Die KULTUR-Pressestimme von heute –
die WELT
zum Zurückwerben des aktuellen Intendanten vom DEUTSCHEN THEATER in Berlin, Bernd Wilms, –
bitte sehr:
(Kultursenator Flierl, PDS, wollte ihn zuvor loswerden..):
„Ost-West ist kein Thema“
Deutsches Theater
von Marion Leske
Eigentlich wollte Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) den Intendanten des Deutschen Theaters in Berlin, Bernd Wilms, loswerden. Aber auf Druck der Öffentlichkeit trafen sich die beiden nun, um über eine zweijährige Vertragsverlängerung zu reden. Mit Wilms sprach Volker Blech.
DIE WELT: Wie waren die ersten Reaktionen auf Ihr Verbleiben am Hause?
Bernd Wilms: Ich empfand die Reaktionen als außergewöhnlich positiv. So viel Unterstützung in der Stadt und auch darüber hinaus läßt einen nicht kalt.
DIE WELT: Die vergangenen Wochen müssen für einen amtierenden Intendanten eine schwere Zeit gewesen sein. Haben Sie Freunde und Feinde neu sortiert?
Wilms: So gut kennt man die eigene Psychologie nicht. Es mag kokett klingen, aber ich war die längste Zeit von diesen Wochen und Monaten überzeugt davon, daß ich nicht mehr weiter machen will.
DIE WELT: Wie wollen Sie Ihr Verhältnis zum Senator verbessern?
Wilms: Eine Naivität darf sich auch ein Altintendant leisten. Ich wünsche mir immer noch einen kompetenten Partner in der Politik, der an der künstlerischen Arbeit, die das Deutsche Theater leistet, Anteil nimmt.
DIE WELT: Die Diskussion der vergangenen Monate ging nicht nur um Kandidaten, sondern auch um Ost-West-Befindlichkeiten, um unterschiedliche Werte-Erfahrungen und Biographien.
Wilms: Ich habe aus der Diskussion wenig gelernt, so enttäuschend das sein mag. Für mich war es überwiegend eine Scheindiskussion. Sie entsprach einfach nicht unserer bisherigen Arbeitserfahrung. Ich glaube nicht, daß es sich ein Deutsches Theater zum Programm machen kann, unterschiedliche Geschichten, unterschiedliche Positionen nach Ost und West zu sortieren. Sollen wir ein Stück von Volker Braun gegen eines von Botho Strauß stellen? Und schauen wir uns die Regisseure an: Michael Thalheimer kommt aus Hessen und hat sieben Jahre in Chemnitz gearbeitet. Jürgen Gosch hat eine ganz starke Ost-Geschichte und arbeitet seit den siebziger Jahren im Westen. Dimiter Gottschef ist Bulgare. Schon an den Kurzbiographien läßt sich ablesen, daß die Ost-West-Diskussion mit dummen Klischees arbeitet. Die Auseinandersetzungen sind doch viel komplizierter, viel weniger plakativ – und nicht halb so langweilig.
Artikel erschienen am Sa, 29. Januar 2005