisste
(diepresse.com) 04.02.2006
Die ägyptische Fähre „al-Salam 98“ ist im Roten Meer gesunken. Vor dem Untergang soll es nach Angaben von Überlebenden auf der Fähre gebrannt haben. Tausend Tote werden befürchtet.
Einige der Passagiere konnten sich in Rettungsbooten in Sicherheit bringen. | (c) AP
Bei einer Schiffskatastrophe im Roten Meer sind womöglich mehr als 1.000 Menschen ertrunken. Eine mit etwa 1.300 Menschen besetzte ägyptische Fähre sank in der Nacht zum Freitag bei schwerer See auf dem Weg von Saudiarabien nach Ägypten.
Bis in die frühen Morgenstunden des Samstag konnten 343 Überlebende gerettet werden, wie der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf den ägyptischen Transportminister Mohammed Lutfi Mansur berichtete. Die Rettungsarbeiten seien noch im Gange. Aus Sicherheitskreisen hieß es unterdessen, 185 Leichen seien im Meer gefunden und zu einem Stützpunkt der Marine im ägyptischen Safaga gebracht worden. Mehrere Verletzte wurden in einem Krankenhaus im Urlaubsort Hurghada, der 60 Kilometer nördlich von Safaga liegt, versorgt.
Brand vor Unglück
Auf der gekenterten ägyptischen Fähre hat es überlebenden Passagieren zufolge vor dem Unglück gebrannt. Etwa zwei Stunden nach der Abfahrt sei aus dem Motorraum dicker Rauch aufgestiegen, berichtete der 34-jährige Ägypter Raafat el Sajjed am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.
Die Besatzung habe alle Passagiere an Deck gebeten, um den Brand löschen zu können. Dies sei ihr aber offenbar nicht gelungen, sagte ein anderer Überlebender, der Ägypter Kamal Mohammed Abdel Askari. Mit Schlagseite habe die Fähre ihren Weg trotzdem fortgesetzt. Dann sei sie plötzlich in weniger als zehn Minuten untergegangen.
USA und EU bieten Hilfe an
Die EU-Spitze reagierte bestürzt. Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner übermittelte der ägyptischen Regierung ebenso ihr Beileid wie die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik als Vertreterin der EU-Ratspräsidentschaft. Plassnik bot Ägypten im Namen der EU Hilfe zur Bewältigung des Unglücks an. Auch US-Präsident George W. Bush kondolierte den Hinterbliebenen der mehr als 1000 Todesopfer. „Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Familien, die Angehörige verloren haben“, sagte Bush am Freitag in Washington. Der US-Präsident bot zugleich Hilfe der USA bei den Rettungseinsätzen an.
Die Passagiere der „Al Salaam Boccaccio 98“ wurden offenbar von dem Unglück im Schlaf überrascht. Das aus Saudiarabien kommende Schiff war kurz nach dem Auslaufen aus dem Hafen von Dubah am Donnerstagabend verschwunden. Die Fähre hätte am frühen Morgen im rund 200 Kilometer entfernten ägyptischen Hafen Safaga eintreffen sollen. Den Angaben zufolge sank das Schiff zwischen Mitternacht und 02.00 Uhr morgens.
Die so genannte Roll-on-Roll-off-Fähre ging offenbar sehr schnell unter, wie ein Sprecher des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak sagte. Der Präsident ordnete eine Untersuchung an.
Nicht genügend Rettungsboote
Offenbar waren nicht genügend Rettungsboote auf dem Schiff. Laut dem Sprecher von Präsident Mubarak, Suleiman Awad,befanden sich rund 1.400 Passagiere und 98 Besatzungsmitglieder an Bord. Etwa 1.200 der Passagiere seien Ägypter. Dabei handelt es sich vor allem um Arbeiter, die aus Saudi-Arabien zurückkehrten. Unter den Passagieren befanden sich außerdem 99 Saudiaraber sowie einige Syrer und Sudanesen. Auch ein Kanadier soll an Bord gewesen sein.
Vier ägyptische Rettungsschiffe hatten die Unglücksstelle rund 95 Kilometer vor der ägyptischen Hafenstadt Hurghada am Nachmittag erreicht, etwa zehn Stunden nach dem Untergang der „Al Salaam Boccaccio 98“. Saudiarabische Schiffe suchten die Gewässer vor ihrer Küste nach Überlebenden ab, fanden aber keine, wie saudiarabische Stellen mitteilten.
Zur möglichen Unglücksursache machten die Behörden keine Angaben. Über die saudiarabische Westküste fegten in der Nacht zum Freitag starke Windböen und ein Sandsturm hinweg. David Osler vom Lloyd’s Schiffsregister in London nannte als wahrscheinliche Unglücksursache schlechtes Wetter. Für einen Terroranschlag gebe es keine Anzeichen. Osler äußerte sich kritisch zu den Roll-on-Roll-off-Fähren. Hinsichtlich ihrer Stabilität müsse man ein großes Fragezeichen machen. Es müsse nur etwas Wasser eindringen, und schon sei alles vorbei.
Angehörige der Passagiere, die im Hafen von Safaga auf ihre Verwandten gewartet hatten, beklagten sich über einen Mangel an Information. „Es gibt hier niemanden, der uns sagt, was los ist“, empörte sich Abdul Hamid aus der Stadt Assuit, der auf seinen Cousin wartete. „Wir tappen völlig im Dunkeln.“ Hamid stellte auch die Frage, wie man so viele Passagiere auf ein solch altes Schiff lassen konnte.
Das Schiff gehört dem ägyptischen Unternehmen El Salaam Maritime Transport. Nach Angaben von dessen Besitzer Mamduh Ismail ist es in Panama registriert. Wie die ägyptische Hafenbehörde mitteilte, kann die Fähre mindestens 2.500 Passagiere aufnehmen. Eine andere Fähre des Unternehmens El Salaam Maritime Transport war im Oktober am Eingang des Suez-Kanals mit einem Frachtschiff zusammengestoßen. Dabei kam es zu einer Panik unter den Passagieren, darunter Pilger. Damals starben zwei Menschen, es gab 40 Verletzte.(Ag.)