Rückblick: Kanzlerauftritt in der „Elefantenrunde“ – im „Medienblick“..

Zusammengefasst und gefunden bei TV-today, dort vom 19.9. 05 unter „TV-News“ – „Kritik an Kanzlers Medienschelte“ / Sonst auch gerne FEMs live-Reaktion-text am Abend des 18.9. – schreibend, schauend, zuhörend – baff…aber auch irgendwie…fasziniert…Verständnis..ja, für Schröder, auf jeden Fall, in jener Situation..wer könnte bei Nikolas Brender (ZDF – Chefredakteur) schon gelassen bleiben…?!
Kanzler Schröder in der „Berliner Runde“

Hier der TV-News-Text –

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat wegen seiner Medienschelte vom Sonntagabend erhebliche Kritik einstecken müssen. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hatte Schröders Auftritt bereits am Sonntag in der „Berliner Runde“ von ARD und ZDF gerügt.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Michael Konken, und der Augsburger Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider werteten das Verhalten des Kanzlers als „völlig unverständlich“ und „skurril“. Dagegen stützte der Hamburger Medienforscher Siegfried Weischenberg Schröders Vorwürfe an die Medien. „Die SPD hatte große Teile der Berichterstattung gegen sich“, betonte Weischenberg.

Schröder hatte am Sonntagabend vor Anhängern in der SPD-Zentrale und später in der „Berliner Runde“ von ARD und ZDF gesagt, das Ergebnis der Sozialdemokraten sei trotz Medienmacht und Medienmanipulation zu Stande gekommen. Der Regierungschef hatte Brender während der Sendung gesagt: Ja, er sei noch Bundeskanzler, „auch wenn Ihnen das nicht passt“. Als Schröder diese Sichtweise noch einmal wiederholte, entgegnete der ZDF-Chefredakteur: „Diese Form der Unterstellungen geziemt sich nicht in einer Debatte in den öffentlich-rechtlichen Sendern.“

„Schon die Frage, ob er die Wahl verloren habe, empfand Schröder als Zumutung“, sagte Brender am Montag der dpa. „Die journalistische Suche nach der Wahrheit muss auch für einen Bundeskanzler zumutbar sein.“ Brender meinte, Schröder sei noch im Wahlkampf und daher „sehr aufgekratzt“ gewesen. „Es war schlicht notwendig, dem Kanzler zu bedeuten, dass es in dieser Form nicht geht.“

Kommunikationswissenschaftler Brettschneider bezeichnete den Auftritt Schröders in der «netzeitung» als „skurril“. Schröders Verhalten deute auf einen „Realitätsverlust, gepaart mit gewissem Größenwahn“ hin. Der heftige Wortwechsel mit den Moderatoren werde Schröder schaden, sagte der Professor für Kommunikationswissenschaft. „Das kommt nie gut, wenn man Journalisten in der Öffentlichkeit attackiert. Und diesmal hatte er wirklich keinen Grund dazu.“

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wies die Medienschelte von Schröder energisch zurück. Der vom Kanzler am Wahlabend erhobene Vorwurf der Medienmacht und Medienmanipulation sei völlig unverständlich, erklärte der Bundesvorsitzende Michael Konken in Berlin. Die regelmäßige Veröffentlichung von Umfragewerten vor der Wahl sei Chronistenpflicht. Schröder habe die Journalisten in Deutschland dem Generalverdacht der Parteilichkeit aussetzt.

Konken sagte, die Medien hätten umfassend und fair über Wahlkampf, Kandidaten und Ziele berichtet. Er forderte Schröder auf, seine Anschuldigungen zurückzunehmen. Der Vorwurf, dass Medien manipulativ berichteten, sei „völlig unverständlich“, sagte der Experte.

Demgegenüber sprach Medienwissenschaftler Weischenberg von einer Liaison der Medien mit den Demoskopen. Gleich nach dem Beschluss von Neuwahlen hätten sie den Eindruck erweckt, dass Schröder keine Chance habe, sein Amt zu halten. Die Medien hätten im zurückliegenden Wahlkampf versucht, eine Wechselstimmung herbei zu schreiben. Weischenberg mahnte Demoskopen und auch Medien zu einem vorsichtigeren Umgang mit Umfrageergebnissen.

Von einer „seltsamen Gesprächsverweigerung“ Schröders in punkto große Koalition sprach der Zeithistoriker Paul Nolte. Der Kanzler habe in der TV-„Elefantenrunde“ die Konventionen der politischen Kultur verlassen, meinte der Wissenschaftler von der Freien Universität Berlin. „Schröder war in einer bizarren Ausnahmesituation. Er wirkte wie unter Drogen und hat nur nach dem Asterix-Motto gehandelt: ‚Frechheit siegt‘.“

Auch Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf hatte ihren Mann wegen seines Auftritts in der Sendung gescholten. Vor geladenen Ehrengästen berichtete Gerhard Schröder am Sonntagabend im 5. Stock des Willy- Brandt-Hauses freimütig, er sei nach Ansicht seiner Frau vielleicht ein bisschen zu krawallig gewesen. „Sie hat zu mir gesagt, ich muss mehr Staatsmann sein“, verriet der Kanzler. Allerdings erwarteten die Menschen auch von ihm, dass er kämpfe. „Und das habe ich getan“, sagte Schröder unter dem tosenden Beifall seiner Anhänger.