Abschied in Bad Reichenhall

Gestern –

Altes Testament: ICH LASSE DICH NICHT FALLEN UND VERLASSE DICH NICHT.

Können diese Worte trösten?

Gibt es überhaupt Trost?

Acht Tage.

Acht Tage ist es her.
Es geschah vor acht Tagen.

Gleich am zweiten Tag im neuen Jahr.
Wie standen die Sterne an diesem Tag?
Als das Dach der Eissporthalle in Bad Reichenhall einstürzte und die Menschen unter sich begrub?
Gleichzeitig in den Bergen drei junge Leute ihr Leben im Schnee lassen mußten?
Bei einem Lawinenunglück, unweit des Ortes?

Die Kirche Sankt Zeno in Bad Reichenhall, während des Trauergottesdienstes, gestern,

der Abschied ist herzzerreißend, von den 15 Toten in Bad Reichenhall:

Kerze für Kerze wird beim Trauergottesdienst am Dienstagabend entzündet, eines für jedes Leben, das beim Einsturz der Eishalle so unvermittelt erloschen ist.
Minutenlang läutet die Totenglocke,
während Stadtpfarrer Helmut Bauer die Namen der Opfer verliest.
Knapp 1.000 Menschen haben sich versammelt,
um den getöteten drei Frauen und zwölf Kindern und Jugendlichen die letzte Ehre zu erweisen.

An dem gut einstündigen ökumenischen Gottesdienst, den der Münchner Kardinal Friedrich Wetter gemeinsam mit der evangelischen Regionalbischöfin für München und Oberbayern, Susanne Breit-Keßler, zelebriert,
nehmen auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber mit seiner Frau Karin teil,
zahlreiche Staatsminister sowie als Vertreter der Bundesregierung Wirtschaftsminister Michael Glos.

«Blühendes Leben ausgelöscht von einer Minute auf die andere»,
sagt Bischöfin Breit-Keßler, in ihrer Predigt.
«Nichts ist mehr, wie es vorher war.»

Das jüngste Opfer, die siebenjährige Lea, starb gemeinsam mit ihrer Mutter in den tonnenschweren Trümmern der Eishalle.

Zurück bleiben zwei Brüder, die jetzt Vollwaisen sind.

Die Eltern der elfjährigen Christina und der achtjährigen Marina verloren am Montag vergangener Woche beide Kinder.

«Nicht nur die Eislaufhalle ist zusammengebrochen», sagt Kardinal Wetter, «für die Familien und Angehörigen ist die Welt eingestürzt.»

Und mit den Angehörigen, die trauernd in den vorderen Reihen sitzen, teilt er den Schmerz:

«Das tragische Unglück hat tiefe Wunden geschlagen. Ihre Herzen bluten.»

Das so hoffnungsfroh begonnene neue Jahr habe bereits am zweiten Tag «unendlichen Schmerz und großes Leid» gebracht, erinnert Breit-Keßler an den 2. Januar, an dem außerdem drei junge Menschen von einer Lawine nahe Bad Reichenhall in den Tod gerissen wurden.

Auch für sie zünden katholische und evangelische Ortspfarrer, Helfer des Katastropheneinsatzes und Mitglieder des Kriseninterventionsteams Kerzen an der Osterkerze, dem Symbol für ewiges Leben, an. Schweigend werden die Kerzen auf den Altar gestellt.

Der Berchtesgadener Landrat Georg Grabner spricht mit brüchiger Stimme von einem unvergleichlich leidvollen Tag in der Geschichte der Region.

Wie Stoiber und der Reichenhaller Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier spricht auch Grabner den Angehörigen sein Beileid aus und wünscht ihnen Kraft.
Außerdem danken die Politiker den hunderten Rettern für ihren unermüdlichen Einsatz über Tage hinweg.

Stoiber betont die Solidarität mit den Hinterbliebenen:

«Sie sind nicht allein. Ganz Bayern trauert mit Ihnen.»

Als Zeichen der Betroffenheit wehten am Dienstag im ganzen Freistaat die Flaggen an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast.

Der ökumenische Trauergottesdienst wird live im Fernsehen übertragen.

Wir trauern alle.

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